Die Sphaeren
Gelehrten und Bediensteten hatte sich eingefunden und begaffte die großen Lufttiere, die aus umgehängten Futterbeuteln fraßen und dabei den Eindruck erweckten, die Zuschauer mit einem gewissen Maß an Verachtung zu ignorieren. Ein warmer, böiger Wind zerzauste ihre Schöpfe und ließ die bunten Decken unter den Sätteln flattern. Ferbin und Holse hasteten die Treppe hoch und übers Dach.
»Macht Platz!«, rief Holse und eilte mit langen Schritten durch die Menge. Ferbin richtete sich zu seiner vollen Größe auf und schritt mannhaft einher, Hochmut im Gesicht.
»Ja! Aus dem Weg!«, schrie er.
Mit der flachen Hand schob Holse zwei junge Gelehrte beiseite und deutete auf einen anderen. »Du! Binde die Tiere los. Nur zwei. Los!«
»Die Reiter haben mich angewiesen, auf sie aufzupassen«, wandte der junge Bursche ein.
»Und ich sage dir, du sollst sie losbinden«, erwiderte Holse und zog sein Kurzschwert.
Welch ein behütetes Leben die Leute hier führten, dachte Ferbin, als der junge Mann die Augen aufriss und nach den Zügeln griff. Sie bestaunten Caude und ließen sich von einem gezogenen Kurzschwert beeindrucken!
»Du!«, rief Holse einem anderen jungen Mann zu. »Hilf ihm.«
Ferbin war recht stolz auf seinen Diener, vielleicht auch ein wenig neidisch. Er empfand sogar so etwas wie Ärger, musste er sich eingestehen. Er wünschte sich, etwas Dynamisches oder wenigstens Nützliches tun zu können. Sein Blick glitt über die etwa zwanzig jungen Gelehrten, und er versuchte, sich an Munhreos Aussehen zu erinnern.
»Ist Munhreo hier?«, fragte er laut genug, um ein Dutzend leise Stimmen zu übertönen.
»Er ging mit den Rittern, Herr«, antwortete jemand, und dann wurden die unterbrochenen Gespräche fortgesetzt. Ferbin sah zur Treppe zurück, die zum Dach emporführte. »Wer ist hier der Älteste?«, bellte er.
Blicke wurden gewechselt. Nach einigen Sekunden trat ein großer Gelehrter vor. »Das bin ich.«
»Ist dir klar, was es hiermit auf sich hat?«, fragte Ferbin und zog die beiden Umschläge aus seiner Jacke. Weitere große Augen und mehr Nicken. »Wenn du dem Obersten Gelehrten und deinem rechtmäßigen König treu ergeben bist, so bewach die Treppe dort mit deinem Leben. Sorg dafür, dass niemand heraufkommt, und hindere alle daran, das Dach zu verlassen, bis wir fort sind.«
»Herr.« Der große Gelehrte wirkte erst ein wenig skeptisch,
winkte dann zwei anderen zu und ging mit ihnen zur Treppe.
»Die anderen sind so freundlich und stellen sich dort drüben hin«, sagte Ferbin und deutete zur gegenüberliegenden Ecke des Daches – die Gelehrten grummelten, kamen der Aufforderung aber nach. Er wandte sich wieder den Tieren zu. Holse nahm einem Caude den Futterbeutel ab, leerte ihn rasch, drehte das protestierend quäkende Tier zum nächsten Dachrand und stülpte ihm rasch den leeren Beutel über den Kopf. »Bitte machen Sie das auch mit dem anderen, Sir«, forderte Holse den Prinzen auf und trat zu dem noch angebundenen Caude. »Achten Sie darauf, dass er in die gleiche Richtung zeigt.«
Ferbin machte sich sofort ans Werk und begann zu verstehen. Ihm wurde übel. Die beiden Caude mit den übergestülpten Futterbeuteln legten den Kopf gehorsam aufs Dach und waren vielleicht schon eingeschlafen.
Holse beruhigte den dritten Caude, klopfte ihm auf die Schnauze und richtete leise, sanfte Worte an ihn, als er das Schwert an den langen Hals setzte. Mit einem schnellen, entschlossenen Schnitt öffnete er dem Tier die Kehle. Es zuckte zurück, zerrte an den Zügeln und fiel, breitete halb die Schwingen aus und faltete sie wieder zusammen. Die Beine zappelten, und dann blieb es reglos in einer größer werdenden Blutlache liegen. Von den Gelehrten kamen einige bestürzte Schreie.
Holse wischte Blut von seinem Schwert, steckte es in die Scheide und ging an Ferbin vorbei. Er nahm den beiden anderen Caude die Beutel ab, und sofort hoben sie den Kopf und brummten leise. »Steigen Sie auf Ihren Caude, Sir«, sagte
Holse. »Versuchen Sie zu verhindern, dass er das tote Tier sieht.«
Ferbin kletterte auf den Rücken des nächsten Caude, rutschte in den tiefen Sattel und legte ebenso wie Holse den Sattelgurt an. Der Prinz knöpfte seine Jacke zu, als das Geschöpf unter ihm den langen, ledrigen Hals bog und ihn verwirrt ansah – es schien zu spüren, dass nicht der übliche Reiter auf ihm saß. Caude waren für ihre Dummheit bekannt. Man hatte ihnen Intelligenz ausgetrieben und Gehorsam und Ausdauer
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