Die Sprache der Macht
zwischen vorgeprägten, übernommenen Metaphern und eigenen Sprachbildern. Um Einfluss zu nehmen, können beide genutzt werden – allerdings in unterschiedlicher Weise.
Vorgeprägte Metaphern sind tief in unserer Vorstellungswelt verankert; sie werden nicht in Frage gestellt und können daher sehr bequem genutzt werden. Zwischen solchen Metaphern kann man ohne weiteres hin und her springen, die Zuhörer können ohne Mühe folgen. Der Nachteil: Das dahinter liegende Sprachbild ist bereits verblasst. Das nimmt solchen Metaphern ihre Lebendigkeit und Kraft.
Selbst entwickelte Metaphern fordern die Aufmerksamkeit und Vorstellungskraft der Zuhörer; sie machen eine Botschaft interessanter und lassen mehr Freiheiten. Der Nachteil: Sie werden sehr viel skeptischer aufgenommen, können die Assoziationen des Publikums auch auf Abwege führen und es ist kaum möglich, zwischen mehreren Metaphern hin und her zu springen.
Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Jeder wird sofort verstehen, was Sie meinen, wenn Sie davon sprechen, „den Geldhahn zuzudrehen“. Und Sie können im nächsten Satz einen Geldbetrag „tranchieren“ wie einen Schweinebraten („die erste Tranche ist am 1. fällig“). Völlig anders sieht die Sache aus, wenn Sie ein ungewohntes Bild entwerfen und, sagen wir, Geld mit Farben vergleichen. Da werden Sie einiges erklären müssen und auf Vorbehalte stoßen. Farben scheinen doch wenig Gemeinsamkeiten zu haben mit einem Zahlungsmittel. WennSie auch noch auf eine zweite Metapher umblenden, ehe sich die erste verfestigt hat, zerstören Sie Ihr Bild. Auf der anderen Seite muss man sagen: Es sind die neuen, unverbrauchten Metaphern, die neugierig machen. Wenn sie gelingen, können Sie auf die Vorstellungswelt Ihrer Zuhörer einen weit größeren Einfluss nehmen, als wenn Sie sich einer vorgefertigten Schablone bedienen.
Das Prinzip Anschaulichkeit
Farben als Metapher mögen originell sein, doch haben sie einen großen Nachteil: Sie sind zu abstrakt, zu wenig greifbar. Genau darum geht es aber bei einer Metapher: Sie muss anschaulich sein, ein inneres Bild erzeugen. Und der Bereich, aus dem sie stammt, sollte den Zuhörern vertraut sein, sonst stiften Sie nur Verwirrung.
Die Firma als Symphonieorchester
Geschäftsführer Manfred Brunner versucht seine Mitarbeiter auf einen gemeinsamen Kurs einzuschwören. Er wählt dazu das Bild des Symphonieorchesters und schenkt der Rolle des Dirigenten sowie des ersten Geigers besondere Aufmerksamkeit. Die Ausführungen sind zwar in sich stimmig, sie gehen jedoch an den Zuhörern völlig vorbei. Denn keiner von ihnen interessiert sich für klassische Musik. Mit einem Symphonieorchester verbinden die meisten die Vorstellung von gepflegter Langeweile.
Das heißt freilich nicht, dass Sie immer auf den gleichen altvertrauten Beispielen herumreiten sollten. Vielmehr geht es darum, die Vorstellungswelt Ihrer Zuhörer zu erreichen. Und die umfasst wesentlich mehr als das, womit man täglich Umgang hat. So kann die Metapher vom großen Strom und den unvermeidlichen kleinen Gegenströmungen (→ S. 147) sehr überzeugend wirken, ohne dass man besonders viel über Flüsse weiß. Die Metapher funktioniert, sobald sich ein inneres Bild einstellt, das die Zuhörer mit der Botschaft in Verbindung bringen können.
„Die Kuh vom Eis holen“
Die Tarifverhandlungen in der Metallindustrie gestalteten sich schwierig. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber äußerte, es gehe jetzt darum, gemeinsam „die Kuh vom Eis zu holen“. Auch wenn kaum jemand in seinem Leben ein weibliches Rind auf einem zugefrorenen See erblickt haben dürfte, so ist das Bild anschaulich und originell. Und es vermittelt eine klare Botschaft: Wir müssen mit äußerster Behutsamkeit vorgehen, um die gemeinsame Aufgabe zu lösen.
Mit ungewöhnlichen Metaphern Interesse wecken
Bei der „Kuh auf dem Eis“ ist es schon angeklungen: Metaphern machen uns neugierig und erfreuen uns, wenn sie originell sind. Nicht im Übermaß, denn das verwirrt, aber ein bisschen Überraschung darf schon sein, um eine Botschaft attraktiver zu machen.
Nun sollten selbst gestrickte Metaphern halbwegs stimmig sein. Sonst sind sie angreifbar und können regelrecht „umgedreht“ werden, wovon noch die Rede sein wird, wenn wir uns den Gegenstrategien zuwenden. Allerdings ist es mitunter verblüffend, wie viel Resonanz jemand findet, der seine Botschaft mit einer ungewöhnlichen Metapher garniert. Dabei ist es unbedingt von Vorteil,
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