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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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auch wieder nicht. Aber gelegentlich ein wenig schräg in der Treffsicherheit korrekter Töne. Aber was will man machen. Eine Kur dient vornehmlich der Gesundheit und nicht dem Vergnügen.«
    » Dann hoffe ich, Ihre Gesundheit profitiert von dem hiesigen Wasser mehr als von der gebotenen Unterhaltung.«
    » Ach, ein paar kleine Lichtblicke gibt es in der Unterhaltung schon. Haben Sie das heutige Sonntagsblatt gelesen, Herr General?«
    » Natürlich, Gnädigste. Doch was bot Ihnen darin denn nun Unterhaltung? Die Einführung der Gewerbeordnung in Elsass-Lothringen durch unseren Kaiser Wilhelm? Der Handelsvertrag mit Portugal? Oder gar die Erteilung der Exequatur an Ben Campbell Jones als Vizekonsul der Vereinigten Staaten von Amerika für Berlin?«
    » Gewerbeordnung? Ah, sicher. Und Portugal und der Vizekonsul sind bestimmt auch wichtig, aber amüsiert hat mich die Kur aus Sicht eines Schoßhündchens von Aloisius Kattenvoet.«
    » Vermutlich weit bewegender als die politische Lage.«
    » Sie spotten meiner, Herr General.«
    » Nein, Gnädigste. Ich denke nur, dass unsere Interessen hier und da anders gelagert sind. Wie sieht das Schoßhündchen denn die Kurtreibenden? Achtet es auf die Knochen, die sie beim Essen übrig lassen?«
    Mama kicherte.
    » Es ist ein wohlgenährtes Hündchen und richtet seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge als Futter. So hat es sich ausgiebig über sein Frauchen ausgelassen, das es als exaltierte Mimin bezeichnet. Leicht zu durchschauen, um wen es sich dabei handelt. Vor allem hat es ein überaus hündisches Verständnis für Gehorsam und beurteilt die Menschen danach, vor wem sie buckeln.«
    » Autsch, dann sollen das Hündchen und sein Verfasser vor der Zensur auf der Hut sein. Ich werde mir umgehend diese Glosse zu Gemüte führen.«
    » Aber nicht, um das der Obrigkeit zu melden.«
    » Nein, zu meinem eigenen Vergnügen.«
    Da hatte also Altea wieder eine spitze Feder gewetzt. Ihr Gekrakel schien sich zu lohnen, denn der Zeitungsverleger brachte jede Woche eine ihrer Glossen heraus. Ich putzte mir den Latz und wollte mich unter dem Tisch zum Dösen zusammenrollen, was mir auch fast gelang. Das Gespräch über mir verlief leise und in freundlichen Tönen, sodass ich meine Aufmerksamkeit verringern konnte.
    Bis zu dem Augenblick, als Mama ihre Füße unter meinem Bauch zurückzog, was bedeutete, dass sie sich aufrechter hinsetzte.
    » Ja, Herr General, natürlich habe ich mir Gedanken über Alteas Zukunft gemacht. Und auch über die meine. Und natürlich hat sie sich mir anvertraut und von Ihrem höchst ehrenwerten Antrag berichtet.«
    » Sie ist nicht geneigt, ihn anzunehmen.«
    » Ich fürchte, nein. Obwohl sie … Nein, ich lege ihr nichts in den Mund.«
    » Ein alter Knochen wie ich ist nicht der rechte Ehemann für eine schöne, lebensvolle junge Frau. Ein schneidiger Major könnte wohl größere Chancen haben, oder täusche ich mich da?«
    Mama seufzte.
    Ich schnurrte. Der Major hatte ziemlich große Chancen, so aus meiner Sicht.
    » Major de Poncet ist ein ehrenwerter Mann.«
    » Das ist er.«
    » Sie – verzeihen Sie, wenn ich so freimütig frage –, Sie sind nicht in heißer Liebe zu Altea entbrannt?«
    Der General gab einen seltsamen Laut von sich. Und räusperte sich. Und räusperte sich dann noch mal.
    » Höflichkeit ist manchmal beschwerlich, Herr General, Aufrichtigkeit mag wehtun, hilft aber in manchen Fällen mehr als eine freundliche Umschreibung.«
    » Ähm … ja, da haben Sie recht, Gnädigste. Ähm … nein, mein … ähm … Antrag entsprach in erster Linie dem Wunsch, Ihrer Tochter und Ihnen einen … ähm … angemessenen gesellschaftlichen Status zu gewährleisten. Aber es mangelt mir weder an Bewunderung noch an Respekt Fräulein Altea gegenüber. Und Ehen sind schon auf weniger guten Fundamenten geschlossen worden.«
    » Sehr vernünftig und sehr pragmatisch, Herr General. Und sehr freundlich von Ihnen. Darum wage ich Ihnen einen Vorschlag zu machen. Herr General, ich stamme aus einer angesehenen Familie, Landjunker seit Generationen, doch mein Vater hatte sechs Töchter zu versorgen. Trotzdem haben meine Schwestern und ich eine ausgezeichnete Erziehung genossen, und ich habe dem Haushalt meines Mannes mit Sorgfalt vorgestanden. Ich bin verantwortliches Wirtschaften gewöhnt, ebenso wie ich mich in gehobenen gesellschaftlichen Kreisen zu bewegen weiß. Meine Tochter ist erwachsen, und auch wenn ich sehr an ihr hänge, wird sie ihren eigenen Weg

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