Die Spinne (German Edition)
warf Milo ein.
»Mit einem werden wir locker fertig«, meinte Garza.
»Moment«, sagte Leticia. »Was hat Tran Hoang sonst noch erzählt?«
»Nicht viel«, antwortete Milo.
»Du warst fast eine halbe Stunde bei ihm.«
»Wir mussten aufräumen.«
Garza schien kurz davor, die Pistole wieder auf ihn zu richten. »Aufräumen?«
»Ich habe versucht, ihn umzubringen.«
Beide starrten ihn an.
»Er hat zugegeben, dass er meinen Vater ermordet hat. Ich war wütend.«
»Verdammt«, knurrte Leticia.
Garza verstaute die Pistole wieder im Gürtel unter der Jacke und begegnete trotzig Letitias Blick. »Wie es aussieht, liquidieren wir ihn doch nicht, oder? Und vor allem muss jemand mal nachschauen, was da unten los ist.«
Sie nickte. »Also hauen wir ab.«
»Die einzige Möglichkeit.«
»Das sehe ich auch so.« Ein Blick von Leticia belehrte Milo, dass seine Meinung nicht gefragt war.
Sie wandte sich an Garza. »Fünf Minuten. Bei Widerstand rufst du an, ansonsten gibst du uns Deckung, wenn wir runtergehen.«
Mit einem Augenzwinkern verschwand der Tourist durch die Tür.
»Du machst dir Sorgen«, stellte Milo fest.
»Klar mach ich mir Sorgen. Glaubst du, ich bin eine Maschine?«
»Aber eine Idiotin bist du auch nicht, Leticia. Alan hat Tran Hoang auf seine Seite gezogen, und um das zu kaschieren, hat Collingwood behauptet, dass er ins Gras gebissen hat. Sie hat dir viel erzählt. Aber bild dir bloß nicht ein, dass du auch nur einen Schimmer davon hast, worum es hier tatsächlich geht.«
Ihr Stirnrunzeln wurde deutlich stärker. »Was hat dir Tran in Wirklichkeit gesagt?«
»Das Einzige, was für mich wichtig ist.«
»Diese verdammte Familie.«
Als er gerade den Mund aufmachte, um zu antworten, hörten sie das laute, von den Wänden gedämpfte Domp-domp von zwei Schüssen, dann als Erwiderung das Tack-tack von automatischen Waffen. Die Browning ausgestreckt, huschte Leticia zur Tür. Sie spähte durch den Spion, dann öffnete sie und streckte kurz den Kopf hinaus, um ihn im nächsten Moment wieder einzuziehen. Krachend platzte ein Stück vom Rahmen. Sofort knallte sie die Tür zu, doch die prallte wieder zurück, und der Lärm von zwei weiteren Pistolenschüssen und chinesischen Rufen drang herein. Kurz entschlossen packte sie einen Schreib tischstuhl und klemmte ihn unter die Klinke, damit die Tür zublieb.
Milo war bereits am Fenster, um es aufzuzerren, doch die glatte Fassade bot keinen brauchbaren Fluchtweg aus dem siebten Stock. »Nein, Baby!« Leticias Ruf übertönte den Fernseher und das Knallen im Gang. »Duck dich!« Sie legte auf ihn an, und er ließ sich zu Boden fallen. Zwei Schüsse, und über seinem Kopf zerbarst die Fensterscheibe. Noch während er sich hochrappelte, stürzte sie ins Bad. Er hörte Wasser laufen, dann sah er, wie sie beim Spiegel einen Föhn einsteckte, während sich die Wanne langsam mit Wasser füllte. Zwei weitere Schüsse krachten, und Milo riss den Kopf herum. Direkt über dem Schreibtischstuhl klafften zwei schartige Löcher in der Tür. »So ist es gut«, meinte Leticia zufrieden und drehte das Wasser ab. Dann stellte sie den Föhn an und warf ihn in die Wanne. Ein Regen zischender Funken. Die Lichter erloschen, und sie waren im Dunkeln. Der Fernseher und auch die Rufe draußen im Korridor verstummten, und für einen kurzen Moment herrschte Stille. »Siehst du?«, flüsterte sie. »Man muss nur …«
Dann erwachten die Lichter flackernd wieder zum Leben, da das Notsystem des Hotels angesprungen war. Niedergeschlagen stand sie mit der Pistole in der Hand bei der Wanne. »O Mann, das war mein einziger Trick.«
Am liebsten hätte er gelacht.
»Was grinst du so, Milo? Wir sind im Arsch.«
Immer noch lächelnd schüttelte er den Kopf. »Wirf die Waffe weg, Leticia. Gehen wir raus.«
»Auf Selbstmord hab ich keine Lust. Nicht wegen so einem Scheiß.«
»Soll ich vorausgehen?«
»Wenn du unbedingt meinst.«
Er wandte sich um, zögerte aber dann. »Kannst du ihnen wenigstens ankündigen, was ich vorhabe?«
Leticia stieß ein lautes Seufzen aus. In diesem Augenblick riss der nächste Schuss ein Loch in die Tür. »Dengdai!« Nach ihrem Ruf trat Stille ein, dann kam ein kurzer Strom Mandarin aus ihrem Mund, der ihm hoffentlich das Leben retten würde. »Wir sehen uns im Jenseits.« Mit diesen Worten drückte sie ihm einen trockenen Kuss auf die Lippen.
Langsam näherte er sich der Tür und schob den Stuhl beiseite. Ohne Stütze schwang die Tür nach innen und gab den
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