Die Spionin im Kurbad
andere Hand und schmiegte sich um den kleinen Pelz.
Die Heisere seufzte leise. Offensichtlich stand auf dem zerknüllten Brief etwas, das sie traurig gemacht hatte.
Nun, das kam unerwartet.
Höchst unerwartet. Aber es sprach für die Kätzin, dass sie ihr Trost gespendet hatte.
Ich schlich mich zu meinem Schuppen und dachte über ihren Namen nach. Die Kleine war etwas Besonderes. Ich hatte es schon gleich nach ihrer Geburt gespürt. Aber wenn sie noch so jung sind, darf man ihnen das noch nicht sagen. Jetzt aber hatte sie ihre Wahl getroffen, und darum würde ich ihr noch eine weitere Unterweisung geben.
Und einen Namen.
Weiß war sie und von edlem Charakter. Möglicherweise würde sie der heiseren Olga helfen können. Auf jeden Fall hatte sie ihr schon mal die Abneigung gegen Katzen genommen. Eine große Leistung.
Ich grübelte noch eine Weile, dann wusste ich es. Und als Olga schließlich aufstand, kam mein letztes Kind zu mir und stupste mich an.
» Mama, darf ich zu Olga?«
» Ja, du darfst. Hüte sie gut. Und bring ihr deinen Namen bei.«
Den flüsterte ich ihr ins Ohr.
Sie schnurrte vor Freude und hopste zurück zu Olga, die das zerknüllte Papier glatt strich und in ihr Retikül steckte. Dann beugte sie sich zu der Katze nieder und streichelte sie.
» Du bist so zutraulich, kleine Weiße.«
Die plapperte munter drauflos.
Und dann passierte es.
Olga bückte sich, hob sie hoch und bettete sie an ihre Schulter. Heiser murmelte sie: » Alinuschka!«
Das war’s also.
Mondscheinpartie
Da ich nun schon seit dem frühen Morgen auf den Pfoten war, verbrachte ich den späten Nachmittag und den frühen Abend schlummernd. Etwas Bratwurst wurde mir gereicht, für die ich einige Augenblicke wach wurde, aber richtig munter wurde ich erst wieder, als Altea durch den Garten zum Törchen ging. Ich also auf und hinterher.
Vincent wartete schon auf dem Weg.
» Mama hat die Liste erstellt. Hier ist sie. Es ist schon eine seltsame Runde, die sich da zusammengefunden hat.«
Er warf einen Blick drauf und nickte.
» Die Langeweile treibt solche Blüten. Und die Geschäftstüchtigkeit. Reiche Witwen, wie die Kommerzienrätin, eine Gräfin, eine italienische Contessa – Biscontis Klientel.«
» Heiratsschwindel. Ich verstehe.«
» Die anderen Herren dieser Runde sind mir bis auf den Oberst nicht bekannt. Und der war an dem Abend, als der Chevalier die Posse mit dem Falschspiel inszenierte, nicht anwesend, sonst hätte ich vermutlich doch davon erfahren.«
Die beiden gingen langsam den Pfad entlang, bis zu der Stelle, wo die schmale Gasse hinter der Kaiserkrone zur Straße führte.
» Was heißt Posse?«
» Ich habe mich mit de Mort unterhalten. Aber darüber plaudern wir bei einer Mondscheinpartie. Altea, vertraust du meinen Fähigkeiten als Kapitän?«
» Hast du eine schnittige Yacht hier liegen?«
» Ein schnittiges Ruderboot.«
» Wie romantisch. Dann werde ich dich ja richtig arbeiten sehen!«
» Ach, ich dachte, wir lassen uns von der Strömung treiben, und du ruderst uns dann zurück.«
» Charmanter Vorschlag. Ist es das?«
Altea war an den Bootssteg getreten, an dem ein Nachen schaukelte.
» Der ist es.« Er sprang hinein und reichte ihr seine Hand. » Darf ich dir behilflich sein, an Bord zu kommen?«
» Das wirst du wohl müssen, Springen ist eine Disziplin, die ich nicht mehr beherrsche.«
Er half ihr vorsichtig in das Boot, und ich – ja, ich beherrschte die Disziplin des Springens ausgezeichnet.
» Himmel, schon wieder diese Katze!«
» Sina? Sina, du willst Boot fahren? Auf dem nassen Wasser?«
Glaub mal nicht, dass ich das gerne tue. Aber ich musste wissen, was los war. Verdammte Neugier. Man musste Opfer bringen. Ich setzte mich neben Altea auf die Bank – die war wenigstens trocken. Dem Boden traute ich nicht. Aber wir beide hatten einen netten Blick auf Vincent, der sich jetzt in die Riemen legte.
» Ist Bouchon ohne Blessuren bei seinem Absturz davongekommen?«
» Er ist gekonnt auf den Pfoten gelandet und schien mehr verdattert als verletzt zu sein. Seinen Appetit hat er jedenfalls nicht eingebüßt. Ich möchte allerdings wissen, was er in dem Baum zu suchen hatte.«
» Sina?«
Ich weiß von nix.
» Was wohl manchmal in den Köpfen dieser Katzen vorgeht?«, fragte Vincent.
» Das frage ich mich nicht, Vincent. Sie sind kluge, wissbegierige Tiere, sie werden ihre Gründe für ihre Handlungsweise haben. Einer davon dürfte unüberwindliche Neugier sein, nicht wahr,
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