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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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und als erster den Pflock eingeschlagen. Das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Aber ein Startvorteil bedeutet natürlich noch lange nicht den Sieg. Nicht ohne Grund halten sich viele Alphatiere bei Diskussionen erst einmal zurück (→ S. 80, „Dominanz bei Besprechungen“). Die Sache ist nur: Er muss jetzt mehr tun, um seinen Gegenspieler noch zu überflügeln. Er muss bessere Argumente bringen, die des anderen widerlegen oder lächerlich machen und vor allem muss er eine stärkere Dosis Dominanz aufbieten. Hat er es mit einem ebenbürtigen Gegenspieler zu tun, wird es schwer.
    Aber es gibt noch einen hinterhältigen Trick, den erfahrene Entscheider gerne einsetzen, wenn sie merken, dass sie allmählich ins Hintertreffen geraten: Sie versuchen die Entscheidung zu vertagen. Vor allem zwei Gründe kommen in Betracht: Es müssen noch wichtige Informationen beschafft werden oder es sollten Personen in die Entscheidung „einbezogen“ werden, die heute leider nicht anwesend sind. Im Notfall werden sie den „Klärungsbedarf“ auch konstruieren oder erfinden. Inder Hauptsache geht es darum zu verhindern, dass die Entscheidung jetzt getroffen wird.
    Beim nächsten Mal schlagen sie den ersten Pflock selbst ein. Sollte die Gegenseite etwas dagegen haben, können sie immer darauf hinweisen, dass beim letzten Mal die anderen als erste zu Wort gekommen sind und es ja wohl nun ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit ist, wenn sie heute beginnen. Die Entscheidungssituation ist nun eine völlig andere. Mit dieser Taktik kann nicht nur der Startvorteil genutzt werden, auch die Argumente der Gegenseite sind nun schon bekannt.
    Und was lässt sich dagegen tun, wenn jemand mit einem vernichtenden Urteil vorprescht? Am besten ist es, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Tatsächlich sprechen sich manche Teilnehmer vor einer Sitzung ab und lassen sich erst mal von einem Verbündeten loben. Auch bei öffentlichen Veranstaltungen „mit Diskussion“ können überzeugte Anhänger als erste das Wort ergreifen, um den Vortragenden in ein günstiges Licht zu setzen (davon sollten Sie sich umgekehrt natürlich nicht beeindrucken lassen, sondern umso argwöhnischer reagieren). Wurde ein vernichtendes Urteil nun aber ausgesprochen, so gibt es nur eine Methode, es halbwegs zu neutralisieren: Man muss es sofort als parteiische Äußerung entlarven. In der Art: „Von Ihnen hatte ich jetzt auch nichts anderes erwartet. Sie arbeiten selbst an so einem Projekt und sind voreingenommen.“
    Machtfragen
    „Die etwas fragen, die verdienen Antwort.“ – Bertolt Brecht: Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration
    Wer fragt, der führt, heißt es, doch kommt es sehr auf die Art der Frage an. Denn es gibt natürlich Fragen, mit denen man sich als der Unterlegene zu erkennen gibt. Dabei muss es sich keineswegs um besonders harmlose oder angenehme Fragen handeln. Denken Sie an das Beispiel Columbo (→ S. 41). Aber auch im beruflichen Alltag kann derjenige, der sich unterordnet, mit seinen interessierten Fragen für erhebliche Unruhe sorgen, bringen sie den Dominanten doch zum Sprechen. Und gelegentlich ist das, was er sagt, nicht eben beruhigend, sondern entlarvend.
    Unterlegene Fragen
    Es gibt Fragen, die den aufwerten, der sie gestellt bekommt. Eine Kollegin erkundigt sich: „Sagen Sie einmal, wie ist es denn eigentlich mit dem neuen Abrechungssystem?“ Und Sie mit Ihrem überlegenen Fachwissen erklären es ihr. Ohne jeden Zweifel dominieren Sie in dieser Situation. Sie sind eine „gefragte Frau“ oder ein „gefragter Mann“. Das verleiht Ihnen Bedeutung und Macht.
    Wie stark solche Fragen den Befragten aufwerten, lässt sich bei jeder Expertenrunde beobachten. Teilnehmer, die ständig befragt werden, dominieren. Mit jeder Frage werden sie noch ein Stück wichtiger, während ihre Kollegen, von denen niemand etwas wissen will, in der Bedeutungslosigkeit versinken. Der Effekt ist so stark, dass häufig geradezu automatisch gegengesteuert wird, wenn die wichtigste Person zu wenig Fragen gestellt bekommt.
    Fragen an den Vorstandschef
    Bei einer Unternehmensversammlung stellt sich der Vorstand den Fragen der Belegschaft. Moderiert wird das Ganze von einer erfahrenen Gesprächsleiterin. Die meisten Fragen richten sich an den Personalvorstand, der ein breites Lächeln immer weniger unterdrücken kann. Der Vorstandsvorsitzende lässt erste Anzeichen von Unruhe erkennen. Da greift die Moderatorin

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