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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Schau, dazu die passende Pilotenbrille, eine schwarze Robe mit Purpurborte und einen weißen Kragen, der frappierend dem von Nicky ähnelt.
    Irgendwann stellt er das Lächeln ein und sagt: »Wir sind hier, um ein Leben zu feiern ...«
    Dann kommt das übliche Gott ist ein toller Typ, aber die liebe Pam musste trotzdem sterben, und ich habe keine Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch, also reden wir nicht vom Tod, reden wir vom Leben, und war ihr Leben nicht wundervoll?, hatte sie nicht einen wundervollen Mann und wundervolle Kinder?, war sie nicht eine wundervolle Ehefrau und Mutter?, und nun istsie bei meinem Buddy da oben, wo es viel besser ist als hier unten in Orange County, und wir werden ihre Asche über dem Ozean verstreuen, den sie so geliebt hat, an den Stränden, die sie so geliebt hat, und jedesmal, wenn wir den Ozean und die Strände sehen, werden wir an Pamela denken, und Jesus liebt sie, und Gott liebt sie, und Jesus liebt euch, und Gott liebt euch, und wir müssen uns alle gegenseitig lieben, und das jeden Tag, denn wir können ja nicht wissen, wann Gott uns auf seiner göttlichen Bananenschale ausrutschen lässt und peng!, sind wir weg , und natürlich sagt es der Prediger nicht so, aber das geht Jack so durch den Kopf.
    Der gute Doktor Soundso – Jack weiß jetzt, dass er ihn aus dem Fernsehen kennt, er hat ihn erlebt beim Betteln um Spenden – redet nun davon, dass sie alle zusammenhalten müssen, um Nicky und den Kindern zu helfen, dafür werden alle Hände gebraucht, Gott sei Dank gibt es ja die liebe Großmutter, die sich um die Kinder kümmern wird, und als Jack das hört, sucht er in der Kirchenbank nach einer Kotztüte, zumal eine Frau in der Nachbarbank vernehmlich schluchzt. Schließlich blickt der Prediger zur Kirchendecke aus rotem Zedernholz auf und sagt: »Herr Jesus, lasst uns beten ...«
    Es folgt ein langes Gebet, in dem es um die Seele von Pamela Vale geht und um den Heilungsprozess für Nicky und Natalie – zum ersten Mal hört Jack den Vornamen von Mutter Valeshin – und die Kinder, dann spielt die Orgel ein bißchen Musik, geeignet zur Untermalung eines Horrorfilms, und als Jack aufblickt, steht Nicky auf der Kanzel und bittet die Trauergäste, von ihren Erinnerungen an Pamela zu erzählen.
    Das tun sie gern. Einer nach dem anderen, vielleicht zehn Personen, stehen auf und erzählen von dem Tag, den sie mit Pam am Strand verbracht haben, wie sehr Pam den Sonnenuntergang liebte, wie sehr Pam ihre Kinder liebte ... Eine Frau erzählt von ihrer Shopping-Tour mit Pam, eine andere von einem Whalewatching-Ausflug mit Pam.
    Aber niemand will über die betrunkene Pam reden, die sich auf der Party übergab, die den Lexus gegen die große Kiefer in der Einfahrt setzte, die so mit Valium abgefüllt war, dass man sie bewusstlos in ihrem Auto fand. Niemand will über ihre lautstarken Streitereien mit Nicky reden, über die zu Bruch gegangenen Gläser, über den Vorfall auf der Bootsparty, als sie ihm ihren Drink ins Gesicht schüttete, über Nickys Affären mit praktisch jeder sexhungrigen Geschiedenen und gelangweilten Ehefrau und ehrgeizigen Serviererin entlang der ganzen südkalifornischen Küste ...
    All diese Sachen sind überblendet vom Sonnenuntergang, den Pam so sehr liebte.
    Läuft doch wie geschmiert, denkt Jack, als Nicky tapfer, gefasst und mit umflortem Blick von der Kanzel herab fragt, ob es noch Wortmeldungen gebe.
    In diesem Moment schreit eine Frau hinter Jack: » DU HAST SIE UMGEBRACHT, DU DRECKSKERL !«
    Und jetzt geht’s los mit dem Krawall.

34
    » DU HAST MEINE SCHWESTER UMGEBRACHT !«
    Nicky fällt der Unterkiefer runter, und Jack denkt: Du hast schließlich nach Wortmeldungen gefragt.
    Der Prediger hält erschrocken Ausschau, ob Reporter anwesend sind oder gar Kameras, als die Frau schon wieder schreit: » DU HAST SIE UMGEBRACHT, DU DRECKSKERL !«
    Steht da hinten und zeigt mit dem Finger auf Nicky.
    Die Trauergäste sind in ihren Sitzen erstarrt. Sie wagen es nicht, einzuschreiten, denn diese Frau ist offensichtlich auf Krawall aus, und niemand will eine teure Nasenoperation riskieren.
    Doch, zwei Wachmänner.
    Jack hat sie vorher nicht gesehen, die zwei Typen in schwarzen Anzügen, die von hinten kommen, um die Lage unter Kontrolle zu bringen, und sie sind schneller als er.
    »Pfoten weg!«, schreit die Frau, als der eine Wachmann seine dicke Pranke auf ihre Schulter legt. Sie stößt die Hand weg, dann wird sie von zwei dieser Pranken gepackt und auf

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