Die Sprache der Macht
mit der Süddeutschen Zeitung erklärte sie dazu: „Ich habe einen typischen Frauenfehler gemacht und bin zu bescheiden aufgetreten. Ich dachte, ich brauche nicht hier den Aufsichtsratsposten und dort den Sitz im Verwaltungsrat. Und wenn mein Vorgänger den Fahrer noch vier Wochen länger behalten will, ist das auch kein Problem.“
Ohne ein Mindestmaß an Dominanz dürften Sie es schwer haben, sich als Führungskraft zu behaupten. Dabei ist es nicht allein damit getan, dass Sie gegenüber „Ihren Leuten“ die dominante Rolle übernehmen. Auch im Kontakt mit anderen Führungskräften oder externen Fachleuten dürfen Sie nicht ins Hintertreffen geraten, sonst schwindet der Respekt – auch und gerade bei „Ihren Leuten“. Sind Sie dagegen auch nach außen hin durchsetzungsstark, finden Sie eher Unterstützung. Denn Ihre Stärke strahlt auch auf diejenigen ab, die Sie führen.
Die Nachteile der Dominanz
Doch hat die Dominanz auch so ihre Schattenseiten und ihre natürlichen Grenzen, denn es ist sehr kräftezehrend, ständig zu dominieren. Daher ist es ein Gebot der Ökonomie, sich dann und wann zurückzunehmen und anderen das Feld zu überlassen, vorzugsweise auf Arrealen, auf die es nach eigenem Urteil nicht so sehr ankommt, den bereits erwähnten „kleinen Machtgebieten“.
Ausgefuchste Machtstrategen werden darüber hinaus aus ganz anderen Gründen dann und wann zurückstecken. Denn wer in einer bestimmten Angelegenheit die Führungsrolle übernimmt, der kann später auch für die Folgen verantwortlich gemacht werden. Zwar gibt es Mittel und Wege, Verantwortung loszuwerden; aber sie zu nutzen erfordert nicht nur einiges Geschick, man sollte auch nicht allzu oft von ihnen Gebrauch machen. Daher halten sie es zuweilen für vorteilhafter, anderen das Steuer zu überlassen – wenn sie sich in der Sache nicht auskennen oder sich die Konsequenzen lieber nicht zurechnen lassen möchten.
Zwei weitere Aspekte sind zu beachten: Wer die dominante Rolle übernimmt, der erregt selten Sympathie, in manchen Fällen gar eine tiefsitzende Abneigung. Vor allem, wenn sich die Gegenseite selbst Chancen ausgerechnet hat und sich gedemütigt fühlt, weil ihr die Sache aus der Hand genommen wurde. Mitunter entsteht der brennende Wunsch, es bei nächster Gelegenheit heimzuzahlen. Damit muss man zurechtkommen. Dominante Menschen können das. Sie haben keine Angst sich unbeliebt zu machen und treffen Vorsorge, dass ihre Konkurrenten keine Gelegenheit bekommen, sich zu revanchieren.
Vielleicht der wichtigste Minuspunkt aber ist: Wer dominiert, der findet keinen Zugang mehr zu den Gedanken, Wünschen und Hoffnungen seiner Mitmenschen. Man öffnet sich nicht einer Person, von der man annimmt, dass sie die kleinste Schwäche ausnutzen wird. Nur Berufseinsteiger oder Mitarbeiter, die sich ein ungewöhnlich hohes Maß an Naivität bewahrt haben, geben dann noch nützliche Hinweise und ein halbwegs aufrichtiges Feedback, das der Dominierende braucht, um seine Position zu festigen oder sogar auszubauen.
Es ist ein Phänomen, das sich immer wieder beobachten lässt: Sobald eine Führungskraft die Fähigkeit perfektioniert hat, ihre Mitmenschen zu dominieren, erleidet sie fast zwangsläufig einen Realitätsverlust. Wie sollte es auch anders sein? Sie muss sich ja über die anderen erheben, ihnen den Weg weisen und deren eigene Vorstellungen (im Falle der Abweichung) vom Tisch wischen. Sie ist diejenige, auf die es ankommt. Dafür hat sie lange genug gekämpft. Doch nun ist sie nur noch umgeben von Jasagern und Marionetten – keine günstige Voraussetzung, um gute Entscheidungen zu treffen.
Sprache der Macht im Alltag: Macht durch Dominanzverzicht
Aus der Perspektive des kalkulierten Machterhalts betrachtet, sollten auch sehr machtbewusste Menschen immer wieder auf Dominanz verzichten: um ihre Kräfte zu schonen, um die Verantwortung einem anderen zu überlassen, um sympathisch zu wirken oder um sich Zugang zu Informationen offenzuhalten, die ihnen in der dominanten Rolle nicht zugänglich sind.
Begegnungen auf Augenhöhe
Manche Autoren, wie der Managementtrainer Tom Schmitt, gehen so weit zu behaupten, dass es ein ausgewogenes Verhältnis, die vielfach beschworene „Begegnung auf Augenhöhe“, gar nicht geben kann, weil immer eine Seite die Vorherrschaft haben muss. Auch wenn es gerade in Hinblick auf unser Thema eine interessante Perspektive ist, wer gegenüber wem wodurch dominiert, so halte ich halbwegs ausgeglichene
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