Die Spinne (German Edition)
Sicherheitskontrolle tauschten sie ihre Eindrücke aus: keine Spur von Chaudhury und der »weißen Tussi«, die Leticia am JFK bemerkt hatte. Sie wirkte enttäuscht, und als er nachhakte, gab sie etwas mehr preis. »Na ja, das macht mir einfach Sorgen. Die Vorstellung, dass wir hier diese ganze Show abziehen, und diese Leute sind so blöd zu glauben, dass wir wirklich nach Mexiko geflogen sind.«
»Wenn sie vom Heimatschutz sind, müssen sie uns nicht folgen. Sie können uns über die Kameras zuschauen.«
»Ja. Wenn. « Sie verstummte. »Egal, wir haben Zeit. Sobald sie mitkriegen, dass wir nicht in der Maschine nach Mexiko-Stadt sitzen, haben sie noch vier Stunden, um rauszufinden, wo wir abgeblieben sind. Und wenn sie das nicht schaffen, dann lohnt es sich auch nicht, dass wir unsere Zeit mit ihnen vertrödeln.«
Er wartete auf weitere Informationen, aber sie fügte nichts mehr hinzu.
Erst als sie am Gate standen und Milo einer Ohnmacht nahe war, stieß sie ihn sachte mit dem Ellbogen in die Rippen. Sie lächelte. »Hast du gesehen?«
Tatsächlich. Dennis Chaudhury schlenderte mit seiner Zeitung durch den Gang. Wie ein völlig Fremder ließ er sich auf einem Platz vor dem Gate nieder und schlug seine New York Times auf.
»Mann«, knurrte sie, »der Kerl hat echt Cojones.«
»Soll ich ihn aus dem Verkehr ziehen?« Milo erstickte ein Gähnen.
»Natürlich nicht.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Baby, ich glaube, du wärst gar nicht in der Lage, ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Du hast ein paar Margaritas zu viel getrunken.«
»Wie du meinst.« Mühsam stand er auf. »Bin gleich wieder da.«
Ihm war klar, dass sie ihn beobachtete und halb damit rechnete, dass er auf Chaudhury zusteuern würde. Aber er musste sich dem Mann gar nicht nähern, um eine kleine Unterhaltung mit ihm zu führen. Ohne sich umzuschauen, marschierte er in die Toilette und wartete knapp hinter der Tür. Ein Glatzkopf wusch sich gerade die Hände und verschwand dann. Zehn Sekunden später trat Chaudhury mit der gefalteten Zeitung unter dem Arm ein.
Chaudhury hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Das war daran zu erkennen, dass ihn Milos Angriff völlig überraschte. Er legte seine ganze verbliebene Kraft in den Tritt und traf ihn voll in die Magengrube, vielleicht auch noch ein wenig darüber an den Rippen. Chaudhury wankte zurück, und Milo packte ihn an einer herumfuchtelnden Hand, um ihn tiefer in den Toilettenraum zu zerren, bis er stolperte und ächzend über den Boden rutschte. Auch Milo geriet ins Straucheln, behielt aber das Gleichgewicht und ließ sich mit ausgestreckten Ellbogen auf ihn fallen. Einer bohrte sich in Chaudhurys Magen, der andere erwischte ihn am Kinn. Der Agent blutete inzwischen und war orientierungslos. Obwohl ihm jeder Knochen im Leib wehtat, rappelte sich Milo hoch, setzte sich rittlings auf ihn und drosch ihm die Faust an die Schläfe. Dann wiederholte er das Ganze noch einmal, ehe Chaudhury ein Wort hervorquetschte: »Aufhören!«
In Milo selbst war kein Raum für dieses Wort gewesen, doch als es erst mal in der Luft hing, musste er sogar in seinem Adrenalinrausch einsehen, dass es zur rechten Zeit kam. Wenn er Chaudhury umbrachte, konnte er alles vergessen, auch seine Familie. Schwer atmend starrte Milo die gefliesten Wände an, als würde der Mann zwischen seinen Schenkeln gar nicht existieren. Sein Mund stand offen, Speichel sickerte ihm übers Kinn. Schließlich erhob er sich mühsam und trat zur Wand, um sich anzulehnen. Von dort verfolgte er, wie sich Chaudhury langsam und unter Schmerzen hochrappelte und zu den Waschbecken hinkte. Erst als der Wasserhahn lief, zischte Chaudhury: »Das war ein böser Fehler, Milo Weaver.«
»Er wird es schon verstehen.«
»Auch noch eingebildet.«
Milo schaute zu, wie er sich Mund und Gesicht wusch und angewidert sein Spiegelbild betrachtete. »Sie haben keine Ahnung, oder?«
»Wovon?«, zischte Chaudhury wütend.
»Er hat sie entführt.«
Chaudhury hatte sich den Finger in den Mund gesteckt, um das Zahnfleisch zu massieren. Im Spiegel traf Milo sein verwirrter Blick. »Wen?«
»Und mein Vater ist tot.«
Chaudhury zog den Finger heraus; er war feucht und rosa. »Sie sprechen von Ihrer Familie.«
Milo schenkte sich die Antwort. Er trat vor ein Urinal, zog den Reißverschluss auf und pinkelte.
»Hören Sie, Milo, das war ich nicht. Vielleicht steckt He Qiang dahinter.«
Milo starrte auf seinen klaren Strahl. »Sie verraten mir einfach seinen Namen?«
»Mir
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