Die Sphaeren
stöhnte schmerzerfüllt, als die Krankenschwester seine Arme hob und Neguste ihm das Unterhemd überstreifte.
Oramens Ohren klingelten noch immer. Inzwischen hörte er wieder, aber das Rasseln, wenn auch leiser als vorher, blieb, und die Ärzte konnten ihm nicht garantieren, dass es
jemals verschwinden würde. Das war der einzige dauerhafte Schaden, eventuell, und er konnte von Glück sagen. Droffo hatte sich den Arm gebrochen – ein komplizierter Bruch -, und ein Trommelfell war gerissen; für den Rest seines Lebens würde er auf einem Ohr taub sein. Die Ärzte glaubten, seinen Arm richten zu können; in den Lazaretten der Siedlung hatte es genug Gelegenheit für sie gegeben, mit allen Arten von Verletzungen Erfahrung zu sammeln.
Oramen war die ganze Zeit über – zu lange – von Ärzten umgeben gewesen. Einmal hatte er einen Streit zwischen Sarl- und Deldeyn-Doktoren erlebt, über die Behandlung von extensiven Prellungen. Er fragte sich, ob es ihnen nur darum ging, einmal einen Prinzen behandelt zu haben.
General Foise war gekommen und hatte ihm recht freundlich gute Genesung gewünscht, doch Oramen fand: Der General hatte so auf ihn herabgesehen wie auf ein defektes militärisches Ausrüstungsstück, von dem er nicht recht wusste, ob er es ausmustern sollte oder nicht. Poatas hatte sich zum Glück darauf beschränkt, schriftliche Grüße zu übermitteln, in denen er auf viel Arbeit durch die Notwendigkeit hinwies, den durch die Explosion eingestürzten großen Bereich neu auszugraben.
Oramen schickte die Krankenschwester weg – eine überkorrekte und recht streng wirkende Frau in mittleren Jahren – und ließ sich allein von Neguste ankleiden, was ihnen beiden erhebliche Mühe bereitete.
Als Oramen angemessen gekleidet war für seinen ersten öffentlichen Auftritt nach der Explosion drei Tage zuvor, zog er sein Zeremonienschwert und forderte Neguste auf, die Spitze zu betrachten – er hielt es in Augenhöhe seines Dieners und
so nahe, dass es fast Negustes Nase berührte. Die Anstrengung ließ Oramens Arm schmerzen.
Neguste kam der Aufforderung verwirrt nach. Er wirkte komisch, als er die Augen verdrehte und auf die nahe Schwertspitze starrte. »Wonach soll ich suchen, Sir?«
»Das ist die Frage, Neguste«, erwiderte Oramen ruhig. »Wonach suchst du?«
»Sir?« Negustes Verwirrung wuchs. Er wollte die rechte Hand heben und die Schwertspitze damit berühren.
»Nein«, sagte Oramen scharf, woraufhin Neguste die Hand sinken ließ. »Wird dir beim Fliegen wirklich übel?«
»Sir?« Negustes Stirn war zerfurcht wie ein Acker. Die Furchen, so stellte Oramen fest, waren tief genug, um Schatten zu werfen.
»So ein Zufall, dass du ausgerechnet zu dem Zeitpunkt gefehlt hast, als allen meinen Begleitern der Tod drohte.«
»Sir?«, sagte Neguste noch einmal und war den Tränen nahe.
»Hör auf damit, immer nur ›Sir‹ zu sagen«, mahnte Oramen. »Andernfalls bohrt sich die Spitze dieses Schwerts in eins deiner Augen, das schwöre ich.«
»Sir! Es fehlt nicht viel, dass ich meine letzte Mahlzeit verliere, wenn ich ein Flugtier sehe! Sie können jeden fragen! Ich führe nichts gegen Sie im Schilde! Ich nicht! Sie glauben doch nicht, dass ich an dieser Sache beteiligt bin, oder? Sir?« Neguste klang erschrocken und entsetzt. Die Farbe wich aus seinem Gesicht, und die Augen füllten sich mit Tränen. »Oh!«, brachte er schwach hervor, ließ die Schultern hängen und rutschte mit dem Rücken an der Wand nach unten. Mit einem dumpfen Pochen landete sein Hinterteil auf dem
Boden des Waggons. Die Spitze von Oramens Schwert folgte ihm, blieb die ganze Zeit über auf die Nase gerichtet. »Oh, Sir!« Neguste schlug die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. »Oh, Sir! Sir, töten Sie mich, wenn Sie möchten. Ich möchte lieber, dass Sie mich töten und später meine Unschuld feststellen, als getrennt von Ihnen und als freier Mann mit diesem Vorwurf zu leben, vielleicht auch nur in Ihrem Herzen. Ein Glied für ein Haar, Sir. Das habe ich Mr. Fanthile geschworen, als er mich einwies. Ich habe ihm versprochen, nicht nur Ihr treuester Diener zu sein, sondern auch Ihr Schild. Ich würde eher einen Arm oder ein Bein verlieren als zulassen, dass man Ihnen auch nur ein Haar krümmt!«
Oramen blickte auf den weinenden Burschen hinab. Das Gesicht des Prinzregenten blieb ausdruckslos, als er – trotz des Klingelns in den Ohren – das Schluchzen seines Dieners hörte.
Er schob sein Schwert in die Scheide – auch
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