Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
Vom Netzwerk:
Alltag: Der „übergangsrelevante Ort“ portioniert den Redebeitrag
    Der „übergangsrelevante Ort“ ist eine äußerst nützliche Einrichtung: Er portioniert den Redebeitrag, schafft die Möglichkeit für andere, das Wort zu übernehmen, ohne uns ins Wort zu fallen. Wer besonders zuhörerfreundlich spricht, schafft daher immer wieder solche „übergangsrelevanten Orte“. Dominante Sprecher zögern ihn hinaus. Sprecher, die sich stark unterordnen, schalten bereits einen „übergangsrelevanten Ort“ ein, wenn sie den Gedanken noch gar nicht zu Ende entwickelt haben.
    Für unser Thema sind die „Regeln des Turntaking“ so interessant, weil sich an ihnen zeigen lässt, wie manche Teilnehmer die Gruppe dominieren. Entweder, indem sie die Regeln zu ihren Gunsten ausreizen oder indem sie dagegen verstoßen, ohne dass dies negative Konsequenzen hat:
Dominante Gesprächspartner sichern sich den „Turn“, indem sie sich kurz zu Wort melden („Die Sache ist doch folgende …“) und daraufhin eine kurze Denkpause einlegen. Niemand traut sich, ihnen den „Turn“ abzunehmen.
Dominante Gesprächpartner konstruieren weitschweifige „Turns“. Sind sie mit einem Satz oder Gedanken am Ende, bleiben sie manchmal mit der Stimme oben, um zu signalisieren: Ich bin noch nicht fertig.
Dominante Gesprächspartner legen es darauf an, die Regeln zumindest milde zu verletzen: Jemand beginnt vor ihnen zu sprechen, sie fallen ihm sofort ins Wort und setzen sich durch. Eine Demütigung für den andern, ein Triumph für sie.
Dominante Gesprächpartner greifen ein, wenn der „Turn“ eines anderen zu lang zu werden droht. Sie zeigen Zeichen wachsender Ungeduld („Ja, ja, ja …“) oder geben den Betreffenden der Lächerlichkeit preis („Sind Sie jetzt fertig?“).
Dominante Gesprächspartner unterbrechen gezielt an einem „nicht übergangsrelevanten Ort“. Ihr Gegenüber müsste sie jetzt zurechtweisen. Wenn das nicht geschieht, gewinnen sie die Oberhand.
    Achten Sie einmal bewusst auf „übergangsrelevante Orte“, etwa beim nächsten Meeting: Wie lange dauert es, bis der Sprecher zu einem „übergangsrelevanten Ort“ kommt? Wie reagieren die Zuhörer? Wird der Sprecher mitten im „Turn“ unterbrochen? Von wem? Kann er sich behaupten und weitersprechen?
    Stimme oben – Stimme unten
    Im Deutschen gehen wir mit der Stimme am Ende eines Aussagesatzes gewöhnlich nach unten. Dadurch bekommt der Satz eine deutliche Kontur. Er strahlt Sicherheit und Stärke aus. Ein solcher Satz „sitzt“. Bleiben Sie hingegen mit der Stimme oben, zerfließt die Kontur. Es wird nicht deutlich: Sprechen Sie weiter oder handelt es sich um eine Frage? Wenn Sie Dominanz ausstrahlen möchten, sollten Sie daher auf keinen Fall ständig mit der Stimme oben bleiben.
    Zugleich wird aber durch das Absenken der Stimme ein „übergangsrelevanter Ort“ geschaffen. Denn es ist klar: Die Aussage ist zu Ende. Wie schaffen es dominante Sprecher dennoch am Drücker zu bleiben? Sie lassen am übergangsrelevanten Ort keine nennenswerte Pause entstehen, sondern beginnen gleich den nächsten Satz. Sogar wenn jetzt jemand direkt einhakt, behalten sie meist den „Turn“ und damit die Oberhand. Der Abstand zwischen den beiden Sprechern darf allerdings nur gering sein, damit sich der „zweite Starter“ nicht doch noch durchsetzt.
    Dominanz durch Hörersignale
    Von den „Hörersignalen“ (wie M-hm) war bereits kurz die Rede (→ S. 65, „Kommentare einstreuen“). Bei einer Besprechung kann so ein Hörersignal auch dazu dienen, Dominanz zu demonstrieren. Stellen Sie sich vor, einer aus der Runde spricht – eigentlich wendet er sich an alle, doch einer lässt durch Hörersignale erkennen, dass er sich ganz besonders angesprochen fühlt. Von anderen Teilnehmern kann dieses unscheinbare Signal durchaus als Herabsetzung empfunden werden. Geradezu kränkend kann es werden, wenn Teilnehmerin A gemeint ist und Teilnehmerin B durch Hörersignale das Gesagte für sich reklamiert.
    Immer alles perfekt
    Herr Rehberg lobt Frau Paluscha für ihren Einsatz bei einer Firmenveranstaltung: „Es war wie immer alles perfekt organisiert …“ Frau Paluscha lächelt. „Mhm, mhm“, lässt sich Marketingleiterin Frau Fromme vom andern Ende des Tischs vernehmen. Das Lächeln von Frau Paluscha gefriert.
    Gegenstrategien
    Welche Position Ihnen innerhalb einer Gruppe zugewiesen wird, darauf haben Sie nur begrenzten Einfluss. Das bedeutet keineswegs, dass Sie nicht sehr viel

Weitere Kostenlose Bücher