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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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wahre Freude am Tag des öffentlichen Dienstes ist für mich, dass ich die seltene Gelegenheit habe, deine hinreißende Frau und deine bezaubernde Tochter zu sehen. Vielleicht sogar meinen nervtötenden Sohn.«
    Milo hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. »Okay, ich sag ihnen Bescheid. Dann können wir ja miteinander essen.«
    »Nicht deine Küche. Wir gehen aus. Ich lade euch ein.«
    »Natürlich, Jewgeni. Wie du willst.«
    »Hör zu, Mischa. Ich hab eine Verabredung mit einem ausländischen Minister. Ich wollte nur wissen, ob ihr da seid.«
    »Zurzeit reise ich eher ungern.«
    »Nicht mal nach London?« Sein Vater verschwendete nur selten einen Anruf ausschließlich für Familienangelegenheiten.
    »Du hast davon gehört?«
    »Von diesem Sebastian Hall, der nicht du war? Natürlich hab ich das gehört. Und ich hab mich sofort überzeugt, dass du wohlauf in Brooklyn bist, bevor ich das Ganze wieder vergessen habe.«
    »Das war nicht ich, sondern ein Freund. Kannst du was darüber rausfinden?«
    Jewgeni summte kurz, als er es sich durch den Kopf gehen ließ. »Welcher Freund?«
    »Alan Drummond.«
    »Verstehe.«
    »Es ist wichtig, dass wir Einzelheiten erfahren.«
    »Wer ist wir?«
    »Ich. Seine Frau Penelope. Tina.«
    Wieder ein Summen. »Sonst niemand?«
    »Noch ein paar andere Leute.«
    Schweigen, aber Milo brachte es nicht über sich, die Sache mit Dennis Chaudhury zu erklären. Aus der Leitung hörte er im Hintergrund französische Gesprächsfetzen.
    »Also gut, Mischa. Am Montag bringe ich dir so viel wie möglich mit.«
    »Danke, Jewgeni.«
    Danach suchte Milo im Internet nach Miniaturkameras, in der Hoffnung, auf das Fabrikat aus Alans Büro zu stoßen. Doch es gab zwar viele Ähnlichkeiten, aber keine komplette Übereinstimmung.
    Kurz darauf hörte er Stephanie die Treppe heraufstampfen und lief zur Tür, um ihr aufzumachen. Erstaunt stellte er fest, dass die oberen Augenlider seiner Tochter vollkommen schwarz waren. Im ersten Moment dachte er, sie sei geschlagen worden, und die Knie wurden ihm weich. Doch sie strahlte übers ganze Gesicht. »Wie findest du es, Daddy?«
    »Du siehst aus wie der Punchingball von einem Boxer.«
    Ihr Lächeln verebbte. »Auf jeden Fall ist es schön.« Sie ignorierte seinen Kussversuch und marschierte an ihm vorbei.
    Hinter ihr stieg Tina langsam die Treppe herauf. »Hast du es gesehen?«
    »Make-up?«
    »Gottverdammter Magic Marker«, knurrte Tina.
    Milo grinste. »Sarah auch?«
    Oben angekommen, lehnte sich Tina an das Geländer und zog eine Augenbraue hoch. »Das sollte man eigentlich annehmen, oder? Aber Sarah war der Auffassung, dass bloß Stephanie ihre Augen mehr betonen muss.«
    »Und was meint ihre Mutter dazu?«
    » Sieht doch süß aus , hat sie gesagt. Und dann hat sie gelacht. Bei denen übernachtet Stef garantiert nie wieder.«
    Während Tina erneut Kaffee zubereitete, trat er in Stephanies Zimmer, die sich gerade stolz im Spiegel bewunderte. Als Milo zu lange in ihrer Tür herumhing, fragte sie: »Findest du wirklich, ich sehe aus wie ein Punchingball?«
    »Nein, jetzt nicht mehr. Irgendwie ist es sogar interessant.«
    »Gut interessant?«
    Milo fixierte sie, als müsste er nachdenken. Ihr zerzaustes Haar, ihre Stupsnase, ihre großen Ohren, ihre Gewohnheit, zweimal schnell hintereinander zu blinzeln, wenn sie eine ernste Antwort erwartete, ihre dünnen, gespitzten Lippen – für ihn war das alles ergreifend schön. Ein Gesicht, das er – wie das seiner Frau – nie objektiv betrachten konnte. »Gut, natürlich, aber vielleicht war es keine so tolle Idee, einen Marker herzunehmen.«
    »Das kann man abwaschen.«
    »Glaub ich nicht.«
    Sie wandte sich vom Spiegel ab. Die kritische Miene, mit der sie ihn musterte, war nicht die einer Sechsjährigen. »Das ist auf Wasser basis. Das heißt, man kann es abwaschen.«
    »Schön«, konstatierte er. »Warum wäschst du es dann nicht einfach ab, damit die Leute beim Abendessen im Restaurant nicht denken, dass wir dich verprügelt haben?«
    Sie lachte nicht.
    Er schlenderte zurück in die Küche und fand Tina, die missmutig mit ihrer Tasse in der Ecke stand. »Du hast also nichts gefunden bei Alan?«
    »Nicht viel. Der Computer war leer, aber es gab eine Kamera.«
    »Eine Kamera?«
    »Sie war noch keinen Monat dort.« Er zeigte ihr das Gerät.
    Sie drehte es in der Hand. »Bist du sicher, dass das nicht jemand anders installiert hat?«
    »Sie war ein wenig verdeckt, aber nicht richtig versteckt. Wenn jemand anders sie

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