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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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sind, während ich schlief. Woher soll ich wissen, wer in unserem Schatten wuchs? Sie fragen
mich im Zustand der Unwissenheit. Fragen Sie mich erneut, wenn ich wieder zu Kenntnis gelangt bin.«
    »Wenn Sie Ihr volles Potenzial zurückerhalten haben … Was haben Sie dann vor?«
    »Dann werde ich sein, wer ich bin, und sehen, was zu sehen ist, und tun, was getan werden muss. Ich gehöre zu den Involucra und bin der Letzte, soweit ich weiß. All das, was wir jemals leisten wollten, ist entweder geleistet oder hat seine Bedeutung verloren. Ich werde feststellen müssen, was es zu tun gilt. Ich kann nur das sein, was ich immer gewesen bin. Gern würde ich herausfinden, was aus unserem großen Werk geworden ist, den Schalenwelten. Ich möchte mir die Galaxis ansehen, darüber hinausblicken und mich vergewissern, dass das, was den Bau der Schalenwelten erforderlich machte, nicht mehr existiert. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich damit abzufinden, dass sich alles verändert hat und ich nicht mehr bin als eine Kuriosität, ein Atavismus, ein Exponat. Und vielleicht ein Beispiel, eine Warnung.«
    »Warum eine Warnung?«
    »Wo befindet sich der Rest meines Volkes?«
    »Wenn wir keinem großen Irrtum unterliegen, existiert Ihr Volk nicht mehr.«
    »Also eine Warnung.«
    »Alle Völker verschwinden, früher oder später«, sagte Oramen und sprach so sanft wie zu einem Kind. »Niemand spielt lange eine Hauptrolle auf der Bühne der Galaxis, nicht, wenn man das Leben eines Sterns oder einer Welt als Maßstab nimmt. Das Leben behauptet sich, indem es ständig seine Form ändert. Im Muster einer bestimmten Spezies zu verweilen, ist unnatürlich und immer schädlich. Für Völker und
Zivilisationen gibt es einen normalen Entwicklungsweg, und er endet dort, wo er begonnen hat: im Boden. Das wissen selbst wir, die Sarl, obwohl wir im Vergleich mit vielen anderen Völkern nicht mehr sind als Barbaren.«
    »Dann muss ich mehr erfahren über die Umstände, die meinem Volk ein Ende setzten, und die auch meine Existenz beschränken. War das Ende natürlich und normal? War es, wenn nicht normal, so doch verdient? Ich weiß nicht einmal, warum ich hier bin. Was hat meine Existenz bis heute bewahrt? Stelle ich etwas Besonderes dar, das glorifiziert wurde? Oder vielleicht etwas extrem Gewöhnliches, sodass man mich wegen meiner Durchschnittlichkeit der Zukunft übergab? Ich erinnere mich nicht an spezielle Laster oder Verdienste, kann mir also nicht vorstellen, dass man mich wegen Verderbtheit oder großer Leistungen konservierte. Und doch bin ich hier. Ich möchte den Grund dafür erfahren, und ich hoffe, dass sich die größten Lücken in meinem Wissen bald schließen.«
    »Und wenn Sie dann feststellen, dass Sie nicht das sind, was Sie zu sein glauben?«
    »Warum sollte ich es nicht sein?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn so viel in Zweifel steht …«
    »Lassen Sie mich Ihnen zeigen, was ich weiß«, flüsterte die Stimme. »Darf ich?«
    »Sie wollen es mir zeigen?«
    »Bitte treten Sie an die Stelle, die eine bessere Kommunikation ermöglicht.«
    Oramen zögerte. »Na schön«, sagte er dann und trat zurück, in das Quadrat auf dem Boden. Er blickte über die Schulter und sah den in der Nähe schwebenden Savidius Savide,
wandte sich dann wieder dem hellgrauen Bereich in der Seite des Würfels zu.
    Diesmal setzte die Wirkung schneller ein als zuvor. Schon nach kurzer Zeit, so schien es, spürte Oramen den sonderbaren Schwindel. Dem Gefühl des Ungleichgewichts folgte das von Gewichtslosigkeit und Unbekümmertheit. Schließlich kam Verwirrung: Er wusste nicht mehr, wo er war.
    Dann fielen ihm das Wer, Wo und Wann wieder ein.
    Erneut befand er sich in dem von Sonnenschein erhellten Zimmer, von dem aus er beobachtet hatte, wie seine Erinnerungen einer Parade gleich vorbeizogen. Er saß auf einem kleinen, einfachen Holzstuhl, und Sonnenschein fiel durchs Fenster, so hell, dass er nichts von der Landschaft draußen erkennen konnte.
    Eine sonderbare Mattigkeit erfüllte ihn. Irgendwie spürte er, dass er von dem Stuhl aufstehen sollte, aber konnte sich nicht dazu durchringen. Viel angenehmer war es, einfach hier zu sitzen und nichts zu tun.
    Jemand anders befand sich im Zimmer, hinter ihm. Er machte sich deshalb keine Sorgen, denn die unbekannte Person hatte eine freundliche Präsenz. Sie ging die Bücher in den Regalen hinter ihm durch. Oramen sah sich aufmerksam in dem Zimmer um – oder erinnerte sich daran – und stellte fest, dass sich

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