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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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aufzusetzen, die Beine anzuziehen, einen Finger zu krümmen, nur die Augen zu öffnen … nichts.
    Geräusche erreichten ihn, wie unter Wasser. Er lag jetzt auf etwas Weichem, das jedoch nicht mehr Bequemlichkeit bot. Was hatte er gedacht? Etwas Wichtiges war ihm durch den Kopf gegangen.
    Er schwamm durch die wässrigen Klänge um ihn herum, sich dabei hilflos der von ihm selbst verursachten Geräusche bewusst, einer Mischung aus Schnaufen, Jammern und Gurgeln.
    Woran hatte er gedacht?
    Das Wasser teilte sich wie ein nebelhafter Vorhang, den jemand beiseite zog. Oramen glaubte, seinen Freund Droffo
zu sehen. Er musste ihm etwas sagen. Er wollte Droffo an der Kleidung festhalten, sich daran hochziehen und ihm die schreckliche Warnung ins Gesicht schreien!
    Dann war da Neguste, Tränen im Gesicht. Andere Gesichter erschienen, besorgt, ernst, neutral, voller Sorge.
    Erneut war er wach und griff nach Droffos Hals, aber es war eigentlich gar nicht Droffo. Lasst es nicht frei! Zerstört es! Vermint die Höhle! Macht es unschädlich! Lasst es nicht …
    Er schlief auf dem Stuhl, ein alter Mann vielleicht, verloren am Ende seiner Tage, die wie das Licht um ihn herum verblassten. Sanfte Verwirrung – er verließ sich auf andere, die sich um ihn kümmerten. Jemand war hinter ihm und suchte nach etwas, ein Unbekannter, ein Dieb. Entsprach dies den Dingen, die er sich gewünscht hatte? Dann war er nicht der Sohn seines Vaters. Er versuchte, sich umzudrehen und zu sehen, wer seine Erinnerungen stahl, aber er konnte sich nicht bewegen. Oder war dieses Gefühl auch eine Erinnerung? Er glaubte sich den Tränen nahe. Die Stimme flüsterte ihm weiter ins Ohr, in den Kopf, und er verstand nicht, was sie sagte. Das Alter kam mit Schmerz, was ihm unfair erschien. Alle anderen Sinne waren stumpf, der Schmerz aber scharf und spitz. Nein, das stimmte nicht, auch der Schmerz war stumpf, so wie er selbst.
    »Was versucht er zu sagen?«
    »Das wissen wir nicht. Wir verstehen es nicht.«
    Wieder wach. Er blinzelte und blickte zu der Decke hoch, die er auch vorher gesehen hatte. Er versuchte, sich daran zu erinnern, wer er war. Er gelangte zu dem Schluss, dass er Droffo war und sich im Lazarettzug befand. Nein, er sah
Droffo, musste selbst also jemand anders sein. Wer waren all die übrigen Leute? Er wollte, dass sie gingen. Sie mussten verstehen! Und gehen. Erst verstehen und dann gehen. Dinge mussten getan werden. Wichtige Dinge. Er wusste Bescheid und musste den anderen sagen, was er wusste. Sie mussten tun, was er nicht tun konnte. Jetzt sofort!
    »Zerschtörn«, hörte er sich selbst sagen. »Alles einstürzen lassen. Es …« Seine Stimme verklang, und das Licht verschwand wieder. Wieder kam Dunkelheit und umhüllte ihn. Wie schnell sich die Rollsterne bewegten, wie wenig sie erleuchteten. Er musste es Droffo sagen, er musste verstehen, und durch ihn alle anderen …
    Er blinzelte. Das gleiche Zimmer. Ein medizinisches Abteil. Aber etwas war anders. Er hörte etwas, das nach Schüssen klang. Und war dies der Geruch von etwas, das brannte?
    Er sah auf. Droffo. Nein, nicht Droffo. Dieser Mann sah aus wie Mertis tyl Loesp. Was machte er hier?
    »Hilfe …«, hörte er sich sagen.
    »Nein«, erwiderte tyl Loesp mit einem dünnen Lächeln. »Es gibt keine Hilfe für dich, Prinz.« Eine gepanzerte Faust kam herab, schmetterte in Oramens Gesicht und verbannte das Licht.
     
    Tyl Loesp ging die Rampe zur Höhle mit dem Sarkophag hinunter, gefolgt von schwer bewaffneten Männern. Konzentrische Kreise aus Oct umgaben den Würfel – den hier und dort liegenden Toten und Sterbenden schienen sie überhaupt keine Beachtung zu schenken. Um die Sterbenden kümmerten sich jene Männer, die damit beauftragt waren, die Verwundeten zu erledigen. Tyl Loesp hatte erfahren, dass einige
der Verteidiger noch immer fähig waren, Widerstand zu leisten, und deshalb befahl er, mit den Verletzten kurzen Prozess zu machen. Einerseits ließ sich nicht ausschließen, dass in der Höhle noch Gefahr drohte, aber andererseits wollte tyl Loesp das Objekt sehen. Auf dem Rücken seines müden Lyge war er direkt hierhergeflogen, nachdem seine Truppen das Zentrum der Siedlung übernommen und dort den schwachen Prinzregenten im Lazarettzug gefunden hatten.
    »Poatas, Savide«, sagte er, als sie ihm durch die Reihen der vielen Oct entgegentreten. Er sah zum Zugang der Höhle zurück, wo ein zehn Meter großer schwarzer Würfel aus dem Tunnel dahinter zur Rampe gebracht wurde. Tyl

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