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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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in dem Ruf stehen, eher zu Weichmachern zu greifen als Männer. Sprachlich schwächen sie dadurch ihre Position; sie werden weniger ernst genommen und geraten gegenüber denen ins Hintertreffen, die auf jedes sprachliche Polster verzichten.
    „Wie wollen Sie hier arbeiten?“
    Heilloses Durcheinander im Büro von Herrn Tiffert. Seine Vorgesetzte, Frau Stadelmann, kommt herein und schüttelt den Kopf. „Wie wollen Sie hier arbeiten?“ – „Ach, kein Problem“, erwidert Herr Tiffert versonnen. Frau Stadelmann bemerkt bitter: „Also, ich würde an Ihrer Stelle mal aufräumen.“ Sie schüttelt den Kopf und geht.
    Kurze Zeit später betritt die Projektleiterin Frau Heinze das Büro. „Was ist denn hier los?“ entfährt es ihr. „Schaffen Sie hier Ordnung, Herr Tiffert!“ – „Ich bin aber noch mit dem Auftrag für Frau Stadelmann beschäftigt“, verteidigt er sich. Frau Heinze erwidert trocken: „Ein Grund mehr, hier gründlich aufzuräumen.“
    Vermeiden Sie das Wörtchen „weil“
    Was Sie vielleicht noch nicht gewusst haben: Auch Begründungen und Erklärungen sind Weichmacher. Sie schwächen damit Ihre Anweisung. Das mag uns nicht behagen, weil wir annehmen, eine Anweisung werde überzeugender, wenn sie begründet wird. Haben nicht die Leute, die am Fotokopierer anstanden (→ S. 29, „Vordrängeln am Kopierer“), gerade diejenigen vorgelassen, die eine Begründung gaben? Nun, das stimmt schon, nur handelte es sich eben nicht um eine Anweisung, sondern um eine Frage oder eine Bitte. Und auch wenn sie ihren Willen durchgesetzt haben – dominant aufgetreten sind sie nicht. Ja, wir dürfen vermuten, sie wurden vorgelassen, weil sie sich nicht dominant verhalten haben. So ist das nämlich bei einer Bitte; sie verträgt sich schlecht mit der überlegenen Position. Natürlich kann jemand eine Bitte an uns herantragen, der wesentlich mächtiger ist als wir. Doch er macht sich dadurch kurzzeitig klein und begibt sich in eine unterlegene Position, sonst tun wir ihm den Gefallen eben nicht.
    Eine Anweisung harmoniert hingegen sehr wohl mit Dominanz. Und sprachlich wird Dominanz stärker, wenn eine Anweisung nicht begründet und nicht erklärt wird. Warum ist das so? Weil wir uns rechtfertigen, sobald wir ein erklärendes „Weil“ oder „Denn“ in den Mund nehmen. „Lassen Sie mich durch, denn ich muss zum Zug.“ Das klingt deutlich schwächer als das bloße „Lassen Sie mich durch.“ Und „Lassen Sie mich durch, weil ich zum Zug muss“ wirkt so matt, dass es ohnehin niemand sagt.
    Mit einer Begründung unterstellen wir, dass unsere Anweisung erklärungsbedürftig ist. Das zerstört den dominanten Gestus. Sie argumentieren statt zu fordern. Auf diese Weise übernehmen wir nicht den dominanten Part. Im Gegenteil: Durch die Begründung bieten wir dem anderen sogar noch eine Angriffsfläche. „Seien Sie mal nicht so hektisch.“, könnte Sie ein dominanter Gegenspieler zurechtweisen. „Der Zug fährt erst in fünf Minuten.“
    Und doch ist es richtig: Wenn Sie mir die Gründe für Ihre Anweisung mitteilen, verstehe ich sie besser. Sie wird tatsächlich überzeugender. Ich werde mich weniger gegen sie sperren, als wenn ich keine Ahnung habe, worauf Sie überhaupt hinauswollen. Deshalb gibt es einen kleinen Trick: Sie verzichten einfach auf das einleitende „Denn“ oder „Weil“ und teilen die Gründe in einem einfachen klaren Hauptsatz mit, der Ihnen nichts von Ihrer Dominanz nimmt. Nach dem Muster: „Lassen Sie mich durch. Ich muss zum Zug.“
    Sprache der Macht im Alltag: Weichmacher und Dominanz
    Ihre Aussagen strahlen Dominanz aus, wenn Sie auf Weichmacher verzichten.
    Wann Sie doch Weichmacher einsetzen sollten
    Aber seltsam: Hin und wieder begegnen wir ihnen eben doch, den Weichmachern. Dabei werden sie überraschenderweise auch von Menschen benutzt, die keineswegs als durchsetzungsschwach gelten. Und doch polstern sie ihre Statements und Anweisungen mit den umständlichen Floskeln und Versatzstücken, die ein Machtmensch meiden soll: „Ich würde meinen“, „wenn ich das mal so sagen darf“, „vielleicht lassen Sie mich“ oder „erlauben Sie mir vielleicht kurz“.
    Ein Stück weit Wolfgang Schäuble
    Politiker greifen immer wieder gerne auf Weichmacher zurück. Nicht immer zu ihrem Vorteil. Jemand, der einen ausgesprochen versierten Gebrauch von ihnen macht, ist Wolfgang Schäuble. Er ist vermutlich der einzige Politiker, der auch dann noch einen starken Eindruck macht, wenn er

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