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Die Spieluhr: Roman (German Edition)

Die Spieluhr: Roman (German Edition)

Titel: Die Spieluhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tukur
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als sein schwerer Körper in der Gefangenschaft des Sessels anfing, sich auf und nieder zu bewegen, in ein Hüpfen überging, das sich schließlich Luft in heftigem Gekicher und einem bösen, bellenden Lachen verschaffte.
    ›Großartig, junger Freund! Ja, die Liebe! Nein, einfach zu schön, Sie rühren mich! Sie sind einen weiten Weg gekommen und haben Dinge gesehen, von denen Sie in langen, einsamen Nächten vielleicht einmal geträumt haben. Sie haben sich in ein Bild verliebt, ein Traumbild, das Sie bezaubert, wie es die Wirklichkeit nie könnte, und es macht Ihnen angst. Hoffnung und Verzweiflung halten sich in Ihrer aufgewühlten Seele die Waage, und Sie wissen sich nicht zu helfen …
    Was wäre beglückender für mich, als Ihnen dieses tote Bild zum Leben zu erwecken und die Türe aufzustoßen, die hineinführt in das köstliche Land Ihrer Sehnsucht?!
    Sehen Sie, diese Spieluhr hier ist ein Geschenk des Geigers und Tonkünstlers Vialli, den sie mehr liebte, als Worte sagen können. Doch sie war verheiratet mit einem Mann, der ihr jede Untreue übel vergolten hätte, und er, Vialli, hatte darum schon bald sein Herz einer glutäugigen Tänzerin aus Samarkand geschenkt, die Arabella hieß und den entschiedenen Unwillen meiner Ahne erregte.
    Eines Tages verschwand diese Tänzerin auf mysteriöse Weise, und erst als der arme Vialli sich aus Gram über ihren Verlust in einen Baum gehängt hatte, tauchte sie wieder auf. Und das ist nun wirklich eine merkwürdige Geschichte …‹
    Er beugte sich dicht vor mein Gesicht und flüsterte mir die Worte zu, als wollte er verhindern, daß irgendwer anderer im Raum zuhörte.
    ›Arabella war winzig klein geworden, müssen Sie wissen, und sie war zu Porzellan erstarrt!‹
    Er hielt kurz inne, um die Wirkung seiner Worte auf mich zu überprüfen.
    ›Nur Marie-Élisabeth konnte sie aus ihrer Gefangenschaft befreien. Sie ließ Arabella im Kreise fahren, bis sie anhielt. Und – schwupps! – drehte sie sich wieder, warf ihre Kußhändchen in die Runde und – rumms! – blieb wieder stehen … und so weiter und so weiter, bis in alle Ewigkeit, stellen Sie sich vor … Nein, zu komisch, wirklich zu komisch!‹
    Amadé klatschte in die Hände und brüllte vor Vergnügen. Mit Tränen der Freude in den Augen schenkte er sich ein neues Glas Amontillado ein, nahm sein Monokel aus dem Auge und fuhr mit einem Taschentuch über das rote, erhitzte Gesicht.
    Dann beugte er sich wieder zu mir.
    ›Nun, die Marquise hatte anläßlich eines Auftritts am Hofe von Budapest, bei dem auch Vialli und seine Liebhaberin zugegen waren, einen paschtunischen Magier aus Wasaristan kennengelernt, der mit einer Truppe persischer Akrobaten, indischer Fakire und Kleinwüchsiger aus Nordafrika denkwürdige Vorstellungen gab und seine meist adeligen Zuschauer aufs höchste verblüffte und bisweilen sogar zu Tode erschreckte.
    Er ließ Menschen, Pferde, ja ganze Häuser verschwinden, hypnotisierte pausbäckige Comtessen, trank heißes, flüssiges Blei und konnte stundenlang mit offenen Augen in den Feuerball der glühenden, im Mittag stehenden Sonne starren, ohne daß es ihm auch nur das geringste ausgemacht hätte.
    Diesen Magier, der sich Suleiman Cheel nannte, hatte sie eines Tages nach Montrague geholt und ihm Arabella zugeführt.
    Und weil es Marie-Élisabeths innigster Wunsch war, hat er die Tänzerin auf der kleinen Spieluhr kunstvoll fixiert und ist reich beschenkt weitergezogen.
    Als die Garden der Revolution nur wenig später alles zu zerstören drohten, versteckte sie das seltsame Wunderding in einem unscheinbaren Möbelstück auf dem Dachboden.
    Vor vielen Jahren hat es Séraphine, eine alte Dienstmagd, die einem Irrenhaus entflohen war und sich hier im Schloß herumtrieb, zufällig wiederentdeckt.
    Diese Spieluhr ist der Schlüssel in ihre Welt …‹
    Vorsichtig zog er sie nun auf, eine filigrane Melodie erklang, und die kleine Porzellantänzerin begann sich im Kreise zu drehen. Sie warf die Ärmchen in die Höhe, spreizte die Beinchen ab, und durch ein vergrößerndes Glas hätte man wohl sehen können, wie sich ihre dunklen Augen öffneten und schlossen und wieder öffneten und erschreckt das Bild einer Welt erhaschten, die sie nicht im mindesten begriff.
    ›Ist es nicht eine entzückende Musik?! Nicht wahr, wie ein Traum gewebt aus Traurigkeit und Sonne …
    An Leichtigkeit und Vertikalität war nur Mozart Vialli ebenbürtig! Es ist seine Cembalosonate Nr. 6 von 1779, die

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