Die Spitze des Eichbergs
der Enthüllung durch Canellas eingeweiht waren.
Wie funktionsunfähig die Maschinerie des DFB war, deutete Hans Kindermann an: Er rechtfertigte seine Untätigkeit - obwohl am Freitag vor dem letzten Spieltag sogar noch der Kontrollausschuss tagte - so: »Herr Canellas hätte sich nicht an mich wenden dürfen. Der Kontrollausschuss hat keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen, weil seine Funktion die einer nachherigen Untersuchung ist. Canellas hätte sich an ein anderes Gremium wenden müssen.«
Ein klassisches Eigentor. Die Mitwisserschaft namhafter DFB-Vertreter wurde weder in der Anklage noch in der Urteilsbegründung erwähnt. Allen war klar, dass es dem Sportgericht nur um eine schnelle »Wiederherstellung des Vertrauens in die Sauberkeit des Sports« ging, nicht aber um eine lückenhafte Aufklärung der Geschehnisse.
Unter dem Druck der öffentlichen Meinung sah man sich zu überschnellen Verurteilungen gedrängt. Canellas war zwar schuldig gesprochen, doch der Schwarze Peter lag nun beim DFB. Der Bundesliga-Skandal kam sogar als Punkt auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestags, der zu klären hatte, ob Verbandsgerichte wie das Sportgericht des DFB rechtsstaatlichen Maßstäben genügen und ob diese Berufsverbote aussprechen dürften. Die Gerichtsbarkeit des DFB schien stark in Frage gestellt. Unter dem Teppich rumorte es gewaltig weiter.
Geschickt am Tonband: Gregorio Canellas
Vorstand und Verwaltungsrat der Kickers tagten in Offenbach und beschlossen, in Berufung zu gehen. Canellas gab indes seinen Amtsrücktritt bekannt, um unbelastet und mit voller Kraft um seine volle Rehabilitation kämpfen zu können.
VORWÜRFE GEGEN RWO
Der DFB stritt mittlerweile bereits an zweiter Front gegen einen anderen Revierverein. Ins Visier wurde Rot-Weiß Oberhausen genommen. Anlass war die Aussage des Kölners Peter-Georg Friesdorf, der behauptete, die Kleeblättler hätten den 4:2-Sieg gegen Köln mit 30.000 Mark erkauft. Im RWO-Vereinslokal »Fritz am Altmarkt« war man erschüttert ob solcher Vorwürfe gegen RWO-Präsident Peter Maaßen und den früheren Trainer Adi Preißler. Die RWO-Fans waren ebenfalls aufgebracht.
Ihr Zorn richtete sich in erster Linie gegen eine Zeitung, die in den vorangegangenen Wochen Stimmung gegen RWO machte und die Kleeblättler als den Buhmann im Skandal hinstellte. Sie kauften alle erreichbaren Ausgaben dieser Zeitung auf und verbrannten sie nach einer öffentlichen Kundgebung in Oberhausen auf dem Altmarkt.
Der DFB aber blieb seiner harten Linie treu und ließ verlauten, dass man auch im Falle Rot-Weiß Oberhausen nicht vor einem Lizenz-Entzug zurückschrecken werde, falls eine Bestechung nachzuweisen wäre.
SCHALKE AUF ENGLAND-TOUR
Schalke bereitete sich indessen auf die neue Saison vor. Der neue Trainer Ivica Horvat nahm seine Arbeit auf und Günter Siebert konnte seine »Traumelf« präsentieren. Die schöne Zeit des Faulenzens an der Costa Brava war vorbei, Schalke testete seine Form gegen britische Mannschaften. Erster Gegner war der Traditionsverein Derby County, gegen den man gleich eine 1:3-Niederlage kassierte. Am folgenden Sonntag erfolgte der Start der Schalker Mannschaft ab Düsseldorf nach Schottland mit Zielhafen Edinburgh.
Insgesamt sollten Tests gegen Hibernian Edinburgh, Cardiff City und Derby County (Rückspiel) stattfinden. Rolf Rüssmann zur England-Reise: »Im Mutterland des Fußballs können wir noch einiges lernen. Wir haben ein straffes Trainingslager hinter uns und können die Kondition gegen die englischen Profis nur verbessern.«
Und Schalke schlug sich gegen die Hibernians (Tabellendritter der schottischen Liga) tapfer. Vor 10.000 begeisterten Zuschauern, die vor allem Norbert Nigbur wiederholt Beifall spendeten, erzielte man bei strömendem Regen ein beachtliches 0:0. Gegen Cardiff (3:5) und Derby County (0:2) gab es aber wieder zwei Lehrstücke. Ivica Horvat war aber dennoch nicht unglücklich mit den Spielen seiner Mannschaft.
Der jugoslawische Trainer glaubte übrigens fest daran, dass sich der Bundesliga-Bestechungsskandal nicht weiter negativ auf Schalke auswirken werde: »So etwas wird schnell vergessen, vor allem dann, wenn die Mannschaften mit guten Leistungen aufwarten werden. Dann wird der verloren gegangene Kredit schnell wieder eingespielt. Auch Vorstände und Trainer müssen eine seriöse Arbeit leisten.«
Tatsächlich schien der Skandal auch keinerlei Wirkung auf den Besuch der Spiele in der Glückauf-Kampfbahn zu haben. Wie Margot
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