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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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„Patriotismus“, „Rentabilität“ oder „Pflicht“ über die Lippen. Das kann für erhebliche Verwirrung sorgen – allerdings auch in Ihren eigenen Reihen.
    Machtvolle Metaphern
    Als Mittel, Einfluss zu nehmen, werden Metaphern weithin unterschätzt. Sie gelten als blumige Ausschmückung, als Angelegenheit für Dichter oder für Leute, die sich nicht so genau festlegen wollen. Die drücken sich dann metaphorisch aus, anstatt klipp und klar zu sagen, was Sache ist. Ihre Worte gelten nur im übertragenen Sinn – darunter kann sich jeder vorstellen, was er mag. Da liegt der Schluss nahe: Die Sprache der Macht sollte Metaphern möglichst meiden.
    Doch das ist ein gewaltiger Irrtum. Eine gut gewählte Metapher ist kaum zu schlagen. Sie hat ihre ganz eigene Überzeugungskraft, gegen die auch logische Argumente und Erklärungen oft erstaunlich wenig ausrichten können. Metaphern sind anschaulich, sie sind lebendig, bereiten Vergnügen – und sie entsprechen der Art, wie wir denken.
    Die Mechanik der Metapher
    Doch was ist eine Metapher überhaupt? Wie funktioniert sie? Das Wort kommt aus dem Griechischen. „Metapherein“ heißt so viel wie „hinübertragen“. Was da hinübergetragen wird, das ist die Bedeutung,von Gegenstand A zu Gegenstand B. In einer bestimmten Hinsicht ist A wie B. Das klingt außerordentlich simpel und eröffnet doch ungeahnte Möglichkeiten.
    So können Sie mit einer Metapher Ihrem Gegenüber etwas verständlich machen, was er sonst nicht begreift. Sie beziehen die Sache, die Sie erklären möchten, auf etwas anderes, das Ihr Gesprächspartner ganz gut kennt, unter dem er sich etwas vorstellen kann. Sie benutzen einen Vergleich – und dem anderen wird klar, was Sie meinen.
    Umweltschutz ist ein langer ruhiger Fluss
    Die Firma RGA entwickelt Umwelttechnologien. Geschäftsführer Holger Dornbach beschreibt die Zukunftsperspektiven der Branche als großen Fluss mit vielen Nebenarmen. „Immer wieder mal fließt der Strom in die Gegenrichtung. Aber nur um ein Hindernis herum. Die allgemeine Fließrichtung ist unumkehrbar.“
    Selbstverständlich kann jemand ganz anderer Ansicht sein. Eine Metapher „beweist“ überhaupt nichts. Ein Fluss ist ein Fluss, und wie sich die Umwelttechnologien entwickeln, das hat mit den Gesetzen der Strömungslehre zunächst einmal gar nichts zu tun. Wir stellen diesen Zusammenhang her, die anderen werden ihn als mehr oder weniger schlüssig empfinden.
    Ein sprachliches „Wahrnehmungsorgan“
    Auch wenn sie häufig mit Poesie in Verbindung gebracht werden: Metaphern sind etwas ganz Alltägliches. Fast alles, was neu ist, komplex oder abstrakt, bekommt eine Metapher verpasst. Wir können gar nicht anders. Denn wir denken in Metaphern, wie der Kognitionswissenschaftler und Linguist George Lakoff konstatiert. Viele dieser Metaphern sind uns überhaupt nicht bewusst, denn sie haben sich lange verfestigt. Sie sind fester Bestandteil unserer Sprache und Kultur.
    Flüssige Finanzen
    Wenn wir über Geld und Finanzen sprechen, verwenden wir oft das vertraute, neutrale und konturlose Wasser als Metapher. Da schwimmt jemand im Geld, es gibt Geldströme, Geldregen, Zu- und Abflüsse auf unser Konto, wir sind flüssig bzw. liquide, unser Vermögen kann abschmelzen wie ein Eisblock, Geldquellen sprudeln oder versiegen; und wenn kein Geld mehr fließt, liegt es daran, dass der Geldhahn zugedreht wurde.
    Nun können für ein und dieselbe Sache durchaus unterschiedliche Metaphern existieren. Ja, es ist sogar die Regel, dass man bei einem halbwegs komplexen Gegenstand nicht mit einer Metapher auskommt. Und da wir nun schon mal vom Geld reden: Auch dort gibt es Metaphern aus anderen Bereichen, etwa wenn das Geld „angehäuft“ wird oder „knapp“, wenn jemand sein Konto „überzieht“, eine „Geldspritze bekommt“ oder eine „Durststrecke überwindet“.
    Metaphern helfen uns, die Welt zu verstehen. Wir könnten uns sonst über die Dinge, die wir nicht unmittelbar wahrnehmen, gar keine „Vorstellungen“ machen (sich etwas vor-zu-stellen, ist natürlich auch eine Metapher). In den Worten des Autors Neil Postman: Metaphern sind ein „Wahrnehmungsorgan“ (das ist eine Metapher für Metaphern). Metaphern veranschaulichen uns etwas, dabei erfassen sie immer nur einen Teilaspekt. Daher können wir für denselben Gegenstand unterschiedliche Metaphern verwenden, ohne sie zu schwächen.
    Vorgeprägtes und Selbstgeprägtes
    Grundlegend für unser Thema ist die Unterscheidung

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