Die Spinnenfrau
Wem zeigt sie sich? Wer bekommt wieder einen Kokon aus Spinnweben …?«
»Die Frage wirst du hier nicht beantwortet bekommen«, sagte ich. »Lass uns lieber reingehen.«
»Okay.«
Als wir uns umdrehten und zur Tür schauten, da sahen wir Glenda und Shao. Sie waren nicht mehr im Wohnzimmer geblieben, standen jetzt auf der Türschwelle und blickten uns entgegen.
Shao mit größeren Augen als sonst, und sie sprach auch. »Das sind ja tatsächlich kleine Spinnen gewesen.«
»Habe ich dir doch gesagt. Unsere Freundin ist hier. Was sie geschickt hat, war so etwas wie eine Vorhut.«
»Und warum hat sie das getan?«
»Das kann ich dir auch nicht sagen. Vielleicht wollte sie uns testen, denn möglich ist alles.«
Wir gingen zurück in meine Wohnung. Gern hatte ich es nicht getan. Ich hätte mich am liebsten um Agneta gekümmert. Doch wo sollte ich anfangen zu suchen?
Ich wusste es nicht. Ich musste abwarten, bis Agneta sich meldete.
Ich ging zum Kühlschrank und holte mir Wasser. Das trank ich direkt aus der Flasche.
Suko blickte auf seine Uhr. »Ich hoffe, dass sie uns nicht die ganze Nacht warten lässt.«
»Bestimmt nicht, ich gehe mal davon aus, dass sie sich erst mal von dem Schock erholen wird, den sie durch ihre toten Spinnen erlebt hat. Sie wird mehr als sauer sein, und da hoffe ich, dass sie einen Fehler begeht.«
Ich ging jetzt auf und ab, weil ich einfach nicht ruhig auf der Stelle stehen konnte, ich musste einfach was tun, und wenn ich nur in Bewegung blieb.
Die hörte auf, als sich wieder das Telefon meldete.
»Das ist sie!«, sagte Suko.
Ich hob den Hörer ab und drückte ihn gegen mein Ohr.
Suko hatte sich nicht geirrt. Sie war es tatsächlich, und sie sprach meinen Namen voller Hass aus.
»John Sinclair, ich habe dich in der Leitung.«
»Ist ja nicht zu überhören.«
»Du hast meine kleinen Freunde getötet.«
»Ich weiß, doch es gab keine andere Möglichkeit. Ich hätte sie auch gern verbrannt, aber die Umgebung war dafür nicht gut. Du musst mein Handeln verstehen.«
»Ja, im Nachhinein schon. Es war auch nur so etwas wie ein Vorspiel. Aber die Zeit der Scherze ist vorbei.«
»Und das bedeutet?«
»Ich will dich sehen, Sinclair.«
»Gut. Und wo?«
Es folgte eine Sprechpause. »Du brauchst nicht mal weit zu gehen. Geh einfach aufs Dach, da warte ich auf dich.«
Schluss, mehr sagte sie nicht, und ich kam mir vor wie jemand, dem der Boden unter den Füßen weggezogen worden war.
Suko kam zu mir. Er hatte mithören können und fragte: »Was sollen wir tun?«
»Du nichts. Ich muss was tun.«
»Und was?«
»Ich stelle mich ihr.«
»Das kannst du auch. Aber ich bleibe im Hintergrund.«
Ich hatte nichts anderes von meinem Freund erwartet.
Agneta hatte vom Dach gesprochen, und ich ging davon aus, dass sie längst dort war. Ich war lange nicht mehr dort oben gewesen. Da hatte es früher auch schon Kämpfe gegeben, doch in der letzten Zeit war es ruhig gewesen.
»Welchen Weg sollen wir nehmen?«
»Nur den letzten Teil über die Treppe.«
»Gut.«
Jetzt mischten sich die beiden Frauen ein. »He, wollt ihr auf das Dach?«
»Ja«, antwortete Suko seiner Partnerin. »Wir haben einen Anruf erhalten, dass sie dort wartet.«
»Dann will sie euch in die Tiefe stürzen!«, flüsterte Shao und schüttelte sich.
»Das glaube ich nicht. Außerdem werden wir uns nicht in die Tiefe stürzen lassen.«
Shao nickte. Sie wollte noch etwas sagen, doch ich hatte es eilig.
»Können wir?«
»Ja.«
Es war alles gesagt worden, und so machten sich Suko und ich auf den Weg …
***
Nach dem letzten bewohnten Stockwerk gab es noch eines, und von dort aus gelangten wir auf das Dach des Hochhauses. Dort war es immer windig, das wusste ich. Nur hoffte ich, dass sich der Wind diesmal in Grenzen hielt.
Wir waren in einen schmalen Flur gelangt, der zu einem auf dem Dach stehenden Aufbau gehörte. Er war der Zutritt zum Dach.
Hier oben gab es nur ein schwaches Licht. Aber es reichte aus, um die Tür zu erkennen, die ich öffnen musste, um auf das Dach zu gelangen.
Ich war gespannt, was Agneta vorhatte. Vielleicht würde sie mich anfallen und dann versuchen, mich niederzustechen, wenn sie das Messer bei sich hatte.
Kein gutes Gefühl.
Dennoch öffnete ich die Tür und hatte sie noch nicht richtig offen, als mir der Wind ins Gesicht blies. Ich schob mich hinaus auf das Dach.
Klar, es war dunkel, aber nicht stockfinster. Dennoch mussten sich meine Augen erst an die Verhältnisse gewöhnen, und das
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