Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
Vom Netzwerk:
Ihnen womöglich unangemessen oder verharmlosend erscheinen. Solche „Unwörter“ kann man kritisieren und zumindest im eigenen Sprachgebrauch durch einen treffenderen Begriff ersetzen. Allerdings ist das nicht immer möglich – und auch nicht immer sinnvoll, etwa wenn die Gegenseite hartnäckig bei dem „Unwort“ bleibt und es sich durch häufigen Gebrauch etabliert hat.
    In solchen Fällen kann es zweckmäßig sein, das „Unwort“ ganz bewusst zu übernehmen, aber deutlich zu machen, wofür es steht. Anders gesagt: Sie holen die negativen Konnotationen wieder hervor, die unter den Tisch gekehrt werden sollten. Diese Methode ist oft erstaunlich wirksam. Und das Beste ist: Wenn die Gegenseite den Begriff weiterhin benutzt, verbreitet sie damit die Inhalte, um die es Ihnen geht.
    Die „ethnischen Säuberungen“
    Zu den abstoßendsten Begriffen überhaupt gehört das Wort von den „ethnischen Säuberungen“, das zur Zeit des jugoslawischen Bürgerkriegs in den 1990er Jahren aufkam. Es setzt die Angehörigen einer anderen Volksgruppe mit „Schmutz“ gleich und ihre Vertreibung und Ermordung mit einer hygienischen Maßnahme. Es schien angemessener zu sein, von „Völkermord“ zu sprechen. Dieser Ausdruck ist allerdings unspezifischer. Und mittlerweile ist der Begriff von den „ethnischen Säuberungen“ so stark mit den damaligen Gräueltaten verbunden, dass er sich gewiss nicht mehr verharmlosend gebrauchen lässt. Wer im Zusammenhang mit Menschen von „Säuberungen“ spricht, meint ein Verbrechen.
    Gegenstrategien
    Mit dem Thema Umdeutung ist eine wichtige Gegenstrategie schon benannt. Positive Begriffe können negativ aufgeladen werden; Negatives können Sie versuchen ins Positive zu wenden. Die Voraussetzung, dass dies gelingt: Sie müssen sich Gehör verschaffen können. Und dann wieder und immer wieder die entsprechenden Begriffe ins Spiel bringen. Das Prinzip der Wiederholung gilt auch hier. Sie können Begriffe nur dadurch neutralisieren oder umdrehen, dass Sie von ihnen ausgiebig Gebrauch machen.
    Dabei ist es nicht ratsam, sich auf jeden Begriff zu werfen. Denn man befindet sich immer ein wenig in der Defensive, wenn man nur reagiert. Daher ist eine zweite Gegenstrategie, selbst Begriffe zu entwickeln, die den eigenen Standpunkt am besten auf den Punkt bringen oder eben die Schwachpunkte der Gegenseite.
    Als dritte Gegenstrategie bietet sich an, die Begriffe aufzudröseln: Sie erklären, was hinter den Begriffen steckt, welche Interessen die Gegenseite damit verfolgt und welche Aspekte ausgeblendet werden. Sie entlarven die Begriffe als Manipulation und versuchen sie dadurch unschädlich zu machen. Allerdings muss man hinzufügen, dass die Entlarvung allein häufig nicht reicht. Die Begriffe können durchaus noch weiterwirken und Schaden anrichten. Deshalb sollten Sie diese Strategie immer als Ergänzung einsetzen.
    Als weitere Ergänzung kommt eine vierte Strategie in Frage: Sie weisen den Begriff zurück und fordern Ihr Gegenüber auf, ihn nicht mehr zu gebrauchen. Andernfalls brechen Sie die Verständigung ab. Dieses Vorgehen empfiehlt sich allerdings nur, wenn Sie in einer machtvolleren Position sind als Ihr Gegenüber. Und es besteht das Risiko, dass der Begriff inoffiziell umso eifriger benutzt wird.
    Wenden wir uns den Begriffen zu, die jemand für sich reklamiert, um sich selbst aufzuwerten. Eine gängige Gegenstrategie kennen wir von den Kernbotschaften: Der Begriff wird beschädigt. Man versucht, ihn mit negativen Konnotationen aufzuladen oder ihn als „nichtssagend“ hinzustellen. Wollen Sie sich selbst bei dem gleichen Thema profilieren, geraten Sie leicht ins Hintertreffen, wenn Sie als Zweiter gleich mit einem Konkurrenzbegriff in die Arena steigen. Solange die Gegenseite als „das Original“ erscheint, haben Sie schlechte Karten. Doch die Situation ändert sich, wenn Sie sich deutlich vom vermeintlichen „Original“ abgrenzen können und / oder etwas Zeit verstrichen ist, so dass die Gegenseite ihr angestammtes Thema ein wenig vernachlässigt hat und Sie nun mit einer neuen, zeitgemäßen Version auftreten.
    Eine interessante Variante, die allerdings einiges Geschick erfordert, besteht darin, ganz bewusst das Vokabular der Gegenseite zu übernehmen – ohne freilich deren Position zu vertreten. Als Konservativer benutzen Sie Begriffe wie „soziale Gerechtigkeit“, „Solidarität“ oder „Frauenförderung“. Stehen Sie politisch links, gehen Ihnen Begriffe wie

Weitere Kostenlose Bücher