Die Spinne (German Edition)
leisten, wenn er mag.«
»Francisco mag keine Hausmannskost.« Jewgeni beugte sich zu dem offenen Fenster. »Nicht wahr, Francisco?«
»Hausmannskost kann ich nicht ausstehen, Sir.« Francisco war ein bulliger Typ mit dunkler Haut und südamerikanischem Akzent. »Rufen Sie mich, wenn Sie mich brauchen?«
»Da werden Sie wohl nicht lange warten müssen, fürchte ich«, knurrte Jewgeni, ehe er sich abwandte, um seinem Sohn ins Haus zu folgen.
Weder auf der Straße noch im Treppenhaus gab Milo die Nachricht weiter. Zwar hatte er Bedenken wegen seiner Wohnung, aber den öffentlichen Bereich betrachtete er mit noch größerem Misstrauen. Aus diesem Grund hatte er auch den Restaurantbesuch abgeblasen. Erst als sie drinnen waren und Stephanie angestürmt kam, packte Milo seinen Vater mit dem Ruf »Vorsicht, Irre im Anmarsch!« um die Hüfte und schob ihm den um den Ersatzschlüssel der Wohnung gewickelten Zettel in die Gesäßtasche der Hose. Der Alte spürte das Manöver natürlich, doch er bewies Geistesgegenwart und stieß einen lauten Schreckensschrei aus, als seine Enkelin mit ihm zusammenkrachte.
Milo klopfte ihm auf die Schulter. »Was zu trinken?«
»Sofort.« Jewgeni kniff Stephanie so fest in die Wange, dass sie aufjaulte.
Als das Gespräch allmählich in Gang kam, wurde Milo klar, dass er jetzt in der gleichen Situation war wie Alan vor zwei Wochen bei der Unterhaltung auf dem Dach: auf quälende Weise gefangen in einer Sache, bei der es um Leben und Tod ging, die er aber niemandem verraten durfte. Jetzt war es Milo, der so tun musste, als würde er Jewgeni zuhören, der voller Begeisterung die Feierlichkeiten der Vereinten Nationen zum Tag des öffentlichen Dienstes beschrieb. Warum, so fragte sich Milo, hatte ihm nicht auch Alan eine Nachricht zugesteckt? Warum war er dort oben auf dem Dach nicht deutlicher geworden? Weil Alan sich nur auf Menschen und Dinge verließ, die er persönlich kontrollierte, auch wenn das bedeutete, dass er Milo nicht vertraute. Weil Alan sich für den Einzigen hielt, der Penelope retten konnte.
Oder täuschte sich Milo? Hatte Alan irgendwelche Andeutungen fallen gelassen, die er in seiner Begriffsstutzigkeit nicht bemerkt hatte? Angestrengt dachte er zurück. Immer sehe ich diese Punkte vor mir … er war nicht der einzige Überlebende … Blockhütten am Grand Lake … Grand Estes … hat ein süßes, junges Ding geheiratet … Wer sagt, dass ich seine Frau … Du kennst nicht mal ihre Namen, oder?
Nichts deutete auf etwas Bestimmtes. Oder alles deutete auf alles.
Im Augenblick war das ohnehin nebensächlich. Wichtig waren nur der Heimatschutz und die Leute seines Vaters und das, was sie für ihn tun konnten. Bei jedem Schritt draußen im Treppenhaus wartete er auf das Pochen an der Tür und auf den Ansturm der Agenten. Wie würden sie vorgehen? Würde Simmons mitkommen? Würden sie auch Milo und Jewgeni festnehmen?
Jewgeni lehnte sich zu Stephanie, die unwillkürlich zurückwich, weil sie nicht wieder gekniffen werden wollte. »Du hast da was.«
»Das ist Magic Marker auf den Augenlidern«, erklärte Tina.
»Nein.« Er zog etwas hinter Stephanies rechtem Ohr hervor. Als er die Hand öffnete, kam ein funkelndes Armband mit fünf Reihen aus polierten Achatsteinen zum Vorschein. »Wie hast du damit überhaupt was hören können?«
»Wow.« Vorsichtig nahm sie es in die Hand. Sie war sprachlos.
»Ich hab von deiner Freundin in Botsuana gehört«, sagte er. »Also hab ich dem Botschafter erzählt, dass ich ein Mädchen kenne, das sich seit Kurzem für sein schönes Land interessiert. Ich wollte seinen Rat für ein Geschenk. Er hat ein paar Anrufe gemacht und sich das direkt aus Gaborone im Diplomatengepäck mitschicken lassen.«
»Wow«, machte Stephanie erneut. »Danke.«
Ich habe ihm nie von Stephanies Freundin in Botsuana erzählt , dachte Milo.
Sie legte sich das Armband ums Handgelenk, während Milo die Servierschüssel mit der Brühe und den Nudeln holte, in die er auch das Hähnchenfleisch gegeben hatte. Dazu kamen kleinere Schalen mit Gemüse und eine weitere mit einer selbst angerührten Fischsoße.
»Sieht gut aus«, räumte Jewgeni ein. Dann warf er einen Blick auf seine Hände. »Aber vorher sollte ich mir noch die Hände waschen.«
»Du kannst das kleine WC nehmen«, meinte Milo.
Während sein Vater draußen war, half ihm Tina mit dem Besteck und fragte, ob es ihm gut ging.
»Klar, warum nicht?«
»Du wirkst ein bisschen zerstreut.«
»Alles in
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