Die Spitze des Eichbergs
Leben noch nicht erlebt.«
77. DER MANN IM NEBEL
In der nächsten Sendung von »Kontraste« wurde das Thema noch heißer gekocht. Ein Zeuge im Halbdunkel belastete darin Rudi Assauer, von den Termingeschäften des in U-Haft sitzenden Peter Schwan gewusst zu haben. Wer dieser Zeuge war, wurde nicht gesagt, man sah lediglich seinen Schatten, die Stimme war verfälscht. Laut »Kontraste« habe der Zeuge, der angeblich bedroht wurde, eine eidesstattliche Erklärung hinsichtlich der Richtigkeit seiner Behauptungen abgegeben. Eidesstattliche Erklärung? Hatten wir das nicht schon einmal?
»Assauer wusste, wie die Gelder beschafft wurden. Wie ich das sehe, hat Schwan sich eingekauft und Assauer hat ihm geholfen. Schwan alleine hätte den Geist dazu gar nicht gehabt«, äußerte sich der anonyme Zeuge. Zudem soll Assauer Peter Schwan seit »ungefähr 1988« gekannt haben. Beweise blieben allerdings Fehlanzeige.
Hinter verschlossenen Türen tagte der Ehrenrat des Vereins. An die dreißig Demonstranten hatten sich vor der Geschäftsstelle eingefunden, und parallel dazu jagte eine Pressekonferenz die nächste. Assauer: »Langsam muss ich über die ganze Geschichte lachen. Ich sehe der Angelegenheit gelassen entgegen.« Der Vorstand reagierte mit Bestürzung und Unverständnis auf den ARD-Beitrag. Man wollte nun weitere juristische Schritte gegen die Urheber dieser offensichtlich gezielten Kampagne einleiten. Rudi Assauer kämpfte um seinen Ruf, die BILD titelte: »Columbo Assauer jagt den Mann im Nebel«. »Ich fahnde jetzt solange, bis Ich den >Kontraste-Kerl< erwische. Und dann geht's vor Gericht.«
Wenige Stunden vor der 0:1 -Pleite gegen den 1. FC Kaiserslautern hob der Ehrenrat des FC Schalke 04 den vom Vorstand ausgesprochenen Vereinsausschluss gegen Helmut Kremers und Jürgen Wennekers wieder auf. Die Entscheidung, die aus formellen Gründen getroffen wurde, wirkte für die Chefetage wie eine Ohrfeige und löste neuen Ärger aus. »So ein Verfahren habe ich noch nicht erlebt«, ereiferte sich Präsident Gerd Rehberg. Hintergrund: Teile des fünfköpfigen Ehrenrates sollen zweimal drei Stunden mit Wennekers und Kremers gesprochen, aber auf Erkundigungen beim amtierenden Vorstand verzichtet haben. Das Chaos war perfekt.
Nicht wenige Insider behaupteten, dass hinter den Türen ein Kuhhandel über die Bühne gegangen ist. Denn noch vor der Entscheidung des Ehrenrates war Helmut Kremers als Aufsichtsratsmitglied mit sofortiger Wirkung zurück getreten. Dafür soll ihm die Mitgliedschaft im Klub zugesichert worden sein. Ein offensichtlicher Klüngel, den Herbert Burdenski und Heiner Kördell nicht teilten. Sie legten ihr Amt im Ehrenrat nieder. Initiator dieses »Kuhhandels« soll der ehemalige Präsident Dr. Karl-Heinz Hütsch gewesen sein, mittlerweile 82 Jahre alt.
VERFLUCHTES AMSTERDAM
»Jetzt werden alle Register gezogen. Was dieses Magazin berichtet, ist erstunken und erlogen, und die dafür verantwortlichen Personen putze ich vom Tisch«, schimpfte Rudi Assauer, nachdem das »Kontraste«-Maga-zin erneute Vorwürfe erhob. Danach soll Assauers Auto am 22. März 1995 in Amsterdam gesehen worden sein, als das TV-Magazin von einem Informanten angeblich Beweismaterial gegen Assauer erhalten wollte, die Übergabe unter dubiosen Umständen aber platzte. »Ich war an diesem Tag zusammen mit Peter Peters und unserem Anwalt Fred Fiestelmann in Hünxe und nicht in Amsterdam«, schwor hingegen Assauer.
Der empörte Manager bezeichnete den Bericht als eine »Ohrfeige für die öffentlichrechtlichen Anstalten in Deutschland. Ich frage mich, wer ein Interesse daran hat, mich in ein so schlechtes Licht zu rücken.« Die hanebüchene »Beweiskette«, die die Journalisten des Senders Freies Berlin konstruierten, brachten Assauer nun endgültig auf die Palme: »In der nächsten Folge werden sie wieder einen im Nebel zeigen, und der behauptet: »Ich hab gehört, der hat einen umgebracht«.
Es war wirklich eine TV-Satire über inves-tigativen Journalismus vom Allerfeinsten: null Beweise, 100 Behauptungen. Eine davon war, dass es Fotos gebe, die zeigen sollten, dass sich Assauer und Schwan schon vor 1991 kannten. Aber das Foto konnte es gar nicht geben, deswegen mussten sie im Fernsehen zeigen, wie das Foto angeblich verschwindet.
Nun wollte Assauer Schmerzensgeld vom SFB: »Die haben mir in drei Sendungen nichts nachweisen können. Es gibt auch gar nichts nachzuweisen. Ich werde mehr Schmerzensgeld fordern als Caroline«. Caroline
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