Die Spitze des Eichbergs
Verwaltungsrat des FC Schalke 04 am Sonntagmorgen kurz nach elf den Rücktritt Günter Sieberts bekannt. Sie stellten Dr. Hans-Joachim Fenne, einen 44 Jahre alten Unternehmensberater aus Gladbeck, als Nachfolger vor und präsentierten zugleich auch dessen Stellvertreter, den Gelsenkir-chener Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Hadden-horst (Verteidiger von Vera Brühne). Außerdem wurde die Presse über die Verpflichtung eines Managers unterrichtet. Als Manager eingestellt wurde - jetzt haltet Euch fest - der soeben vom Präsidentenamt enthobene Günter Siebert.
Der nächste bitte: Dr. Hans-Joachim Fenne übernahm die Macht
Das war mal wieder typisch Schalke! Am langen Tisch sah man ebenso lange Gesichter. Verblüffung und Ratlosigkeit stand in den Mienen. Ob man denn keinen Widerspruch darin sehe, ausgerechnet Siebert, den gestürzten Präsidenten, als »Technischen Direktor« zu verpflichten? Und das zumal Sieberts Führungs-Methoden schon eine Woche zuvor den Rücktritt seines Stellvertreters Dr. Brauckmann ausgelöst haben sollten.
Aber warum das ganze überhaupt? Siebert soll wider aller Absprachen die Prämien erhöht und Vertragsbedingungen verbessert haben. Zudem lag der Verdacht im Raum, dass bei der Verpflichtung von Dzoni und Boljat 875.000 Mark Schalke verlassen, aber 700.000 Mark nur den Balkan erreicht haben sollen. Ein Prüfungsbericht des Verwaltungsrats wurde angeordnet, er sollte bis zum Jahresende Klarheit bringen. Dr. Had-denhorst ergänzte: »Wir hätten Herrn Siebert nicht zum Manager gemacht, wenn der Bericht Unredliches aufgedeckt hätte.«
Nach Fennes Darstellung habe man schon lange daran gedacht, die Strukturen des Vereins zu reformieren, auch um diverse Verdächtigungen gegen Siebert zu entkräften: »Wir haben der Öffentlichkeit klar gemacht, dass Herr Siebert jetzt ein fest angestellter Mann mit festumrissenem Aufgabengebiet ist.« Siebert, über zehn Jahre an der Spitze des Vereins, saß schweigend und teilnahmslos dabei. Als ihn dann einer fragte, antwortete er wie abwesend. Dieser Schritt, so sagte Siebert, sei notwendig gewesen, sei bedingt worden durch die »finanzielle Situation des Vereins«. Es gebe Engpässe gegenüber Kredit-Instituten, und diese Zwangslage sei nur durch ein »neues, klares Konzept« zu ändern gewesen.
Der Rest war Floskel. Siebert, vor drei Jahren schon einmal unter dem damaligen Präsidenten Dr. Hütsch in einer ähnlichen Situation, versicherte seinen neuen Vorgesetzten die Bereitschaft zur vorurteilsfreien Zusammenarbeit: »Von meiner Seite besteht volles Vertrauen zu den Vereinsgremien.«
Präsidenten-Neuling Dr. Fenne, Schalke-Mitglied seit 1963, verheiratet, zwei Kinder (Zwillinge), Freizeit-Golfer, bat um Fairness bei der Bewältigung der Zukunft: »Lassen Sie uns unter die Vergangenheit einen Strich ziehen. Geben Sie uns eine Chance.« Das war um 12 Uhr mittags. High Noon am ersten Advent. Auch Trainer Gyula Lorant hatte nicht mehr den erforderlichen Rückhalt beim neuen Präsidium. Zudem müpften die Spieler auf.
Klaus Fischer: »Was man nicht kann, muss man üben. Aber bei uns im Training werden Runden gedreht, obwohl wir spielerisch arm sind.« Und Torwart Norbert Nig-bur giftete: »Wir spielen, wie wir trainieren.« Gemessen am letzten Spiel (0:2 gegen Leverkusen) musste dieses Training katastrophal sein.
41. DEN GÜRTEL ENGER SCHNALLEN
Der neue Vorsitzende Dr. Hans-Joachim Fenne hatte das Ruder des Vereins übernommen. Finanziell lag Schalke schon fast am Boden, und auch der Trainer Gyula Lorant wankte. Die Weihnachtszeit 1979 nahte, doch gnadenbringend war diese in keinster Weise. Schalke ging wirklich harten Zeiten entgegen.
»Müssen wir uns den teilen?«, fragte Uli Maslo, mittlerweile Trainer der Eintracht Braunschweig, nach dem 1:0-Sieg der Schalker im heimischen Parkstadion auf der Pressekonferenz, und meinte damit den Plastikbecher Kaffee, den sein Kollege Gyula Lorant zur Hälfte leergeschlürft hatte. Doch für ihn hatten sie doch noch einen Extra-Becher auftreiben können. Weit gefehlt, wer meint, das wäre noch eine Selbstverständlichkeit bei Schalke 04. Vorbei waren die Zeiten, da sich die Trainer nach zwei Stunden Kälte auf der Bank noch mit einem Weinbrand erwärmen konnten. Vergangen auch die geradezu sinnlose Verschwendung, den Spielerfrauen nach dem Schlusspfiff belegte Schnittchen zu reichen. Alles gestrichen.
Für die anwesenden zwanzig Journalisten gab es 200 Gramm Kleingebäck, also 10 Gramm für jeden. Aber mehr war
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