Die Sphaeren
seines Lieblingsrosses bei einer Wette, auch nicht die bittere Erkenntnis, dass ihn sein Vater für einen Tölpel und Tunichtgut hielt – nichts.
»Sir«, sagte Choubris, ergriff Ferbin an den Schultern und richtete ihn auf. »Dies ist zu viel für mich, als dass ich auf einmal damit fertig werden könnte. Auch ich würde meinen lieben Herrn lieber für verrückt halten, anstatt in Erwägung zu ziehen, dass er tatsächlich die Wahrheit gesagt hat. Denn wenn seine Worte stimmen, so sind wir, bei Gott, alle auf halbem
Wege zum Wahnsinn.« Ferbin presste die bebenden Lippen aufeinander, wie ein Kind, das nicht zu weinen versuchte. Choubris beugte sich vor und klopfte auf eine Hand des Prinzen. »Lassen Sie mich Ihnen sagen, was ich gehört habe, von strammen Burschen des Militärs, mit unterschiedlichen Beschreibungen, die letztendlich doch übereinstimmen. Auch auf Nachrichtentafeln habe ich es gesehen, und daher dürfte es die offizielle, autorisierte Version sein. Wenn Ihr dies hört, gelingt es Euch vielleicht, einen Weg aus dem Wahn zu finden, der Besitz von Eurem Kopf ergriffen hat.«
Ferbin lachte bitter, lehnte sich zurück und schluchzte noch, während er zu lächeln schien. Erneut hob er die Weinflasche zu den Lippen und ließ sie dann neben sich auf den Boden fallen. »Gib mir das Wasser. Ich bete, dass irgendein toter Köter es weiter flussaufwärts verunreinigt hat, auf dass ich mich damit vergifte.«
Choubris räusperte sich und verbarg seine Überraschung. Das war unglaublich: Ferbin, der auf eine Flasche verzichtete, die noch nicht ganz leer war. Etwas musste ihn schwer getroffen haben, kein Zweifel. »Nun, Sir, es heißt, der König erlag seinen Wunden. Eine kleine Kanonenkugel soll ihn an der rechten Seite getroffen haben.«
»Das stimmt so weit. Die Verletzung befand sich auf der rechten Seite.«
»Es war ein schneller, würdevoller Tod, für den es mehrere Zeugen gibt. Ihr Vater starb, nicht eine Stunde zu Ross von hier entfernt in einer alten Fabrik, die in Flammen aufging.«
»Jene Leute haben sie niedergebrannt.« Ferbin hob einen Ärmel zur Nase und schniefte. »Es hat nicht viel gefehlt, und
ich wäre ebenfalls verbrannt.« Er schüttelte den Kopf. »Fast bedauere ich, mit dem Leben davongekommen zu sein«, fügte er hinzu, und im gleichen Augenblick sagte Choubris:
»Zeugen seines Todes sind tyl Loesp, der Gepriesene Chasque, General …«
»Was?«, entfuhr es Ferbin wütend. »Chasque war gar nicht da! Nur ein einfacher Straßenpriester betete für meinen Vater, und selbst er wurde von tyl Loesp erschossen! Er jagte ihm eine Kugel in den Kopf!«
»Außerdem die Ärzte Gillews, Tareah und …«
»Gillews!«, entfuhr es Ferbin. »Nur Gillews und sein junger Assistent, der ebenfalls sterben musste – ein weiteres Opfer von tyl Loesps Pistole.«
»Und der General – Verzeihung, jetzt der Feldmarschall – Werreber und mehrere Mitglieder seines Sta…«
»Lügen! Alles Lügen! Sie waren nicht da!«
»Es heißt, dass sie zugegen waren, als Ihr Vater starb, Sir. Und dass der König die Tötung aller gefangenen Deldeyn befahl. Allerdings will ich nicht verhehlen, von anderer Seite gehört zu haben, dass die Soldaten aus eigenem Antrieb handelten, als sie vom Tod des Königs erfuhren: Blinder Zorn veranlasste sie, blutige Rache zu nehmen. Ich muss zugeben, dass dieser Punkt noch nicht ganz geklärt ist.«
»Und wenn alles geklärt ist, so wird das als Wahrheit gelten, was tyl Loesp und seine dreckigen Komplizen präsentieren.« Ferbin schüttelte den Kopf. »Mein Vater hat ein solches Verbrechen nicht angeordnet. Dies gereicht ihm nicht zur Ehre. Es soll seinem Ruf schaden, noch bevor man ihn zur Ruhe gelegt hat. Lügen, Choubris. Lügen.« Er schüttelte erneut den Kopf. »Alles Lügen.«
»Die ganze Armee glaubt daran, Sir. Wie auch der Palast, nehme ich an, und alle, die lesen und hören können, in Pourl und im ganzen Land, so schnell wie Telegrafendrähte oder andere Methoden der Kommunikation die Nachricht tragen können.«
»Und selbst wenn allein ich wüsste, was wirklich geschehen ist …«, sagte Ferbin bitter. »Es bliebe die Wahrheit.«
Choubris kratzte sich an einem Ohr. »Halten Sie es für klug, an einer solchen Wahrheit festzuhalten, wenn die ganze Welt anders denkt?«
Ferbin sah seinem Diener beunruhigend direkt in die Augen. »Was sollte ich deiner Meinung nach tun, Choubris?«
»Was? Oh … Nun, Sir, kehren Sie mit mir zum Palast zurück und seien Sie
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