Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
ruhig.
    »Sir?«, hörte er Broft fragen.
    Droffo wollte stehen bleiben. »Prinz …«, sagte er, als sie sich der Stollenöffnung näherten. Auch dort war nichts von Vollird und Baerth zu sehen.
    »Lauft«, sagte Oramen, wenn auch nicht besonders laut. »Ich befehle euch zu laufen. Verschwindet von hier.« Er wandte sich an die auf der Plattform verbliebenen Männer und rief: »LAUFT! WEG VON HIER!« Dann gab er dem verwirrten Droffo einen Stoß, sprang an ihm vorbei und lief so schnell er konnte bergauf. Die Bretter klapperten unter seinen Füßen. Nach einigen Momenten hörte er, wie Droffo ihm folgte und seine Stiefel ebenfalls auf die Bretter hämmerten. Ob er nun glaubte, dass tatsächlich Gefahr drohte, oder ob er den Prinzen nur fortlaufen sah und bei ihm bleiben wollte – Oramen wusste es nicht.
    Wie langsam man lief, wenn die Gedanken rasten, dachte er. Es erschien ihm seltsam, dass er nicht schneller laufen konnte – die Beine arbeiteten wie die Kolben eines Motors unter ihm, seine Arme schwangen, und die Brust saugte Luft
in die Lungen, mit einer instinktiven Funktionalität, die keine geistige Konzentration oder mentale Technik verbessern konnte. Doch er fühlte sich irgendwie betrogen, dass sein auf Hochtouren arbeitendes Gehirn die Bemühungen des Körpers nicht weiter unterstützte. Obwohl die Bemühungen vielleicht vergeblich waren. Das befürchtete er, als er die ganze Angelegenheit aus einer logischen, rationalen Perspektive sah.
    Er war zu gutgläubig gewesen. Sogar naiv. Solche Nachlässigkeit kam einen teuer zu stehen. Manchmal entging man durch Zufall den Konsequenzen – so wie an jenem Tag im Hof der Taverne »Des Vergolders Klage«, als Tove an seiner Stelle gestorben war (und vielleicht nicht ganz unschuldig) -, aber man entkam ihnen nicht jedes Mal. Oramen glaubte, dass er diesmal den Preis bezahlen musste.
    Verlegenheit. Er hatte sich Sorgen darüber gemacht, in Verlegenheit zu geraten und zu stark auf eine vermeintliche Gefahr zu reagieren. Wie viel peinlicher war es doch, alle Hinweise zu übersehen, mit den großen, unschuldigen Augen eines Kinds durch diese von Gewalt geprägte Welt zu wandeln und dort Unschuld und Anstand zu sehen, wo in Wirklichkeit Doppelzüngigkeit und Hinterhalt existierten.
    Ich hätte an dem verdammten Draht ziehen sollen, dachte Oramen. Ich hätte versuchen sollen, ihn zu lösen. Was bin ich doch für ein egoistischer Narr. Zusammen hätten wir …
    Die Explosion war ein schmutziger gelber Blitz, unmittelbar gefolgt von etwas, das sich nach dem Tritt eines großen Kriegstiers anfühlte – mit beiden Hinterbeinen schien es ihn im Kreuz zu treffen. Oramen wurde von den Beinen gerissen und durch die Luft geschleudert, durch den Stollen, der dadurch
den Anschein eines vertikalen Schachts erweckte. Zuerst blieb er aufrecht und ruderte mit den Armen, doch dann überschlug er sich. Kopf und Hüften prallten an die Tunnelwände, und von einem Augenblick zum anderen war er voller Schmerz, so als hätten ihn ein Dutzend gut gezielte Tritte gleichzeitig getroffen.
     
    Er blinzelte und sah zur Decke hoch. Einfaches Holz, direkt über ihm. Die Nase war dagegengepresst. Wurde er langsam zerdrückt? Lag er vielleicht in einem Sarg? In seinen Ohren klingelte es. Wo war er gerade gewesen? Er erinnerte sich nicht daran. Dem Klingeln in den Ohren gesellte sich ein seltsames Rauschen im Kopf hinzu, und die Luft roch irgendwie falsch.
    Oramen rollte sich herum und ächzte leise, als bestimmte Körperteile klagten. Die tatsächliche Decke geriet in Sicht. Er lag jetzt auf dem Rücken und hatte den Boden unter sich. Dies musste ein Teil des Palastes sein, den er noch nicht kannte. Wo war Fanthile?
    Matte gelbe Lichter flackerten an der Wand, untereinander mit durchhängenden Drähten verbunden. Die Drähte bedeuteten etwas, da war er sicher. Er hatte etwas getan, etwas, das er auch weiter tun sollte. Was? Er schmeckte Blut, hob eine Hand zum Gesicht und berührte etwas Klebriges. Er starrte auf die Hand, hob den Kopf und schnitt eine Grimasse, als sich die Halsmuskeln beschwerten. Die Hand war sehr dunkel. Er stützte sich mit ihr ab und spähte durch den Korridor, in dem es ebenfalls dunkel war. Rauch oder Dampf oder etwas in der Art kroch über die Decke und schluckte nach und nach das Licht der Lampen weiter unten.

    Jemand lag dort drüben auf der Seite. Es schien Wie-hießer-Noch zu sein …
    Droffo. Graf Droffo. Was machte er da? Die Rauchwolke schob sich über ihm an der

Weitere Kostenlose Bücher