Die Spitze des Eichbergs
Stelter von der Schalker Geschäftsstelle der Presse mitteilte, lief der Verkauf der Vormietkarten, so hießen damals die Dauerkarten, besser als in den Vorjahren. Eine solche Vormietkarte für die Haupttribü-ne kostete damals 270 Mark, eine Einzelkarte für einen überdachten Stehplatz 7,50 Mark.
ERSTE GESTÄNDNISSE
Der Skandal zog weiter seine Kreise, und immer mehr Vereine gerieten in den Skandal-Strudel: Als erster Spieler hatte bald Hans Arnold vom VfB Stuttgart zugegeben, vom Bielefelder Spieler Jürgen Neumann 45.000 Mark für eine 0:1-Niederlage erhalten zu haben.
Das Geld habe er dann mit seinen Stuttgarter Mitspielern Weiß und Eisele geteilt. Die Stuttgarter Vereinsführung bekam einen Wink von Canellas, der von Arnolds Aktion wusste. Stuttgart vernahm daraufhin die gewählten Mannschaftssprecher Koppel, Haug und Arnold.
Als Arnold auf harte Fragen der Vereinsführung nur ungenau antwortete, nahm ihn der VfB-Präsident Weitpert unter vier Augen in die Mangel. Er legte schließlich ein Geständnis ab, das er später gegenüber Kindermann bestätigte.
Hans Arnold wollte es ganz schlau anfangen und auf Nummer Sicher gehen. Als er die 45.000 Mark von Neumann kassiert hatte, gab er dem Geldgeber zwar eine Quittung, händigte ihm diese aber nicht aus.
Die Quittung wurde in einem Banksafe deponiert, zu dem Arnold den Schlüssel hatte. Nach einer Niederlage wollte Arnold die unbequeme Quittung dann verbrennen, für den Fall eines VfB-Sieges wäre die Quittung als Faustpfand bei Neumann geblieben. Die gut eingefädelte Geschichte hat jedoch nicht geklappt. Irgendwie gelang es Neumann, eine Fotokopie der Quittung herzustellen, die jetzt Arnold das Genick gebrochen hatte.
Die betroffenen Vereine handelten sofort und beurlaubten Arnold und Neumann. Es schien ein Alleingang dieser Spieler gewesen zu sein, doch eine Frage blieb: Wer beauftragte Jürgen Neumann, die 45.000 Mark Schmiergeld zu zahlen?
VfB-Präsident Weitpert schien mit seiner Aussage »Wir sehen nur die Spitze eines Eisbergs« Recht zu behalten, denn nur drei Tage später sollte auch Schalke schon wieder mit in den Skandal hinein gezogen werden.
Die Bild-Zeitung titelte in ihrer Samstagsausgabe: »Bei Schalke 04 lief ein krummes Ding«. In dem Artikel - noch ohne beweiskräftiges Material - war davon die Rede, dass sich ein neuer Zeuge der Zeitung gestellt habe und bereit wäre, vor dem DFB-Kontrollausschuss auszusagen: »Ich bin vom Bielefelder Spieler Dieter Schulz angesprochen worden, für die Arminen Spiele zu kaufen. Ich habe von ihm gehört, dass auch bei Schalke ein krummes Ding gelaufen ist«.
20. EIN KRUMMES DING
»Bei Schalke 04 lief ein krummes Ding«, titelte die Bild-Zeitung Anfang August 1971. Ein neuer Zeuge habe sich der Zeitung gestellt und sei bereit, vor dem Kontrollausschuss des DFB auszusagen. Nach Köln, Bielefeld, Hertha, Stuttgart nun auch Schalke? Die Skandalwelle schwappte nun wieder auch auf Gelsenkirchen zu.
Kleine Fische für Fischer
BILD LÜGT?
Bei dem Zeugen handelte es sich um den Essener Baukaufmann Erwin Sirrenberg. Er spielte früher zusammen mit dem Bielefelder Spieler Dieter Schulz beim Verbandsligisten VfB Bielefeld. Schulz, Sirrenberg und der Arminen-Spieler Jürgen Neumann trafen sich nach telefonischer Verabredung Ende Mai in der Autobahnraststätte Gütersloh.
In dem Gespräch ging es nach Angaben von Sirrenberg darum, dass er von Schulz gebeten worden sei, gegen Geld etwas für die Arminia zu tun, weil er doch im Ruhrgebiet viele Spieler kenne. Sirrenberg: »Dieter Schulz sagte, wenn du uns hilfst, wird es bestimmt nicht dein Schaden sein. Wir haben schon einiges unter Dach und Fach gebracht. Ich habe da so gewisse Vollmachten. Auch mit Deinem Heimatclub Schalke 04 ist das Ding geschaukelt worden.«
Völlig entrüstet reagierte der Schalker Geschäftsstellenleiter Hans Hörstermann auf die Berichte der Bild-Zeitung: »Ich lese diese Zeitung schon lange nicht mehr. Das ist zwecklos. Ich verweise nur auf die Anschuldigung von Canellas, dass unser Schatzmeister Heinz Aldenhoven das Spiel gegen Offenbach mit einer Niederlage für 100.000 Mark verkaufen wollte. Als Canellas bei einer Gegenüberstellung mit Aldenhoven die Beweise vor dem DFB-Sportgericht auf den Tisch legen sollte, hüllte er sich in Schweigen.«
BUNDESLIGASTART PLANMÄßIG
Trotz der Schlammschlachten konnte die Bundesliga-saison 1971/72 planmäßig starten. Zum Auftakt in Hannover reiste die Schalker Mannschaft am Freitag nach dem
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