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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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sondern die Angehörigen der „besseren Kreise“.
    Der Bumerang der Dramatisierung
    Wenn ein Begriff Aufmerksamkeit finden soll, darf er nicht lau und matt sein. Er soll ja etwas zum Klingen bringen, die Menschen erreichen. Und das tut er nur, wenn er lebhafte Vorstellungen in Gang setzt und an den Gefühlen rührt. Da liegt es nahe, die Dinge etwas zuzuspitzen, zu dramatisieren, das Kleine groß zu machen und das Mittlere riesig, um im Wettbewerb der Begriffe noch durchzudringen.
    Tatsächlich wirken viele Formulierungen in der öffentlichen Debatte stark überhöht: Da ist von Chaos die Rede, von Krieg, Katastrophen und Kollaps. Werden Zahlen zurückgehalten oder geschönt, kommen Begriffe wie „Lüge“ auf den Tisch, „Schwindel“ oder gleich „Betrug“. Vor etlichen Jahren kursierte das Schlagwort von der „Rentenlüge“. Es gab unzählige „Steuerlügen“, aber auch „Diätlügen“, „Ernährungslügen“ und den „Klimaschwindel“ (dahinter verbirgt sich die These, dass sich der Klimawandel anders vollziehen wird als prognostiziert).
    Es ist schon richtig, dass diese schrillen Begriffe mehr Aufmerksamkeit erheischen als moderatere Formulierungen. Doch diese Zuspitzungen nutzen sich sehr schnell ab. Schlimmer noch: Sie fallen auf denjenigen zurück, der sie verbreitet. Wer jedes Problem und jede Unannehmlichkeit zur „Katastrophe“ aufbläst, um sich Gehör zu verschaffen, den nehmen wir in Zukunft nicht mehr ganz ernst.
    Tatsächlich ist es ein Kennzeichen der Sprache der Macht, dass sie auf diese marktschreierischen Überzeichnungen verzichtet. An ihnen ist eher abzulesen, dass der Betreffende wenig Einfluss hat, deshalb sieht er sich ja gezwungen, auf diese Art und Weise auf sein Anliegen aufmerksam zu machen.
    Sorgen und Ressentiments nutzen
    Das heißt nun wiederum nicht, dass die Sprache der Macht darauf verzichten würde, Verunsicherung und Unbehagen zu säen. Das Gegenteil ist der Fall. Sehr bewusst nutzt sie Sorgen, diffuse Ängste, Vorbehalte und auch Ressentiments für ihre Zwecke. Dabei spitzt sie die Begriffe zu, im Sinne größerer Eindeutigkeit. Aber sie vermeidet das aufgeblasene, katastrophische Vokabular.
    Die „Rentner-Republik“
    Als im Frühjahr 2008 eine außerplanmäßige Rentenerhöhung geplant war, meldete sich Altbundespräsident Roman Herzog zu Wort und warnte: „Wir sind auf dem Weg in die Rentner-Republik.“ Weder Rentner noch Republik sind für sich genommen bedrohlich. Doch in ihrer Kombination werden sie es mit einem Mal. Denn „Rentner“ stehen nicht mehr im Berufsleben; sie sind also nicht produktiv, sondern Kostgänger des Systems. Wenn sie nun diejenigen sind, die unsere „Republik“ bestimmen, dann muss man sich um den Bestand dieser Republik Sorgen machen.
    Manche Begriffe wirken auf den ersten Blick geradezu verheißungsvoll. Doch auch sie machen sich unsere tief verwurzelten Ängste zunutze. So ist es geradezu eine menschliche Urangst, ausgeschlossen zu werden, nicht mehr dazuzugehören. Daher lässt sich auf diesem Register besonders wirksam spielen.
    Die „Wissensgesellschaft“
    Im Unterschied zur „Rentner-Republik“ hat der Ausdruck „Wissensgesellschaft“ einen sehr positiven Klang. Der Grundgedanke: Der wirtschaftliche Erfolg einer Gesellschaft hängt nicht länger von materiellen Dingen ab, sondern vom „Wissen“, allerdings von einer sehr speziellen Art von Wissen. Es muss verwertbar sein, sich in neuen Produkten oder Dienstleistungen materialisieren, die am Markt nachgefragt werden. Wer sich dieses Wissen nicht aneignet, schließt sich aus der Wissensgesellschaft aus.
    Begriffe besetzen, ehe es die anderen tun
    Bis jetzt war hauptsächlich von Begriffen die Rede, die eine bestimmte Sicht der Dinge vermitteln. Wer sie prägt, der möchte, dass sich diese Formulierungen ausbreiten. Denn mit ihnen setzt sich auch die eigene Sicht der Dinge durch. Davon zu unterscheiden sind Begriffe, die man für sich reklamiert und sie damit anderen entzieht. Auch sie gehören zur Sprache der Macht, doch haben sie eine ganz andere Funktion: Sie sollen die eigene Position aufwerten und die Konkurrenten in ein ungünstiges Licht setzen.
    Wir haben es ja bereits angesprochen: Entscheidend ist nicht nur, wofür ein bestimmter Begriff steht, sondern auch wer ihn benutzt. Gruppen grenzen sich gegeneinander ab. Dazu gehört auch, dass sie ihre eigenen Begriffe prägen. Wer sie benutzt, bekundet dadurch seine Zugehörigkeit und gibt zu erkennen, dass er

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