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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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davor standen, ihrerseits zu einer Kultur zu werden. Angeblich kündigte sich bei ihnen eine Art gesellschaftlicher Phasenwechsel an, der sie zu einem Wasserwelt-Äqivalent der Kultur machen würde. Die Gehirne vermuteten, dass die Morthanveld, um eine
solche Veränderung herbeizuführen, auf die letzten Reste des Finanzwesens in ihrer Gesellschaft verzichten mussten. Hinzu kamen die Notwendigkeit einer breiter angelegten, bewusst freundlichen, galaxisweiten Außenpolitik und – vielleicht der wichtigste Punkt – völlige Selbstdarstellungsfreiheit und volle Persönlichkeitsrechte für die KIs.
    Die Kultur wollte diese Entwicklung natürlich ermutigen, aber ohne den Eindruck zu erwecken, sich einzumischen oder zu versuchen, Einfluss zu nehmen. Deshalb galt es zu vermeiden, jene Leute zu verärgern, die Djan Seriys Gastgeber beim letzten Teil ihrer Reise zurück nach Sursamen sein würden. Deshalb nahm man ihr fast alle BU-Erweiterungen und sogar einige der Verbesserungen, die sie gewählt hatte, bevor sie zu den Besonderen Umständen gekommen war.
    »Wahrscheinlich ist es nichts weiter als ein Bluff«, sagte sie brummig zu Turminder Xuss und sah über das zerklüftete, rissige Eis tief unten. Der Himmel war klar, und der Balkon, auf dem sie stand und über dem die Drohne lautlos schwebte, bot ein angenehm warmes Ambiente. Doch um die Plattform herum wehte ein starker Wind: Der Jetstream des Planeten fegte übers hohe Gebirge hinweg. Kraftfelder hinderten den unsichtbaren Sturm daran, zu ihnen vorzudringen. Doch der Wind wehte mit solcher Kraft, dass ein Teil seiner Stimme die Schirmfelder durchdrang: ein fernes, pulsierendes Heulen, wie von einem Tier, das tief unten auf dem Eis gefangen war und kreischte.
    Als sie in der vergangenen Nacht hier Position bezogen hatten, war die Luft unbewegt gewesen, und man hatte das Knirschen und Knacken des Gletschers hören können, als er langsam über zermalmtes Gestein glitt.

    »Ein Bluff?« Turminder Xuss klang skeptisch.
    »Ja«, sagte Anaplian. »Könnte es nicht sein, dass die Morthanveld nur vorgeben, kurz davor zu stehen, wie die Kultur zu werden – damit sich die Kultur nicht in ihre Angelegenheiten einmischt?«
    »Hmm«, erwiderte die Drohne. »Das würde nicht lange funktionieren.«
    »Trotzdem.«
    »Und man müsste sich fragen, was der Grund für eine solche Vorstellung in Hinsicht auf die Morthanveld wäre.«
    Anaplian begriff, dass sie ziemlich schnell zu dem Punkt gelangt waren, den Gespräche in Bezug auf die strategischen Absichten der Kultur früher oder später immer erreichten. Letztendlich lief es auf Was haben die Gehirne eigentlich vor? hinaus. Das war immer eine gute Frage, und nur Griesgrame und unverbesserliche Zyniker machten sich die Mühe, darauf hinzuweisen, dass es nur selten – wenn überhaupt – eine gute Antwort darauf gab.
    An dieser Stelle bestand die normale, tief in den Leuten verwurzelte Reaktion darin, die Hände zu heben und zu sagen: Wenn es wirklich darauf hinauslief, hatte es überhaupt keinen Sinn, auch nur zu versuchen, dieser Sache auf den Grund zu gehen. Wenn Motivationen, Analysen und Strategeme der Gehirne zum definierenden Faktor wurden, war praktisch alles möglich, weil es ganz offensichtlich keinen Sinn hatte, die unendlich hintergründigen und abscheulich verschlagenen Maschinen verstehen zu wollen.
    Anaplian war da nicht so sicher. Vielleicht passte es den Gehirnen durchaus in den Kram, dass die Leute von solchen Annahmen ausgingen. Jene Reaktion brachte nicht etwa die
ehrliche Erkenntnis zum Ausdruck, dass alle weiteren Überlegungen und Nachforschungen sinnlos waren; es handelte sich vielmehr um die gedankenlose Ablehnung der Notwendigkeit solcher Nachforschungen.
    »Vielleicht sind die Gehirne neidisch«, sagte Anaplian. »Sie wollen nicht, dass die Morthanveld auch nur das Echo ihres Donners stehlen, indem sie wie sie werden. Sie behandeln die Wasserweltler gönnerhaft, um sie gegen sich aufzubringen – damit sie genau das Gegenteil von dem tun, was man angeblich von ihnen erwartet. Damit sie weniger werden als die Kultur. Vielleicht geht es den Gehirnen in Wirklichkeit darum.«
    »Das ergibt ebenso viel oder so wenig Sinn wie alles andere, was ich bisher in dieser Hinsicht gehört habe«, sagte Turminder Xuss höflich.
    Anaplian durfte die Drohne nicht nach Sursamen mitnehmen. BU-Agent und Kampfdrohne – diese Kombination war weit über die Grenzen der Kultur hinaus bekannt. So gefährlich nahe es einem Klischee

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