Die Sphaeren
oder zu trinken?«, fragte Ferbin. »Ich bin halb verhungert und verdurstet!«
»Wein, Wasser, Brot und gesalzenes Fleisch, Sir«, sagte Choubris, stand mit dem Rücken an der Wand und formte mit den Händen einen Steigbügel. »Meine Satteltaschen sind so voll wie die eines reisenden Lebensmittelhändlers.«
Ferbin senkte einen Fuß zu den Händen seines Dieners und hätte ihn dabei fast mit den Sporen zerkratzt. »Wein? Welche Sorte?«
»Die starke, Sir. Den Umständen angemessen.« Choubris unterstützte den Abstieg seines Herrn mit den Händen und stöhnte.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Ferbin, als er auf dem Boden stand. Er wirkte verängstigt, das Gesicht grau von Sorge oder Schock. Die Kleidung war verdreckt, das lange Haar vollkommen zerzaust. Außerdem roch er nach Rauch. Choubris hatte ihn noch nie so verzweifelt gesehen. Halb geduckt stand er da. Sein Diener war daran gewöhnt, zu ihm aufzusehen, aber jetzt befanden sich ihre Köpfe auf einer Höhe.
»Nein, Sir, es ist nicht alles in Ordnung mit mir. Gestern ist in all dem Durcheinander ein Tier auf mich gefallen.«
»Ja, natürlich! Ich hab es gesehen. Schnell, setzen wir uns dort nieder.« Ferbin zog Choubris zur Seite, neben einen großen Busch. »Nein, warte. Hol mir etwas zu essen und zu trinken. Und wenn du jemanden siehst … Verrate nicht, dass ich hier bin!«
»Sir«, sagte Choubris und entschied dann, es dabei zu belassen. Vermutlich brauchte der Prinz nur etwas in den Magen.
Als die Verräter und Königsmörder das alte Gebäude in Brand steckten, nachdem sie die Toten und sich selbst hinausgebracht hatten, hatte Ferbin damit begonnen, nach einem Fluchtweg zu suchen.
Er fühlte sich betäubt und halb tot. Sein Blickfeld schien geschrumpft zu sein, oder vielleicht bewegten sich seine Augen nicht mehr richtig in ihren Höhlen: Er sah nur das, was sich direkt vor ihm befand. Die Ohren glaubten offenbar, dass er sich in der Nähe eines großen Wasserfalls befand, oder in einem hohen Turm während eines Unwetters, denn er hörte ein schreckliches Gedröhn, von dem er wusste, dass es gar nicht existierte. Der WeltGott, oder die Welt selbst, schien entsetzt über die Verderbtheit der jüngsten Ereignisse in der alten Fabrik zu heulen.
Ferbin hatte darauf gewartet, dass dem König treu ergebene Leute die Schüsse hörten, die das Leben des Priesters und des jungen medizinischen Assistenten beendeten, aber nichts dergleichen geschah. Andere erschienen, ruhig und unbesorgt, und sie halfen dabei, die Toten fortzuschaffen und Holz und Lampenstein für das Feuer hereinzutragen. Alles Verräter, dachte Ferbin. Sich jetzt zu zeigen … Es hätte bedeutet, wie die anderen zu sterben.
Er kroch fort, zutiefst schockiert und voller Elend, kaum dazu imstande, auf den eigenen Beinen zu stehen. Über die Treppe an der Rückwand des Gebäudes kletterte er einen Stock höher, während sie unten Feuer anzündeten. Es dauerte nicht lange, bis Rauch aufstieg, der das bereits düstere Innere der alten Fabrik noch dunkler machte und Ferbin husten ließ. Zuerst zog der größte Teil des Qualms durch ein großes Loch in der Giebelwand ab, aber dann verdichteten sich die Schwaden um ihn herum, brannten in Nase und Hals. Wenn das Knistern und Prasseln der Feuer nicht so laut gewesen wäre, hätte man Ferbins Husten und Keuchen bestimmt gehört. Er suchte nach Fenstern in diesem Stockwerk der alten Fabrik, konnte jedoch keins entdecken.
Er fand andere Stufen, die ihn noch weiter nach oben brachten, zum Dachboden des Gebäudes. Mit den Fingern tastete er sich an der Wand entlang und hustete bei jedem Atemzug, bis er schließlich auf ein Fenster stieß. Er zerrte an einer Klappe, drückte das bereits gebrochene Glas weiter ein, und schließlich gab das Fenster nach und schwang auf. Der Rauch um ihn herum wogte und wallte. Ferbin schob den Kopf nach draußen und schnappte nach Luft.
Aber er war zu weit oben! Selbst wenn sich auf dieser Seite niemand befand, der ihn sehen konnte – den Sprung in die Tiefe hätte er bestimmt nicht unverletzt überstanden. Er streckte den Kopf hinaus und rechnete damit, einen Hof oder Weg zu sehen, vier Stockwerke weiter unten. Stattdessen stach er sich an einem regennassen Dornbusch. Als er nach unten tastete, berührte seine Hand feuchten Boden. Im vagen roten Restlicht einer längst untergegangenen Sonne sah er, dass er wie durch ein Wunder auf Bodenhöhe zurückgekehrt
war. Die alte Fabrik stand an einem so
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