Die Spionin im Kurbad
natürlich. Verzeihen Sie meine Ungehörigkeit, Frau von Lilienstern. Ich habe überreagiert. Meine Nerven sind etwas angegriffen.«
Der General ließ die Arme sinken, und Olga trat einen Schritt von ihm weg.
» Und nun, meine Damen, wollen wir das Döschen einmal näher betrachten. Sie, Gnädigste, behaupten, es habe Bisconti gehört. Wie, so frage ich mich dann, ist es in Ihre Hand gelangt?«
» Die Katze hat es ausgegraben!«
» Wie bitte?«
Oh, könnte ich mit Menschenlauten sprechen!
Ich versuchte es, maunzte, raunzte, brummte und jaunerte.
Alle drei sahen mich an.
» Wo bleibt nur Altea? Sie würde sicher eine Erklärung für dieses seltsame Verhalten haben. Sie kennt sich mit Katzen so gut aus!«
Wohl wahr, Mama!
Kurhotel.
Ich los.
Kaum auf der Straße, sah ich sie schon kommen. Vincent an ihrer Seite. Spurt und Sprint und Jaul!
» Da ist etwas passiert, Vincent.«
Altea hinkte mit großen Schritten zum Haus, Vincent folgte.
» General!«
» Major!«
Zackige Grüße wurden ausgetauscht.
» Kann ich behilflich sein, Herr General?«
» Wie es aussieht, wurde ein Beweisstück im Fall Bisconti – äh – ausgegraben.«
Altea betrachtete das Döschen, und ich rieb mich aufmunternd an ihrem Bein.
» Eine Pillendose. Was enthält sie?«
» Emser Pastillen hat er mir daraus angeboten, Altea. Das habe ich doch schon damals erzählt. Er lutschte die Dinger ständig. Obwohl die so grässlich schmecken.«
Altea streckte die Hand aus, und Mama legte das Döschen hinein.
» Schwer für einen Pastillenbehälter.«
Olga versuchte, sich sehr unauffällig zu entfernen.
Ich setzte ihr nach und maunzte.
» Bleiben Sie bei uns, Madame!«, befahl der General und fasste sie am Ellenbogen.
» Öffne das Ding, Altea«, bat Vincent. » Wir sind neugierig.«
Sie klappte den Deckel auf und betrachtete den Inhalt.
» Vier Pastillen. Aber … irgendwas stimmt damit nicht. Es ist definitiv zu schwer.« Und dann ging ein Leuchten der Erkenntnis über Alteas Gesicht. » Wie habt ihr das Döschen gefunden, Mama?«
» Deine Katze hat es ausgegraben. Da, unter dem Rosenbusch.«
» Unter dem Rosenbusch. Sina, dort, wo wir dein Kind begraben haben?«
» Mau.«
» Und was hat der Keks hier zu suchen, Sina? Hast du den gemaust?«
Altea reichte Mama die Dose wieder und hob mit zwei spitzen Fingern den Keks hoch. Kluge Frau!
» Sie hat ihn mir aus der Hand geschlagen, gerade als ich hineinbeißen wollte.«
Altea sah zu mir hin, betrachtete den Keks. Hob ihn an die Nase. Schnüffelte. Sah zu Vincent. Reichte ihm den Keks. Der roch ebenfalls daran.
» Sinas Kätzchen ist an Rattengift gestorben«, sagte Altea ganz leise.
» Als Rattengift wird Zyankali verwendet«, ergänzte Vincent.
» Und Zyankali riecht nach Bittermandel«, erklärte Altea.
» Und dies hier ist ein Mandelkeks«, stellte Mama nüchtern fest. » Halten Sie Madame Olga fest, General!«
Er hatte sie schon in einem harten Griff gepackt.
» Ich habe damit nichts zu tun«, keuchte sie.
Vincent ging zu ihr.
Doch vor ihm war Alinuschka da. Sie setzte sich vor sie hin, schaute mit ihren schönen grünen Augen zu ihr auf und miaute leise.
» Lassen Sie sie los, Herr General. Sie ist keine Mörderin«, sagte Vincent.
» Herr Major?«
» Ich verbürge mich für sie.«
» Vincent?«
Altea wirkte überrascht und verletzt.
Der General ließ die Heisere los, und sie bückte sich zu Alinuschka, die an ihrem Saum zupfte. Sie nahm das Kätzchen hoch und drückte es an sich.
» Ich wusste nicht, dass eines von ihnen vergiftet wurde«, sagte sie.
» Am Tag bevor Bisconti starb«, antwortete Altea mit sehr kühler Stimme.
» Können wir uns wieder an den Tisch setzen?«
Mama wies mit der Hand auf den verwaisten Frühstückstisch, und die Gesellschaft zog sich in den Schatten der Laube zurück. Ich natürlich hinterher.
Eine Weile herrschte Schweigen. Altea rief die Wirtin und bat um weiteren Kaffee. Die brachte eine große bauchige Kanne und zusätzliche Tassen ohne Murren, und erst als er ausgeschenkt war, ergriff Vincent wieder das Wort.
» Darf ich das Corpus Delicti untersuchen?«
Mama reichte es ihm. Er öffnete es vorsichtig und ließ die vier Pastillen in eine Serviette rollen. Dann roch er an dem Metall, innen und außen.
» Meine Nase ist nicht sensibel genug, um festzustellen, ob es Blausäure enthalten hat. Aber bei den Pastillen wird uns ein Apotheker weiterhelfen. Aber Altea, du hast recht, die Dose ist zu schwer für ihre Größe.«
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