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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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ich nicht mal auf den anderen angewiesen – egal, die Sache braucht eine gewisse dramatische Zuspitzung, damit der gewünschte Effekt eintritt. Noch wichtiger ist jedoch, dass ich den anderen dafür zur Verantwortung ziehen kann: „Ich habe mich auf Sie verlassen, und Sie richten dieses Desaster an. Wie sollen wir da wieder herauskommen?“
    Unfähigkeit ist das eine, was man dem eigentlichen Opfer dieser Art von Dominanz vorwerfen kann. Doch die infamere Waffe ist die Unterstellung böser Absichten: „Das haben Sie mit Absicht gemacht. Sie wollten mich schädigen.“ Oder: „Ihnen ist es ja völlig egal, was aus unserer Abteilung wird. Das, was wir in zwei / vier / sieben / hundert Jahren aufgebaut haben, es interessiert Sie nicht. Weil Sie nur an Ihren eigenen Vorteil denken.“ Und dann darf der vermeintliche Egoist unter Beweis stellen, dass er doch nicht ein ganz so schlechter Mensch ist. Schließlich hat jeder eine Chance verdient …. Durch die Unterstellung einer bösen Absicht entsteht ein Sog: Sie sind schlecht. Sie können mich nur widerlegen, indem Sie genau das tun, was ich will. Folgen Sie dem nicht, wird meine Auslegung bestätigt.
    Die Unterstellungen lassen sich noch weiter treiben: Wann immer Sie von meinem Willen abweichen, kann ich Ihnen böse Absichten andichten. Sie wollen sich meinen Vorschlag „noch mal überlegen“? Aha, Sie möchten die Sache doch nur hinauszögern und sich dann irgendeinen Vorwand suchen, um mir abzusagen. Sie wollen „heute früher gehen“? Natürlich, jetzt, in der entscheidenden Phase des Projekts wollen Sie sich drücken.
    „Ich weiß ja, Sie haben etwas gegen mich.“
    Frau Kliwing arbeitet mit einem älteren Kollegen, Herrn Plambeck, zusammen. Sie unterstellt ihm, er habe etwas gegen sie persönlich. Überhaupt falle es ihm schwer, Frauen als Kolleginnen zu akzeptieren. Für Herrn Plambeck ist es kaum möglich, sich gegen Frau Kliwing zu behaupten. Wann immer er sie kritisiert oder einen Vorschlag von ihr ablehnt, hält sie ihm vor: „Ich weiß ja, Sie haben etwas gegen mich.“ Also hält sich Herr Plambeck mit seinen Äußerungen zurück.
    Mitarbeiter und Vorgesetzte unter Druck setzen
    Dass diese Methode hier nicht zur Nachahmung empfohlen wird, sollte deutlich geworden sein. Vielmehr muss vor ihr gewarnt werden. Auch wenn sie in milder Form durchaus weit verbreitet zu sein scheint, in harter Form kann sie regelrecht zerstörerisch wirken. Zumal gerade die gutwilligen, leistungsfähigen, engagierten Mitmenschen damit ausgebootet werden – und zwar Mitarbeiter wie auch Führungskräfte. Es gibt Vorgesetzte, die sich auf diese Weise moralisch stark unter Druck setzen lassen und von jemandem an der Nase herumgeführt werden, der sich ständig benachteiligt fühlt. Dabei wird die Sache eher noch verschlimmert, wenn sie der betreffenden Person tatsächlich wenig Sympathie entgegenbringen – was unter solchen Umständen fast gar nicht zu vermeiden ist. Man wäre sie gerne los (ein weiterer Beleg dafür, dass die Unterstellung stimmt!), aber seltsam, sie erweist sich als ausgesprochen anhänglich.
    Den Ruf ruinieren
    Zusätzlichen Schub bekommt die Dominanz in der Opferrolle durch die Aussicht, dass sich die vermeintlich bösen Absichten und das menschliche Versagen herumsprechen könnten. Das setzt uns auch dann noch unter Druck, wenn wir Verdacht schöpfen, dass uns unser Gegenüber die Verantwortung für etwas zuschieben will, das womöglich er selbst weit eher zu verantworten hat.
    „Das haben Sie doch vorher gewusst!“
    Frau Stutzinger lässt sich von ihrem Vorgesetzten Herrn Baumann für ein Projekt begeistern, das er in den schillerndsten Farben ausgemalt hat. In bester Laune fragt Herr Baumann noch: „Und trauen Sie sich die Sache auch wirklich zu?“ Hochmotiviert antwortet Frau Stutzinger: „Aber natürlich, kein Problem.“
    Es gibt dann aber doch Probleme. Schwer wiegende Probleme. Frau Stutzinger wendet sich an Herrn Baumann. Der gerät förmlich in Panik. „Ich habe die Sache fest eingeplant. Da können Sie jetzt nicht einfach so die Hände aufgehen lassen.“ Frau Stutzinger bittet wenigstens um Aufschub. Herr Baumann schüttelt den Kopf: „Unmöglich. Sie haben mir den Termin fest zugesagt. Das haben Sie doch vorher gewusst, dass Sie den Termin nicht einhalten!“
    Kritiker diskreditieren
    Vermeintliche Opfer können Kritiker vielleicht nicht zum Schweigen bringen, aber sie versuchen häufig, sie mit allen Mitteln zu diskreditieren, sie

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