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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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einleitenden Teil angesprochen, dass die Verhältnisse selten ganz eindeutig sind: In gewissem Maße ist Einfluss immer auch eine Sache der Zuschreibung. Nach Erkenntnissen der Sozialpsychologie neigen wir ohnehin dazu, unseren Einfluss auf andere hemmungslos zu überschätzen. „Kontrollillusion“ nennen die Wissenschaftler diesen Effekt. Doch auch jenseits jeder Illusion von Einfluss und Kontrolle lässt sich oft genug gar nicht entscheiden, wer denn nun was in welchem Ausmaß beeinflusst hat. Das kommt ganz auf die Perspektive an. Es ist ein wenig so, wie es einmal in einem amerikanischen Cartoon dargestellt wurde: Zu sehen ist eine Laborratte, die in einem klassischen Lernexperiment darauf konditioniert wurde, einen bestimmten Hebel zu drücken. Sie bemerkt zu einer anderen Ratte: „Ein sehr gelehriges Geschöpf, dieser Laborleiter. Ich habe ihn so konditioniert, dass er mir immer Futter gibt, wenn ich diese Taste drücke.“
    Übernehmen Sie die Projektleitung!
    Frau Kremer bittet Herrn Ondrasch, die Leitung eines Projekts zu übernehmen. Sie nimmt an, dass er wenig Neigung hat, das zu tun, weil er in der Vergangenheit auf solche Offerten sehr zurückhaltend reagiert hat. Tatsächlich aber fand er die Projekte in der Vergangenheit nicht reizvoll genug. Frau Kremer meint, sie müsste ihre geballte Überredungskunst einsetzen, und Herr Ondrasch ist der Ansicht, er darf nicht erkennen lassen, wie sehr ihn die Aufgabe wirklich interessiert. Am Ende glaubt Frau Kremer, sie habe Herrn Ondrasch überredet, während der überzeugt ist, meisterhaft taktiert und noch etliche Vergünstigungen für sich herausgeholt zu haben.
    Sprache als Mittel andere zu beeinflussen
    Eine Grundfunktion der Sprache besteht genau darin: andere zu beeinflussen. Manche behaupten, die Menschen haben nichts anderes im Sinn, sobald sie nur den Mund aufmachen. Das ist gewiss eine hemmungslose Übertreibung. Einerseits. Auf der anderen Seite sollten wir nicht unterschlagen, dass auch das Schweigen sehr weit reichende Folgen haben kann. Ist die Sprache erst einmal in der Welt, lässt sich in Anlehnung an die viel zitierte Formel des Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick feststellen: „Man kann nicht nicht beeinflussen.“ Auch wenn Sie gar keine bestimmten Absichten verfolgen, sondern einfach nur drauflos reden, nehmen Sie Einfluss. Ja, womöglich hat das „laute Nachdenken“, bei dem Gedanken unmittelbar in Worte gefasst werden, stärkeren Einfluss auf uns, als wir uns eingestehen wollen.
    Doch in diesem Buch geht es um die Sprache der Macht und damit um absichtsvolle Beeinflussung. Dabei soll hier gar nicht erst der Anschein erweckt werden, es könnten die unzähligen Techniken und bewährten Tricks auch nur ansatzweise vorgestellt werden. Stattdessen beschränken wir uns auf ein paar, allerdings sehr wesentliche und wirksame Methoden: solche, von denen ich annehme, dass sie Ihnen nützen können – entweder weil Sie diese selbst einsetzen können, damit Ihre Botschaft besser ankommt, oder weil Sie sich vor geschickter Einflussnahme schützen wollen. Aber auch wenn Sie der „Sprache der Macht“ nachgeben, wird es Ihnen helfen, wenn Sie wissen, wie die ganze Sache „funktioniert“.
    Sprache nutzen – Sprache prägen
    Eine Unterscheidung ist in diesem Zusammenhang wichtig: Sie können von der Sprache wie von einem Instrument Gebrauch machen. Siekönnen aber auch versuchen, das Instrument selbst zu verändern, indem Sie neue Begriffe, Formeln und Wendungen prägen oder in ihrer Bedeutung umdrehen. Es handelt sich um zwei grundverschiedene Ansätze:
Sie machen sich die vorhandene Sprache zunutze, reizen ihre Möglichkeiten für Ihre Zwecke aus.
Sie nehmen Einfluss auf den Sprachgebrauch anderer, verändern deren Sichtweise und Denkungsart.
    Auf den ersten Blick scheint der zweite Ansatz der wesentlich mächtigere zu sein. Die anderen übernehmen Ihre Begriffe und Ausdrucksweise. Dadurch verbreiten sich Ihre Gedanken und Ansichten, ohne dass Sie selbst das Wort ergreifen müssen. Konkurrierende Ansichten haben keine Chance. Sie würden andere Worte erfordern. Die stehen aber nicht zu Verfügung, entweder weil sich Ihre Worte so tief eingeprägt haben, dass sie jedem, der über das Thema spricht, sofort in den Sinn kommen, oder weil es eine mehr oder minder offizielle sprachliche Regelung gibt, sich so und nicht anders auszudrücken.
    George Orwells „Newspeak“
    In dem Roman „1984“ entwirft George Orwell das Bild einer

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