Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
Messer in den Bauch gerammt und zum Herz hochgezogen. Sollte Oramen vielleicht Verdacht schöpfen, weil Tove nicht Pfui, Mord! Oder Oh, Sire, Ihr tötet mich! gerufen hatte, wie irgendein Fatzke in einem Bühnenstück?)
    Und Dr. Gillews, der allem Anschein nach Selbstmord begangen hatte.
    Aber warum Gillews? Und wenn Gillews …
    Oramen schüttelte den Kopf – Vorarbeiter Broft sah ihn an, und er lächelte ihm beruhigend zu, bevor er seine Überlegungen fortsetzte. Nein, das trieb den Argwohn zu weit.

    Doch wie man es auch nahm: Es wäre sicher besser gewesen, wenn er den Caude an diesem Morgen überprüft hätte. Es war dumm gewesen, darauf zu verzichten. Mit dem Hinweis auf sein eingerostetes Fluggeschick hätte er sich eine Blamage erspart. Er beschloss, beim nächsten Mal vernünftiger zu sein, selbst wenn er sich damit in Verlegenheit brachte.
    Sie traten auf eine Plattform, die sich in halber Höhe der gewölbten Wand befand und den Blick in die Grube gewährte, auf den gegenwärtigen Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit: einen nachtschwarzen Würfel mit einer Seitenlänge von zehn Metern, der schief in einem mit schmutzig wirkendem Wasser gefüllten Graben lag, am Ende eines großen, mindestens dreißig Meter durchmessenden Raums. Der Würfel schien Licht zu schlucken. Gerüste umgaben ihn, und darauf kletterten Menschen, ausgerüstet mit Dingen, die nach Bergwerksgerät aussahen. Blaue und orangefarbene Blitze flackerten und zischten, Dampfhämmer ratterten, als mit verschiedenen Methoden versucht wurde, einen Zugang ins Innere des Würfels zu schaffen – falls es dort einen Hohlraum gab – oder Stücke von ihm zu lösen. Doch in all dem Lärm und Durcheinander war es das Objekt selbst, das immer wieder den Blick auf sich zog. Einige der Arbeiter, die Oramens Gruppe begleitet hatten, schritten zum Aufzug neben der Plattform und warteten auf die Fahrt in die Grube hinab.
    »Leistet noch immer Widerstand!«, sagte Broft und schüttelte den Kopf. Er stützte sich aufs Geländer. Eine Pumpe schwieg plötzlich, und Oramen hörte Flüche. Wie aus Solidarität trübte sich das Licht der Lampe an der Wand neben dem Stollen; es flackerte einige Male und verschwand dann ganz. »Wir kommen einfach nicht hinein«, fügte Broft hinzu, drehte
sich um, sah zur erloschenen Lampe und wies einen der beiden Laternenmänner an, sich darum zu kümmern. Der Bursche ging sofort los. »Dieses Objekt dürfte interessant genug sein, nach draußen gebracht zu werden«, sagte Broft. »Aber die Mönche hätten es hier verrotten lassen. Obwohl, verrottet wäre es wohl nicht, Sir; immerhin ist es noch immer intakt. Wie dem auch sei: Die neuen – und ich möchte sagen: aufgeklärteren – Regeln geben uns die Möglichkeit, das Objekt einer dritten Partei anzubieten, die … Was ist denn?«
    Der Laternenmann hatte Broft etwas ins Ohr geflüstert. Der Vorarbeiter schüttelte den Kopf und ging zur nicht mehr leuchtenden Lampe.
    Für einen Moment war es in dem großen Raum relativ still. Das Quietschen des Flaschenzugs, der die erste Gruppe Arbeiter zum Boden der Grube hinabließ, war das einzige Geräusch. Selbst Vollirds Husten erklang nicht mehr.
    Oramen hatte den Ritter schon seit einer ganzen Weile nicht mehr husten gehört. Plötzlich lief es ihm kalt über den Rücken.
    »Sieht nach einem Zünddraht aus«, sagte Broft. »Aber wie kann dies ein Zünddraht sein, obwohl heute gar keine Sprengungen stattfinden? Das ist doch lächerlich.«
    Oramen drehte sich um und sah, wie der Vorarbeiter auf den Draht starrte, der zwischen den Lampen an der Wand entlangreichte und unter den Bodenbrettern verschwand. In der anderen Richtung führte er in den Stollen, den sie gerade verlassen hatten. Vollird und Baerth standen nicht auf der Plattform.
    Oramen fühlte, wie ihm kalter Schweiß ausbrach. Nein, das war doch dumm und absurd. So zu reagieren, wie er reagieren
wollte … Die anderen Männer hätten ihn für albern und ängstlich gehalten. Ein Prinz musste ruhig, gefasst und tapfer sein …
    Welche Gedanken gingen ihm da durch den Kopf? War er verrückt geworden? Was hatte er eben noch entschieden?
    Hab den Mut zu riskieren, dumm dazustehen …
    Oramen drehte sich um, packte Droffo an den Schultern und zog ihn mit sich zum Stollen. »Kommen Sie«, sagte er und zwang Droffo nach vorn. Beim Tunnel winkte er einige Arbeiter zurück, die auf ihre Fahrt in die Grube hinab warteten. »Entschuldigung, entschuldigt bitte …«, sagte er

Weitere Kostenlose Bücher