Die Spionin im Kurbad
gut.
Mandelgebäck
Auch morgens war noch alles gut. Irgendwann hatte Vincent mich aus dem Boot gehoben und mich auf festem, nicht schaukelndem Boden abgesetzt. Ich sauste auf meinem Weg in den Garten und war lange vor den beiden da.
Na ja, vermutlich mussten sie noch das Boot festmachen.
Jedenfalls lag in der Frühe ein leichtes Strahlen über Altea, und sie machte sich beschwingt auf den Weg, das Frühstück im Kurhotel einzunehmen.
Bouchon würde zu berichten wissen.
Ich drehte meine Runde, kehrte in den Garten zurück, wo Alinuschka Sahne schleckerte.
» Du bist noch hier?«
» Ja, Mama. Olga weiß noch nicht so richtig, was sie mit mir anfangen soll. Aber ich glaube, sie lernt schnell.«
» Du wirst wohl Geduld mit ihr haben müssen.«
» Hab ich. Immerhin hat sie schon nach mir Ausschau gehalten. Und jetzt sitzt sie mit Alteas Mama zusammen und isst so Zeug, das so riecht, wie du gesagt hast, dass es giftig ist.«
» Waas?«
» Ist aber wohl nicht schlimm. Passiert ist ihnen nichts.«
Dennoch war ich auf das Höchste alarmiert.
Ich schlich mich an den Tisch.
Es roch bittersüß, ganz genau. Und Mama nahm eben einen Keks vom Teller. Meine Gelegenheit! Bevor sie ihn in den Mund stecken konnte, sprang ich auf den Tisch und krallte ihn mir. Er flog auf den Boden. Ich das Ding zwischen die Zähne und los.
Mama quiekte, Olga schimpfte.
Aber ich witterte die Gunst der Stunde.
Dort unter dem Rosenbusch, wo Altea mein Kätzchen und ich das Döschen vergraben hatten, scharrte ich den Boden ein bisschen auf. Dann jaulte ich herzzerreißend.
Auf Mama war Verlass. Sie war aufgestanden und kam zu mir. Olga folgte.
» Was hast du, Sina? Hast du dir an dem Keks einen Zahn ausgebissen?«
Ich jammerte noch mal und scharrte wieder an der Oberfläche, dort, wo mein totes Kind lag. Dann schob ich den Keks dorthin.
» Ich versteh das nicht, Sina.«
» Soweit ich weiß, scharren Katzen, wenn sie … mhm … ihre Notdurft verrichten müssen«, kommentierte Olga. » Wir sollten ihr privé respektieren.«
Sie wandte sich ab.
Mir war es recht, denn nun konnte ich das Döschen ausgraben. Erde flog in alle Richtungen. Dann blinkte es unter meinen Pfoten.
Mama beugte sich nieder.
» Was ist denn das? Sina, das ist …«
Ich kratzte noch etwas tiefer, und Mama fasste in die Erde.
» Das Pastillendöschen!«
Olgas Schatten fiel über uns. Sie langte zu.
Mama entzog ihr die Hand und erhob sich.
» Nein, Frau Petuchowa.«
» Geben Sie her.«
Mit einem großen Schritt entfernte Mama sich von dem Rosenbusch. Olga funkelte sie wütend an.
» Ich vermisse ein Döschen dieser Art, Frau von Lilienstern. Man hat es mir gestohlen.«
» Unsinn. Wer stiehlt ein Pillendöschen und vergräbt es im Garten?«
» Ihre Tochter vielleicht? Sie legt oft ein höchst befremdliches Verhalten an den Tag.«
Wieder trat sie näher an Mama heran und versuchte, ihr das Döschen zu entwenden.
Ich heulte, um sie abzulenken. Klappte aber nicht.
Mama klopfte Olga auf die Finger.
» Lassen Sie das!«
» Geben Sie her!«
» Nein.«
Ich kreischte.
Alinuschka schoss vom Schuppendach und krallte sich in Olgas Rock.
Olga schüttelte sie ab, ging auf Mama los. Irrsinn verzerrte ihre Züge.
Mama haute sie.
Olga grapschte nach dem Döschen, Mama schrie.
Olga umklammerte ihre Beute, wollte damit weglaufen.
Prallte gegen den General.
Der krallte sich Olga in einem festen Griff und herrschte sie an: » Was ist denn das für ein Benehmen, Madame Petuchowa?«
Die zappelte.
» Sie hat mir das Döschen aus der Hand gerissen, Herr General.«
Er löste Olgas Finger, die sich um die Dose schlossen, und sie stöhnte. Offensichtlich war die Operation nicht ganz schmerzlos.
» Nehmen Sie, Gnädigste. Und Sie, Madame, beruhigen sich jetzt endlich. Himmel, müssen Künstlerinnen immer so exaltiert sein?«
» Ich bin nicht exaltiert. Ich will mein Eigentum zurück.«
» Das ist nicht Ihr Eigentum. Diese Dose gehörte Bisconti.«
» Frau von Lilienstern?«
» Ja. Er hat mir damals eine dieser scheußlichen Emser Pastillen daraus angeboten. Wir haben das Muster bewundert, und er nannte es orientalisch.«
» Ich habe das nämliche. Billige Bazar-Imitationen kursieren überall.«
» Dann kaufen Sie sich eine neue Bazar-Imitation, Madame!«, fauchte Mama. Sie war jetzt richtig wütend.
» Lassen Sie mich endlich los, General!«
» Nicht, solange Sie sich nicht wie eine Dame beherrschen.«
Olga atmete tief ein und straffte sich.
» Ja,
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