Die Spiele des Computer-Killers
dein Mann war drin.«
Was Warren dann beschrieb, war ein typisches Abenteuerspiel von der Sorte, die jeder zu Hause an seinem Computer spielen kann. Anders als bei den Ballerspielen oder den Rennsportprogrammen ist das Ziel dieser Spiele nicht, Reflexe oder manuelle Geschicklichkeit zu testen, sondern Taktik, Strategie und Fantasie, während man eine Rolle in einer fantastischen Welt spielt. Magie und Mysterien stehen im Mittelpunkt dieser Spiele, in denen versucht wird, die Handlung eines Fantasy-Romans vom Standpunkt eines Protagonisten aus zu simulieren. Die große Anziehungskraft dieser Rollenspiele besteht darin, daß ihr Ende offen ist. Sie können Stunden, Wochen, Monate und sogar Jahre dauern.
Man kann diese Spiele allein spielen, aber wie beim Kartenspiel macht es zu mehreren auch mehr Spaß. Ein Mitspieler übernimmt die Rolle des Schiedsrichters oder des Geschichtenerzählers, und die andern übernehmen eine Person der verschiedenen Figuren, die sich dann auf der Suche nach einer Art Heiligem Gral durch die digitalisierten Fantasiewelten bewegen und unterwegs Drachen erschlagen und Schöne Jungfrauen retten. Jede Figur wird definiert in Kategorien von Kraft, Ausdauer, Intelligenz und sonstigen Talenten, die in einem bestimmten Szenario erforderlich sein können, und diese Eigenschaften können sich im Verlauf des Spiels auch weiterentwickeln. In einem Weltraumspiel gäbe es intergalaktische Händler, Söldner, Soldaten und Scouts von unterschiedlicher Fähigkeit und Moral, die überlistet werden müßten. In einem Fantasy-Spiel träfe man auf legendäre Recken, Zauberer, Mörder und Diebe. In einem Pornospiel: schlichte Zuhälter, Huren, Gangster, Polizisten — und natürlich Psychopathen.
»Wie sieht das Grundszenario aus?« fragte ich.
»Du fängst in ‘nem miesen Viertel an, und du mußt nach ganz oben. Du mußt den Schurken und dem Abschaum aus dem Weg gehen und eine Menge Geld machen. Dafür kriegst du Punkte, und du kannst Preise gewinnen. Echte Preise. Dich zum Beispiel.«
»Und wenn du verlierst?«
»Dann kriegst du weder Punkte noch Preise.«
»Und wie hast du mich gewonnen?«
»Pornoland Level vier.«
»Oh, wie nett. Und wie?«
»Ich hab deinen Zuhälter erledigt. Fünfhundert Punkte plus Bonus. Macht tausend.«
»Danke.«
»Jetzt gehörst du mir, Mädel.«
»Nein, tu ich nicht.«
Er schwieg und schaute zur Decke. Kleine Schweißperlen waren mir auf die Oberlippe getreten. Ich wußte, an wen er dachte.
»Du gehörst ihm, was?« sagte er schließlich.
»Nein.«
Er glaubte mir nicht, und ich war nicht sicher, ob ich es selbst glaubte. Aber wenn er wollte, daß ich zusammenbrach und meine Nöte in die Welt hinausjammerte, dann hatte er zuviel über mich vergessen. Ich hatte ihm ohnehin noch etliche Fragen zu stellen.
»Aber die dürften doch nicht jeden einfach mitspielen lassen, oder? Man wählt einfach die Nummer und ist drin?« 1
»Nein.«
»Sondern?«
»Du fängst in einer anderen Mailbox an zu spielen. In ‘ner Spielerbox. Ich hab diese >Dungeons and Dragons<-Kiste gespielt. Ich hatte einen erstklassigen Punktestand, aber dann saß ich fest, als ich versuchte, die Prinzessin zu befreien, die ans Verrätertor gefesselt war.«
»Sag’s mir nicht — sie hatte den Körper von Wonderwo-man und den Verstand von Schneewittchen.«
»Hör jetzt zu, ja? Das Wasser stieg immer höher, die Zeit wurde knapp, wenn mir nicht bald was einfiele, würden wir beide ertrinken, ich würde alle meine Punkte verlieren und müßte wieder bei Null anfangen.«
»O mein Gott!« Ich warf in gespieltem Entsetzen die Hände in die Höhe. »Warren, was hast du nur getan?«
»Ich habe gesagt: Scheiß auf die Kleine, ich hau hier ab.«
»Mistkerl. Und was hast du wirklich getan?«
»Das hab ich wirklich getan.«
»Und da hattest du verloren?«
»Zufällig war das die richtige Antwort. Sofort erscheint ‘ne Meldung und sagt: Bla bla bla, du hast recht, es gab keine Lösung, aber dein fieser Verstand bringt dich jetzt in eine andere Welt. Ruf diese Nummer an. Bezahlung ausschließlich per Kreditkarte.«
»Pornoland.«
»Genau.«
»Wie weit geht es da?«
»Sehr schmierig.«
»Wie weit?«
»Daneben sieht Caligula aus wie der blöde Frosch, dieser Kermit.«
»Mit Kindern?«
»Ja.«
»Mord?«
»Alles.«
Da waren wieder diese Champagnerbläschen, die die Geschmacksnerven meiner Reporterzunge kribbeln ließen. Mir lief tatsächlich das Wasser im Mund zusammen.
»Was für ein Logo
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