Die Sphaeren
privaten Modus zurück.
»Es erleichtert Sie? Tatsächlich?«, fragte die Generaldirektorin, als sie an den Netzen vorbei zu ihrem jeweiligen Gefolge und den Andockstutzen schwebten, durch die man die Schiffe erreichen konnte.
»Wir werden nie verstehen, warum es Ihnen nicht ebenso ergeht, Shoum. Dies sind noch immer gefährliche Orte.«
»Es ist sehr lange her, seit sich zum letzten Mal eine Schalenwelt gegen ihre Bewohner gewandt hat, Utli.«
»Ja, aber denken Sie an die Intervalle, liebe Generaldirektorin.«
Der Große Zamerin meinte die zeitliche Verteilung von Massensterben auf Schalenwelten. Wenn man ein entsprechendes Diagramm erstellte, deuteten die Verteilungskurven auf ein Nachlassen der Gefährlichkeit hin, aber sie hatten noch nicht die Nullmarke erreicht; bis dahin dauerte es noch einige tausend Jahre. Vorausgesetzt natürlich, diese Dinge ließen sich überhaupt mit Berechnungen und grafischen Darstellungen erfassen. Vielleicht steckten nur Zufälle hinter der vermeintlichen Wahrscheinlichkeit zukünftiger Katastrophen.
»Nun«, sagte Shoum, »um ganz ehrlich zu sein: Wir können nur hoffen, dass so etwas nicht während unseres Aufenthalts geschieht, oder dass es nicht Sursamen betrifft, sondern eine andere Schalenwelt.«
»Es ist nur eine Frage der Zeit«, sagte der Große Zamerin düster. »Sie verwandeln sich in Killer oder verschwinden. Und niemand weiß, warum.«
»Und doch, Utli …« Die Farben der Generaldirektorin signalisierten Verschmitztheit. »Finden Sie es nicht in gewisser Weise romantisch und sogar beruhigend, dass es in unserer ruhigen, kultivierten Zeit solche Rätsel und Unwägbarkeiten gibt?«
»Nein«, antwortete der Große Zamerin mit Nachdruck und setzte eine Duftwolke namens Zweifel an der geistigen Gesundheit eines Gesprächspartners frei, mit nur einem winzigen Hauch Humor.
»Nicht einmal im Abstrakten?«
»Nicht einmal im Abstrakten.«
»Na schön. Wie dem auch sei, an Ihrer Stelle würde ich mir keine Sorgen machen«, sagte Shoum, als sie sich ihren Assistenten näherten. »Ich bin sicher, Sursamen ist noch da, wenn Sie zurückkehren.«
»Sie halten das Verschwinden des Planeten für unwahrscheinlich?«, fragte Utli mit geheuchelter Ernsthaftigkeit.
»Für verschwindend gering«, erwiderte Shoum, doch das Wortspiel war unübersetzbar.
»Fürwahr. Und natürlich. Allerdings befürchten wir angesichts unseres wundervollen, angenehmen Lebens, dass eine Katastrophe mit ähnlichen Proportionen droht. Je höher man seinen Turm baut, desto verlockender wird das Ziel, das er dem Schicksal bietet.«
»Sie verlassen Ihren Turm für das nächste Jahr. Ich wünsche Ihnen eine lohnende Heimreise und freue mich darauf, Sie wiederzusehen, Großer Zamerin.«
»Darauf freue ich mich ebenfalls, Generaldirektorin«, sagte Utaltifuhl und knabberte mit seinen Mandibeln höchst respektvoll an Shoums ausgestrecktem Dorn. Die Generaldirektorin verfärbte sich auf eine sehr angemessene Weise.
Sie erreichten ihr Gefolge und ein gewaltiges Fenster, durch das man die andere Seite der Transitstation sehen konnte – dort befand sich eine kleine Flotte angedockter Schiffe. Utaltifuhl blickte zu dem Schiff, das ihn erwartete, und brachte Zweifel zum Ausdruck. »Hmm«, sagte er. »Auch interstellare Reisen haben ihre Risiken.«
5
Plattform
D jan Seriy Anaplian war als Prinzessin des Hauses Hausk geboren und damit Angehörige der Dynastie einer panhumanen Spezies, die in der Schalenwelt Sursamen lebte und sich auf dem Entwicklungsniveau des späten Mittelalters befand; ihr mittlerer Name bedeutete so viel wie »bereit, einen Prinzen zu heiraten«. Sie stand allein auf einer hohen Klippe und blickte über eine rostrote Wüste tief im Innern des Kontinents Lalance auf dem Planeten Prasadal. Starker Wind zerrte an ihrem langen Mantel und der übrigen Kleidung. Sie trug noch immer ihren dunklen Hut mit der breiten Krempe, der dem Wind hartnäckig Widerstand leistete. Gut verknotete Riemen hielten ihn fest und verhinderten, dass er fortflog, aber seine Bewegungen übertrugen sich auf Anaplians Kopf, und dadurch sah es aus, als führe dieser ein sonderbares Eigenleben. Der Wind trug Sand aus der Wüste empor, warf
ihn über den gezackten Rand der Klippe und schmirgelte den Teil von Anaplians Wangen, der sich zwischen dem Tuch vor Mund und Nase und der Schutzbrille vor den Augen zeigte.
Sie hob eine Hand zur Brille und hob sie ein wenig an, damit etwas Feuchtigkeit aus dem Rahmen laufen
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