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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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Zeiten. Ihr Vater war Botschafter bei den Deldeyn und nahm sie mit. Sie meint, beides ist einzigartig. Eine ganze Stadt! Stell dir vor! Ich möchte sie sehen.«
    »Dein Wunsch geht bestimmt in Erfüllung.«
    Sie näherten sich Harne. Von Frauen umgeben saß sie da; viele von ihnen hielten Taschentücher in den Händen und betupften sich immer wieder die Augen. Harne weinte nicht, wirkte aber sehr ernst.
    Oramens verstorbener Vater hatte nie eine Frau zur Königin gemacht und es für besser gehalten, diese Position frei zu lassen, falls es nötig wurde, durch eine Vermählung ein schwieriges oder dringend benötigtes Territorium zu sichern. Angeblich war König Hausk mehrmals nahe daran gewesen zu heiraten. Zweifellos war dieses Thema oft genug bei Botschaftern und Diplomaten am Hofe zur Sprache gekommen, und wenn man den Gerüchten glaubte, so hatte der König angeblich fast jede infrage kommende Prinzessin der Achten und mindestens eine der Neunten geheiratet. Doch es war ihm gelungen, alle Territorien mit Waffengewalt zu sichern, ohne auf diplomatisches oder strategisches Heiraten zurückgreifen
zu müssen. Anstatt das Mittel der Ehe einzusetzen, hatte er durch die geschickte Wahl ehrbarer Konkubinen taktische Bündnisse mit dem Adel des eigenen Königreichs geschlossen.
    Oramens Mutter Aclyn – die auch seinen älteren Bruder zur Welt gebracht hatte, den verstorbenen und immer noch sehr betrauerten Elime -, war kurz nach Oramens Geburt in die Verbannung geschickt worden, angeblich auf das Drängen von Harne, die sich als Ältere von ihr bedroht fühlte. Oder vielleicht hatte es Krach zwischen den beiden Frauen gegeben – die Versionen variierten je nachdem, mit wem man im Palast sprach. Oramen erinnerte sich nicht an seine Mutter, nur an Kindermädchen und Bedienstete, und an einen Besuch beim Vater, der es bei jener Gelegenheit fertigbrachte, noch ferner zu wirken als die fehlende Mutter. Sie war an einen Ort namens Kheretesuhr verbannt worden, eine Archipelprovinz im Vilamianischen Ozean, von Pourl aus gesehen auf der anderen Seite der Welt. Jetzt, da sich Oramen allmählich wahrer Macht näherte, bestand eins seiner Ziele darin, seine Mutter an den Hof zurückzuholen. Er hatte diesen Wunsch nie jemandem gegenüber geäußert, aber immer das Gefühl gehabt, dass Harne davon wissen sollte.
    Das letzte Glied in dieser unglücklich großen Familie war Vaime aus dem Hause Anaplia gewesen. Die immer so zarte und schwächliche Vaime hatte in der letzten Phase ihrer Schwangerschaft einen Zusammenbruch erlitten. Die Ärzte teilten dem König mit, dass sie Mutter oder Kind retten könnten, aber nicht beide. In Erwartung eines Jungen entschied er sich für das Kind, bekam aber ein kleines, zu früh geborenes Mädchen. Die Katastrophe entsetzte und empörte
ihn so sehr, dass das Kind einen Monat lang keinen Namen erhielt. Schließlich nannte man das Mädchen Djan. Im Lauf der Jahre machte der König kein Geheimnis daraus, am allerwenigstens Djan gegenüber, dass er das ungeborene Kind zugunsten der Mutter geopfert hätte, wenn ihm das Geschlecht rechtzeitig bekannt gewesen wäre. Sein einziger Trost hatte darin bestanden, dass er Djan vielleicht eines Tages verheiraten und diplomatischen Nutzen daraus ziehen konnte.
    Vor einer Weile hatte sich der König zwei weitere junge Konkubinen zugelegt und in einem kleineren Palast in einem anderen Teil der Stadt untergebracht – ebenfalls auf Harnes Drängen hin, wie man am Hof munkelte -, aber es war Harne, die als seine Witwe galt. Die beiden jungen Konkubinen hatten weder die Beisetzung besuchen dürfen, noch waren sie zu diesem Empfang eingeladen.
    »Verehrteste«, sagte Oramen und verneigte sich tief vor Harne. »Nur in dir fühle ich ebenso großen und sogar noch größeren Schmerz angesichts des Verlusts, den wir erlitten haben. Ich bitte dich, dir mein aufrichtigstes Beileid zum Ausdruck bringen zu dürfen. Wenn es in dieser dunklen Zeit ein wenig Licht geben mag, so lass es auf unser Bemühen fallen, uns näherzukommen. Der Tod meines Vaters und der deines Sohns mögen eine innigere Beziehung zwischen uns schaffen als jene, die in der Vergangenheit existierte. Der König hat immer nach Harmonie gestrebt, wenn auch durch anfänglichen Konflikt, und Ferbin war die Geselligkeit in Person. Wir können ihrer beider Andenken ehren, indem wir unsere eigene Übereinkunft suchen.«
    Oramen hatte diese kleine Ansprache mit den sorgfältig ausgewählten Worten schon vor einigen

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