Die Sprache der Macht
Gruppenteilnehmer geradezu unvermeidlich. Wenn er es nicht tut, dann macht es keiner. Aber dass sein Konkurrent einen Fehler macht, sich eine Blöße gibt, Unsinn redet und einfach davonkommt – unvorstellbar für jemanden mit Ambitionen auf die Alphaposition. Mängel müssen daher beim Namen genannt werden. Und wenn er die Kritik an einem aussagekräftigen Detail festmachen kann, dann wird er damit auch andere überzeugen. Ja, womöglich sehen sie es als willkommene Gelegenheit, selbst ein wenig Kritik zu üben. Wenn es um das Thema Abwerten geht, gilt daher der Grundsatz: Einer muss den Anfang machen.
Der unpassende Begriff
„Herr Weichert“, verkündet sein Kollege, Herr Kleindienst, lauernd. „Sie haben da vorhin einen Begriff benutzt, der hat mir gar nicht gefallen …“ Herr Weichert gibt sich ahnungslos: „Ach ja?“ – „Haben Sie eine Vermutung, um welchen Begriff es sich handelt?“, fragt Herr Kleindienst leise. Herr Weichert runzelt die Stirn. „Nein“, erklärt er trotzig. Herr Kleindienst zieht die Schlinge zu: „Nun, Sie haben die Mitarbeiter vom Innendienst die Schreibtischtäter genannt. Herr Weichert, wissen Sie, was man unter einem Schreibtischtäter versteht?“
„Nicht böse sein“
Dominante Abwertung bedeutet keineswegs, ruppig zu sein. Eine richtig abgefeimte Methode, sich über ein Gruppenmitglied zu erheben, wirkt auf den ersten Blick ganz harmlos. Sie besteht darin, seinemkritischen Hinweis eine Beschwichtigungsformel vorauszuflöten: „Bitte nicht böse sein.“ Lassen Sie sich von dem besorgten Gestus nicht täuschen. Solche Bemerkungen sind ein klares Dominanzsignal. Wer jemanden auf einen kritikwürdigen Punkt hinweist, mit der Bitte, „nicht böse“ zu sein, der spuckt ihm von oben auf den Kopf.
Es wird nämlich unterstellt, der Kritisierte würde jetzt normalerweise unsachlich werden, wütend, böse und gefährlich. Doch der freundlichen Bitte sei Dank hält er sich gerade noch zurück. So wie das Hinweisschild „Bitte nicht rauchen“ ja auch nur dort benötigt wird, wo die Menschen ansonsten hemmungslos qualmen würden. Deshalb ist es eine wirkungsvolle Gegentaktik, genau das anzusprechen, wenn einen jemand bittet, auf seinen kritischen Hinweis hin nicht böse zu werden. Wenn es sich um eine harmlose Angelegenheit handelt: „Wie kommen Sie auf die Idee, ich könnte böse werden?“ Und wenn die Kritik unfair, unsachlich oder überzogen ist: „Ihrer Bitte kann leider nicht entsprochen werden.“
Die Diskussion immer wieder zusammenfassen
Eigentlich ist es Aufgabe des Moderators: Wenn das Gespräch etwas erlahmt oder sich im Kreis dreht, dann fasst er das bisher Gesagte kurz zusammen und fragt anschließend: „Gibt es weitere Punkte, die wir noch nicht angesprochen haben?“
Gibt es bei der Besprechung keinen Moderator (oder sind seine Fähigkeiten begrenzt), so übernehmen diese Aufgabe gerne Teilnehmer, die nach Dominanz streben. Denn wer das Gespräch an den kritischen Punkten immer wieder zusammenfasst, der bekommt innerhalb der Gruppe erhebliches Gewicht. Diese Person wird förmlich zum Kraftzentrum der Gruppe, gegen das sich auch ranghohe Mitglieder nur schwer behaupten können.
Nicht ohne Grund soll sich ja ein Moderator aus der Diskussion heraushalten und neutral bleiben. Er hat kein Mitspracherecht und darf auch nicht mit abstimmen, sondern ist allein dafür verantwortlich, dass der Rahmen stimmt. Übernimmt hingegen ein vollwertiges Gruppenmitglied diese Aufgabe, so macht es sich gleichsam zum Sprecher der Gruppe. Dazu braucht es allerdings die Anerkennung der übrigen Mitglieder. Und die bekommt es nur, wenn es seiner Aufgabe gerecht wird, die Diskussion zutreffend zusammenfasst und keine Argumente unter den Tisch fallen lässt.
Sprache der Macht im Alltag: Konsensorientierte Persönlichkeiten im Vorteil
Mit dieser Methode können vor allem konsensorientierte Persönlichkeiten ihren Status erhöhen und womöglich die gesamte Gruppe dominieren. Sogar gegenüber dem Chef – wenn der nämlich einem der zerstrittenen Lager zuzurechnen ist. Wer hingegen polarisiert, für den ist diese Methode ungeeignet.
Dominanz durch Redezeit
Es wäre ein Fehlschluss anzunehmen, dominante Teilnehmer würden stets erst einmal anderen das Feld überlassen, um am Ende des betreffenden Tagesordnungspunkts „den Sack zuzumachen“. Das kann zwar eine sehr wirksame Strategie sein. Doch setzt sie voraus, dass sie bereits einen hohen, wenn nicht den höchsten Status
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