Die Spinne (German Edition)
Agenten – einen in Tokio, einen in Kampala –, ihren Auftrag abzubrechen. Beide wurden von der örtlichen Polizei beobachtet. Sie schickte sie in sichere Häuser in Lissabon und Bologna, wo sie ihren Einsatzbericht für die Sekretärinnen verfassen konnten.
Sie war zum Abendessen mit einem Geheimagenten aus dem US-Konsulat verabredet, der ihr in der Vergangenheit mit Wohlwollen begegnet war. Doch bei Salat und foie gras de canard in der Brasserie Bâloise musste sie erleben, wie sein Wohlwollen versiegte.
»Ich hab rumgefragt«, meinte er zuletzt. »Dieser Drummond wurde vor ein paar Monaten gefeuert. Was er auch macht, uns kannst du es nicht anhängen.«
»Ich will euch nichts anhängen, Steve. Ich wundere mich nur, dass Scotland Yard nach ihm sucht und dass er mit einem Pass reist, der im Zusammenhang mit einem Kunstraub steht.«
Steve schob sich einen mit Leberpastete bestrichenen Toast in den Mund und kaute geräuschvoll. Er gehörte zu den Amerikanern, die alles nur laut machen können. »Ich würde dir gern helfen, Alex. Wirklich.« Er lehnte sich zurück und legte sich einen Arm quer über den Bauch.
Sein Gesicht sagte ihr nichts, doch sein Körper drückte sich schon seit seiner Ankunft im Restaurant mit unmissverständlicher Deutlichkeit aus. Seine Worte entsprachen zwar vielleicht der Wahrheit – möglicherweise hätte er ihr wirklich gern geholfen –, doch im Grunde war klar, dass er krampfhaft versuchte, ein bestimmtes Thema zu vermeiden.
»Sie haben dir gesagt, du sollst die Finger davon lassen, stimmt’s?«
Plötzlich schien ihm seine defensive Haltung aufzufallen, und er wandte die Handflächen nach oben. »Sie? Die sie aus der Verschwörungstheorie? Ich hab nach ihm gefragt und nichts rausgefunden. Das ist alles.« Da, die Haut an seinen Schläfen zog sich zurück. Er log.
»Okay, Steve. Vergiss es.«
Er lächelte, vielleicht aus Erleichterung, und griff nach dem nächsten Toast. »Alex, erzähl mir nicht, dass das was mit der Finanzaufsicht der UN zu tun hat. Immer wenn wir uns unterhalten, fragst du nach Dingen, die nichts mit deiner Arbeit zu tun haben.«
»Natürlich nicht.« Sie zwinkerte. »Ich stehe im Dienst von Al Kaida.«
Als sie später Jewgeni von dem Gespräch berichtete, meinte der Alte: »Es ist Zeit, mit Milo zu reden. Morgen fliege ich nach New York.«
»Wir hätten schon vor einer Woche mit Milo reden sollen. Ich verstehe nicht, warum du so lange gewartet hast.«
»Komm doch mit. Nur ein paar Tage. Tag des öffentlichen Dienstes und ein bisschen Zeit mit Milos Familie. Tina würde dich bestimmt gern kennenlernen.«
»Ein andermal.«
»Weißt du, dass er auf Arbeitssuche ist?«
»Nein, Nana. Hast du ihm denn dein Angebot schon unterbreitet?«
»Das müsste ich nicht, wenn du die Position übernehmen würdest.«
Wortlos legte sie auf.
4
Die Sache war von Anfang an ein Fiasko. Am Mittwochmorgen wachte Lester, ein Mitglied von Erikas fünfköpfigem Überwachungsteam für Weaver, mit Schüttelfrost auf – er hatte sich eine Sommergrippe eingefangen. Aus Sorge, dass sich das Virus verbreiten könnte, wies sie die anderen vier an, sich ohne ihn mit Jewgenis Leuten zu treffen, die nur zu zweit waren: der Spanier Francisco und der Tscheche Jan. Insgesamt also sechs, obwohl Erika mindestens acht gewollt hatte. Sie trug dafür Sorge, dass Gilen, ihr erfahrenster Agent, die Leitung des Teams übernahm, das sich in einem Doppelzimmer des Kings Hotel an der Thirty-ninth Street in Brooklyn zusammensetzte, um die Details zu besprechen.
Jewgeni kam und ging gleich wieder, weil er irgendwelche UN-Termine einhalten musste. Nach Gilens Bericht wirkte er wie versteinert vor Anspannung und richtig alt. Mehr als einmal wurde Erika von ihrem Agenten gefragt, ob sie sich wirklich auf die Intelligenz dieses gebrechlichen, zitternden Mannes verlassen wollte: »Wenn wir es vermasseln, fliegen wir garantiert auf.«
»Dann dürft ihr es eben nicht vermasseln.«
Lohnte sich dieses Risiko? Diese Frage stellte sie sich immer wieder, während die Stunden dahinkrochen. Was genau meinte Jewgeni mit alles? Sicherlich nicht die Definition aus dem Wörterbuch, aber dennoch sehr viel. Er meinte Antworten auf alte Rätsel, die Erika schon seit Jahrzehnten quälten, Antworten, die zu einigen schwarzen Schafen im BND führen konnten. Er würde ihr Einblick in seine UN-Abteilung und ihre geheimen Operationen geben. Und vielleicht sogar in das Rätsel Jewgeni Primakow.
Lohnte es sich, dafür eine
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