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Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Spinne - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Er hat einmal mit seiner Frau getanzt, das weiß ich noch genau. Und drei Mal mit der Trauzeugin. Immer hat der eins von diesen Smartphones in den Fingern, tippt ständig darauf herum. Man könnte meinen, der kann nicht ohne. Tja, wenn man selbstständig ist und sogenannte ›Geschäfte‹ macht, die man nicht einfach so auf ein Firmenschild schreiben kann, dann muss man wohl immer mit der halben Welt telefonieren. Ich sag nur eins: Finanzmarkt. Ja, der ist auf dem Finanzmarkt tätig. Und man kennt das ja aus dem Fernsehen. Immer ist viel Geld im Spiel. Bloß, ob das stets mit rechten Dingen zugeht, weiß unsereins nicht. Und die Verfürth ist ja so eine Luxusfrau. Hast du gesehen, wie viele Stiefelpaare die besitzt? Die kommt vierzehn Tage lang täglich aus der Haustür und hat was anderes an den Beinen. Ist doch nicht normal, oder? Wenn du mich fragst, die schwimmen im Geld. Wann ich ihn zuletzt gesehen habe? Da muss ich mal überlegen. Ich gucke zwar oft vorn aus dem Fenster, aber der Parkplatz vom Supermarkt ist interessanter als eure Häuserreihe, bei euch passiert zu wenig. Es sei denn, der Öko bastelt wieder an seinem Miniwindrad. Verfürths Auto steht schon länger da zwischen den Bäumen. Ich glaube, sie darf es nicht fahren, bestimmt ist er da eigen. Als sie den Weihnachtsbaum geholt haben, genau, daran erinnere ich mich, als wäre es gestern: Sie hat ihn dirigiert, er musste mit der Baumspitze vorsichtig sein, er musste den Baum noch absägen, da habe ich doch zu euch rübergeschaut. Der zog sich Arbeitszeugs über, um sein Tannenbäumchen mit einer modernen Motorsäge zehn Zentimeter zu kürzen. Früher hatten wir eine Bügelsäge dafür. Der Kerl schmiss eine stinkende Motorsäge an, die durch die Siedlung röhrte. Irgendwie muss man seinen Reichtum zeigen. Ein kleiner Protzer ist der. Nicht unsympathisch, ist schon ein schicker Kerl. Wie war das noch? Wer was hat, der zeigt’s auch her. Das können die beide. Nein, die Louise ist wie immer. Da ist alles in Ordnung, glaub mir. Der Alfons ist auf Arbeit.«
    Johanna spreizte ihre Finger, die das Tippen nicht mehr gewohnt waren. Diese Ausgeburt klammheimlicher nachbarschaftlicher Neugier zollte ihren Tribut. Morgen früh würde sie geschwollene Fingerknöchel haben. Aber es machte auch Freude, auszuformulieren, was sie sich in Stichworten auf dem extra dafür angelegten Block notiert hatte.
    Bei der Verkäuferin in der Bäckerei war es anders gelaufen. Die konnte nicht so direkt befragt werden, das hätte zu Spekulationen im Betrieb geführt, die sich in Windeseile über den Ort verbreiten würden. Es reichte schon, dass Adelheid vom Heumannshof sich in ihr Gespräch eingemischt hatte. Die würde jetzt in ihrer Küche sitzen, Berge von Kartoffeln schälen und darüber prakesieren, warum man angesichts frisch gebackener Stuten auf den »Zugezogenen« zu sprechen kam.
    Die Verkäuferin der Bäckerei Olfen sagt:
    »Oh ja, ich weiß genau, welche Vorlieben meine Kunden haben. Sie kaufen auch immer das gleiche Brot, und wenn es bei Ihnen Brötchen gibt, dann wette ich, dass die Milchbrötchen für Ihren Mann sind. Wie ich das merke? Sie lächeln immer, als würden Sie sagen: ›Er isst sie so gerne.‹
    Natürlich kenne ich auch die Vorlieben der anderen. Ja, auch von Ihren Nachbarn, wetten dass? Sie nimmt ein Kornspitz und ein Mohnbrötchen. Und er kriegt zwei Hörnchen. Wenn er da ist. Wie ich das meine? Ich habe nichts gesagt, aber wenn Sie mich fragen, der ist im Moment nicht da. Woher ich das weiß? Richtig, sie kauft nur Mohnbrötchen und Kornspitz. Jaja, vor Weihnachten hat sie noch Hörnchen geholt, danach nicht mehr.«
    Das Gespräch hatte Johanna ziemlich ermüdet, da es sich aus taktischen Gründen über mehrere Anläufe hingezogen hatte. Immer wieder unterbrachen andere Kunden ihren Austausch, und sie wollte aufpassen, dass sie nicht zum Dorfgespräch wurde. Die angeblich schwerhörige Adelheid hatte dennoch aufgeschnappt, um wen es ging, und sich umgehend eingeblendet.
    Adelheid vom Heumannshof
    »Geh weg, du kennst nicht von allen Kunden die Lieblingsbrötchen, dazu hast du mir zu oft die Bestellungen falsch zusammengepackt. Ihr meint den Reichen aus deiner Straße, richtig? Der braust immer mit einem Affenzahn an unserer Zufahrt vorbei. ›Da kommt wieder der Bekloppte‹, sagt der Hans dann immer, wenn der sein zweites Frühstück im Stehen verschlingt. Dann hat er vom Küchenfenster aus die Straße im Blick. ›Der Zugezogene ist doch keine

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