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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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vorhanden, aber verborgen. Er schaltete wieder ab, steckte aus und zerrte das PC-Gehäuse unter dem Schreibtisch hervor. Nach drei Minuten schaffte er es, die Vorderseite aufzuklappen und die Festplatte herauszunehmen. In der Küche verstaute er sie in einem verschließbaren Plastikbeutel und legte sie auf die Arbeitsplatte.
    In den nächsten zwei Stunden durchkämmte er systematisch das Büro und unterbrach sich nur, um einen Schluck aus seinem Glas zu nehmen. Eins nach dem anderen nahm er die Bücher in die Hand und schüttelte sie, doch es fielen nur Lesezeichen und als solche verwendete Quittungen heraus. Jedes einzelne Bild an der Wand drehte er um. Er tastete die Innenwände des Schreibtischs und die Unterseite der Schubladen ab. Er durchstöberte das Druckpapier, dann zerlegte er den Laserdrucker. Mit dem Brieföffner schraubte er die Rückseite des Computergehäuses ab und warf einen Blick hinein. Er zog den Teppich weg, untersuchte die Bodendielen und brach die Sitzfläche des Stuhls auf, dann machte er sich über die Leuchten in der Decke her. Er kehrte zu den Fotos zurück und öffnete jeden Rahmen. Nichts. Zuletzt nahm er sich alle drei Steckdosen vor.
    Gerade als er begann, die Steckdose unter dem Fenster aufzuschrauben, entdeckte er einen haarfeinen Draht, der hinter der Holzverkleidung und den Vorhängen hinauf zu den Vorhangstangen führte und dort eine Kamera speiste. Ein kleines Gerät wie eine Webcam, aber speziell für diesen Zweck mit einer Antenne und einer Klammer zur Befestigung am Ende der Vorhangstange ausgerüstet. Sie trug weder Firmennamen noch Seriennummer. Aus ihrer Position hatte die Kamera das gesamte Zimmer im Blick, aber sie war nicht so klein, dass Alan sie nicht bemerkt hätte. Also musste er von ihrer Existenz gewusst haben. Milo nahm die Kamera ab und spähte in das Weitwinkelobjektiv. Dann zerrte er das Stromkabel heraus und steckte sie ein.
    Obwohl er sich bemüht hatte, nach dem Auseinanderbauen alles wieder zusammenzusetzen, hatte das Büro um Mitternacht sein Aussehen verändert. Der Stuhl hing mit offener Sitzfläche durch, der Computer starrte ihn ohne Frontplatte an, die er nicht mehr befestigen konnte. Es war ein bisschen, als wäre der Raum durch seine mehrstündige Suchaktion vorzeitig gealtert. Inzwischen war er so müde, dass er einfach nicht mehr weitermachen konnte. Mit seinem leeren Glas kehrte er zurück ins Wohnzimmer. Dort blieb er wie angewurzelt stehen. Auf einem Stuhl ohne Lehnen, den laut Alan angeblich Mies van der Rohe entworfen hatte, saß Dennis Chaudhury mit dunklen Augenlidern und einem Lächeln im Gesicht. »Hallo, Milo.«
    »Wie lange sind Sie schon hier?«
    Chaudhury wiegte den Kopf von einer Seite zur anderen. »Eine halbe Stunde? Mehr vielleicht? Wollte Sie nicht unterbrechen. Immer eine angenehme Überraschung, wenn einem jemand die Arbeit abnimmt.«
    »Sind Sie allein?«
    »Ein Freund unten in der Eingangshalle, einer draußen im Gang. Ich dachte, wir zwei unterhalten uns am besten unter vier Augen.«
    Als Milo nach vorn kam und sich auf das Sofa setzte, bemerkte er, dass die Festplatte nicht mehr auf der Küchentheke lag. »Ist das Ihr erster Besuch hier?«
    »Penelope hat die Wohnung einfach nicht verlassen. Als wir gehört haben, dass sie zu Ihnen gefahren ist, war ich gerade auswärts. Hat ein bisschen gedauert, bis ich hier war. Bleibt sie über Nacht?«
    »Ja, wahrscheinlich. Die Sache hat sie ziemlich mitgenommen.«
    Chaudhury nickte, als würde ihn diese Auskunft bekümmern. »Und was haben Sie gefunden?«
    »Die Festplatte haben Sie ja schon. Das war alles.«
    »Irgendwas Interessantes drauf?«
    »Entweder gelöscht oder verschlüsselt. Mit Computern kenne ich mich nicht besonders gut aus.«
    »Keine Sorge – dafür haben wir unsere Spezialisten. Was meint Penelope?«
    »Was er auch vorhatte, er hat es vor ihr geheim gehalten.«
    Erneut ein Nicken. »Geht ihr bestimmt an die Nieren, das Ganze.«
    »Haben sich die Briten bei Ihnen gemeldet?«
    Chaudhury überlegte sich seine Antwort. »Sie sagen, dass sie vielleicht später was für uns haben.«
    »Klingt, als wären sie nicht besonders kooperativ.«
    » Vorsichtig wäre ein höflicheres Wort . «
    »Sonst noch was?«
    »Nichts von Bedeutung.« Chaudhury zupfte am Knie seiner Hose. »Wollen Sie hin?«
    »Nach London? Nein.«
    »Gut. Ich habe bereits jemanden hingeschickt, und ich möchte nicht, dass Sie ihm in die Quere kommen.«
    »Überschreiten Sie da nicht Ihre Befugnisse? Wenn

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