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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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An-ling fuchtelte den Rauch zur Seite. »Wahrscheinlich hast du dich blenden lassen.«
    »Von wem?«
    »Von deiner Abneigung gegen Wu Liang.«
    »Das erklärt aber nicht, wie die Amerikaner die Informationen erhalten haben. Woher stammen sie?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ist das das Einzige, was wir nicht wissen?«
    Verblüfft runzelte Shen An-ling die Stirn. »Es gibt eine Menge Dinge, die wir nicht wissen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel die Gründe für Bo Gaolis Selbstmord.«
    Zhu nickte nachdenklich. »Stimmt.«
    »Wir wissen auch nicht, warum die Amerikanerin deiner Frau hinterhergeschnüffelt hat.«
    »Aber wir wissen, dass sie sich mit Alan Drummond und seinen Freunden getroffen hat. Dieses Detail ist Wu Liang nicht bekannt.«
    »Aber Wu Liangs Frage ist berechtigt, und ich schäme mich, dass sie mir nicht eingefallen ist: Wenn sie eine Quelle im Ministerium haben, warum kommt die Frau dann her, um Fragen zu stellen?«
    »Es gibt noch wichtigere Fragen.« Endlich kam Zhu dazu, laut auszusprechen, was ihn während Wu Liangs langem Monolog beschäftigt hatte. »Warum ist Leticia Jones nach Hause geflogen, bevor sie ihre Antworten gekriegt hat? Und wichtiger noch, warum hat sie ihre Erkundigungen derart plump eingezogen?«
    Langsam ließ Shen An-ling die Zigarette auf Kniehöhe sinken. »Redet mit einer Botschaftsangestellten ohne nachrichtendienstliche Anbindung, die mit einem kaputten Rockmusiker redet, der mit der Nichte einer Schneiderin redet. Ihr war klar, dass wir die Spur zu ihr zurückverfolgen.«
    »Auf jeden Fall.«
    »Sie wollte also, dass wir es erfahren. Aber sollten wir auch mitkriegen, dass ihr die Antwort egal war? Sollten wir wissen , dass es nur eine List war?«
    Sie ließen das so stehen und starrten auf verschiedene Punkte im Raum.
    Schließlich fiel Shen An-ling wieder eine von Zhus Sentenzen ein. »Man darf nicht immer Motive unterstellen, wo auch ein menschlicher Irrtum genügt.«
    Das Telefon auf Zhus Schreibtisch klingelte, und als er danach griff, fiel sein Blick auf die weiße Dose mit Reisbällchen, die Sung Hui für ihn zubereitet hatte. »Wei«, meldete er sich.
    He Qiangs wohlklingende Stimme drang an sein Ohr. »Genosse Oberst Xin Zhu, ich bin aus Xinyang zurückgekehrt.«
    »Ist Ihre Familie wohlauf?«
    »Ja, Genosse Oberst.«
    »Sie wollten eine Cousine mit nach Peking bringen. Hat das geklappt?«
    »Ja, Genosse Oberst. Bis mit ihren Papieren alles geregelt ist, wohnt sie bei mir. Soll ich heute noch ins Büro kommen?«
    »Nein.« Zhu zweifelte nicht daran, dass Wu Liang und Yang Qing-Nian vor dem Haus irgendwelche Straßenhändler postiert hatten oder es einfach über eine der dreihunderttausend Überwachungskameras beobachteten, die im Rahmen der olympischen Sicherheitsmaßnahmen in der ganzen Stadt installiert worden waren und eines Tages dafür sorgen würden, dass außerhalb einer Duschkabine niemand mehr eine Rückzugsmöglichkeit fand. »Kümmern Sie sich erst mal um Ihre Cousine, wir sprechen uns dann morgen.«
    »Vielen Dank, Genosse Oberst.«
    Als Zhu auflegte, öffnete Shen An-ling gerade die Bürotür, um eine neue Angestellte einzulassen, an deren Namen sich Zhu nicht erinnern konnte. Sie trug ein Teeservice, doch als sie einschenken wollte, schickte Zhu sie zerstreut weg. Shen An-ling bedankte sich bei ihr, als sie ging.
    »Bevor wir etwas unternehmen«, erklärte Zhu, »müssen wir so viele Lücken in unserem Wissen wie nur möglich schließen. Am besten, wir machen eine Liste.«
    Shen An-ling erhob sich halb von seinem Stuhl, um nach einem handgroßen Notizblock auf dem Schreibtisch zu greifen. »Aber uns bleiben nur zwei Wochen.«
    »Panik ist ein Symptom des Glaubens, Shen An-ling. Wir dürfen nichts überstürzen.«
    Er hatte überlegt, ob er das Auto eines seiner Mitarbeiter nehmen oder sich durch einen Seitenausgang aus dem Gebäude schleichen sollte, doch letztlich erschien ihm das ziemlich sinnlos, da sein Ziel in einem gut überwachten Teil der Hauptstadt lag. Daher stieg er kurz nach vier unten in der Tiefgarage in seinen Audi, den einer seiner Leute dankenswerterweise am Samstagmorgen in Nankai abgeholt hatte, und fuhr innerhalb der Fifth Ring Road nach Norden. Hoch droben wehte Sand aus den Wüsten der Inneren Mongolei heran, der die Nachmittagssonne trübte. Noch hatte er nicht der Schwerkraft nachgegeben, sondern schwebte durch die Luft wie eine stille Drohung.
    Auf einem langen geraden Abschnitt verschwand plötzlich der Verkehr, doch erst als er

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