Die Spinne (German Edition)
gut.«
»Wen hast du sonst noch damit belämmert? Zachary?«
Alan schüttelte den Kopf. »Zachary Klein hat sich anscheinend im Zivilleben eingerichtet. Aber er war ja nicht der einzige andere Überlebende.«
»José …«
Alan unterbrach ihn. »Bitte keine Namen. Außerdem gibt es einen Dritten, der in den Listen der Abteilung nicht geführt wurde, als die Lichter ausgegangen sind. Du kannst dich bestimmt noch an ihn erinnern. Aber das Entscheidende ist, sie sind alle der Meinung, dass es ein ausgezeichneter Plan ist.«
Milo wandte sich zu ihm um. »Und wenn er noch so gut ist, ich mache nicht mit. Ich denke, das habe ich klargestellt.«
»Hast du gewusst, dass er geheiratet hat?«
»Zachary?«
»Xin Zhu. Letzten Sommer hat er ein süßes, junges Ding geheiratet und …«
»Schluss.«
Alan starrte ihn an, dann wischte er sich mit einem roten Handrücken über den Mund; er sah aus wie ein Säufer. Milo fielen die straffen Muskeln an seinem nackten Arm auf. Offenbar hatte er in letzter Zeit fleißig trainiert. »Sechzig Jahre.«
»Was?«
»Sechzig gottverdammte Jahre lang tuckert die Abteilung problemlos dahin. Vollkommen geheim. Vollkommen frei.« Alan atmete tief durch. »Dann übernehme ich für zwei Monate die Leitung – für sechzig Tage –, und der ganze Laden wird plattgemacht.« Er fixierte seine Bierdose, als enthielte sie die Lösung. »Hast du überhaupt eine Ahnung, wie ich mich fühle?«
Milo hatte tatsächlich keine Ahnung, wie sein Exchef sich fühlte, also hielt er den Mund. Abgesehen davon hätte ihm Alan gar nicht zugehört.
»Immer sehe ich diese Punkte vor mir. Rote Punkte, die blau werden. Ich habe Albträume von diesen Punkten. Du nicht?«
»Doch, manchmal«, log Milo. Seine Albträume bezogen sich auf andere Dinge.
»Aber ich hab sie die ganze Zeit. Fast schon jede Nacht.«
Eine Weile schwiegen sie und wandten sich wieder der Aussicht auf das nächtliche Brooklyn zu. Über die Seventh Avenue knatterten Autos, aus Bars drangen Musikfetzen, und irgendwo auf der Straße stritt sich ein Paar. Heftig kauend erwischte Milo zu viel Nikotin und versuchte erfolglos, seinen Schluckauf zu unterdrücken. Alan schaute ihn an, als ob er ihn beschimpft hätte. »Versteh doch«, sagte Milo, »es ist nicht mehr dein Problem. Zhu war der bessere Spieler, das ist alles.«
»Du findest, das war ein Spiel?« Alan schnippte seine Zigarette vom Dach, und sie segelte in einem rot glühenden Bogen hinunter zum Garfield Place. »Dreiunddreißig Tote – ein Spie l ? «
»So haben wir das zumindest bei unseren Operationen immer betrachtet.«
»Du willst sein Vorgehen also rechtfertigen?« Alan klatschte sich eine rote Hand an die Hüfte. »Wenn wir Operationen durchgeführt haben, hatten wir Gründe dafür. Sicherheitsgründe. Xin Zhu hat dreiunddreißig Amerikaner aus Rache umgebracht. Das ist ein Riesenunterschied!«
»Wir wissen doch gar nicht, warum er es getan hat.« Milo sprach leise, um den Mann zu beruhigen. »Wir glauben, dass sein Motiv Rache war, aber im Grunde haben wir keine Ahnung.«
»Du kennst nicht mal ihre Namen, oder? Sandra Harrison, Pak Eun, Lorenzo Pelligrini, Andy Geriev, Mia Salazar, John …«
Gereizt schnitt ihm Milo das Wort ab. »Es ist nicht dein Problem. Nicht mehr. Weißt du, was dein Problem im Moment ist? Die Frau da unten. Du musst dir einen Job suchen, damit dein Leben weitergeht.«
»Das sagst du als Arbeitsloser?«
»Ich habe nächste Woche ein Vorstellungsgespräch. Und du? Du siehst total fertig aus, ist dir das nicht klar? Willst du ab jetzt nur noch in Unterhosen rumsitzen und irgendwelche Pläne ausbrüten, um … Ja, was eigentlich? Um all seine Agenten zu liquidieren? Seine Frau zu töten? Ihm eine Bombe ins Büro zu schmeißen? Nein, Alan. Ich helfe dir nicht bei deinen Racheplänen.«
»Wer sagt, dass ich seine Frau …«
»Nein!« Milo hob die Hand. »Es reicht. Ich will es nicht wissen. Das hab ich dir doch alles längst erklärt: Ich habe schon viel zu viel von meinem Leben und vom Leben meiner Familie für aussichtslose Kämpfe verschwendet. Ich habe Andrei Stanescu in die Augen geschaut, bevor er auf mich geschossen hat. Ich habe sein verworrenes Gestammel gehört – der Mann ist total kaputt, und ich will nicht Teil einer Maschinerie sein, die Menschen so zugrunde richtet. Nicht mehr.«
»Aber Xin Zhu hat ihn dir auf den Hals gehetzt. Wir können den Scheißkerl abservieren!«
Alan hatte nichts begriffen. Milo rieb sich über die Augen und
Weitere Kostenlose Bücher