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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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kamdann zu mir und erzählte mir Geschichten, wie sie mich da rausholen wollte, verstehst du? Ich habe darauf geachtet, dass es ihr gut geht, rein körperlich, sie hat sich um meine Gefühle gekümmert. Hat mir die tollsten Geschichten erzählt, von Prinzen und Prinzessinnen, von Monstern und Drachen, Zauberern und schönen Rittern. Später änderte sich das Personal, aber die Geschichten blieben die gleichen. Sie wollte dann mit mir ans College, wo es die tollen Typen gab, und heiraten.
    Es zog sie weg von Perris, sie wollte an die Goldküste – Letty schwenkt die Hand Richtung Hafen, zum Ozean hinüber –, wo es Geld und Abenteuer gab.
    Und wenn man sie so ansah, glaubte man ihr. Zum einen sah sie umwerfend aus. Hast du Bilder von ihr gesehen? So wie sie aussah, war klar, dass sie kriegte, was sie wollte.
    Einen gutaussehenden Typ mit viel Geld.
    Hat sie auch geschafft, sagt Jack.
    Das hat sie, stimmt Letty zu.
    Mit siebzehn ging sie von zu Hause weg und brach die Schule ab. Ich arbeitete schon bei der Polizei. Lange habe ich mir Vorwürfe gemacht, weil ich in meine eigene Wohnung gezogen war und sie allein auf der Farm zurückgelassen hatte. Jedenfalls hat sie’s nicht mehr ausgehalten und ging, ohne ein Wort zu sagen, nach L. A.
    Sucht sich ein billiges Zimmer in Santa Monica, das sie mit vier anderen Mädchen teilt, arbeitet in einer schäbigen Kneipe als Serviererin. Wird ständig angebaggert, aber sie denkt nicht daran, mit einem dieser Kerle ins Bett zu gehen. Die reißen sich trotzdem darum, die Drinks bei ihr zu bestellen.
    Sie spart jeden Cent, kauft sich einen guten Badeanzug, ein gutes Kleid, ein gutes Abendkleid – und erobert den Strand. Hat lackschwarzes Haar, die Augen von Liz Taylor, einen tollen Busen, einen kleinen Arsch, und sie macht sich auf die Pirsch nach den Alpha-Typen. Tummelt sich in dem kleinen schwarzen Badeanzug am Strand, zieht die Blicke auf sich, wird zu Partys eingeladen, und wenn ihr die Adresse gefällt, fährt sie hin.
    Bald wird sie so oft eingeladen, dass sie nur noch drei Schichten pro Woche arbeitet – und nicht am Wochenende, vielen Dank. Eigentlich braucht sie nur das Geld für die Miete, essen kann sie auf den Partys, sie wird zum Lunch eingeladen, zum Frühstück.
    Sie erobert die Partyszene von Hollywood, Brentwood, Beverly Hills, macht Segelturns nach Catalina, Tagesausflüge auf Fischerbooten, fährt zu Dinnerpartys bis nach Newport Beach und Laguna.
    Doch sie lässt sich nicht flachlegen.
    Das musst du mir glauben, Jack. Pam gibt sich nicht her. Für keinen. Und die Kerle finden sich damit ab, weil sie so verknallt in sie sind. Sie hat das Aussehen, die Figur, die Persönlichkeit dafür. Sie besitzt Wärme und Humor, alles, was man braucht, und die Boys laufen ihr nach.
    Aber bei ihr läuft nichts.
    Sie wartet auf den Richtigen.
    Sie will die ganze Cinderella-Nummer. Sie will den Prinzen, das Geld und die Liebe.
    Sie war kein Goldgräber, Jack. Sie hatte alle Chancen, aber sie sagte zu mir: Es muss Liebe sein, Letty.
    Dann, auf einer Party im Las Brisas von Laguna Beach, trifft sie Nicky. Das Restaurant liegt hoch auf einer Klippe mit Blick auf den Ozean. Die Jacaranden stehen in voller Blüte, in den Bäumen hängen die Laternen, eine mexikanische Gitarre spielt Liebeslieder, das Mondlicht glitzert auf den Wellen.
    Nicky sieht sie und geht mit ihr hinaus.
    Und was waren seine ersten Worte?
    Du siehst aus wie eine Prinzessin.

38
    Seine Mutter war nicht angetan, erzählt Letty weiter.
    »Ach, wirklich?«
    Sie sind mit dem Lunch fertig und gehen am Yachthafen spazieren. Hunderte Boote schaukeln in der zurückweichenden Flut.
    Eine zweiundzwanzigjährige Schulabbrecherin?, sagt Letty. Von irgendsoeiner Farm? Mütterchen Russland hat sie gehasst . Wenn du schon eine shiksa heiraten musst, kannst du nicht eine reiche shiksa heiraten? Eine mit Familie?
    Zum Glück wusste sie nicht, dass Pam halb mexikanisch war, sagt Letty. Dann hätte sie der Schlag getroffen. Wäre vielleicht das Beste gewesen ...
    Aber Mütterchen mochte sie noch so sehr hassen – Nicky wusste, dass er die Trumpfkarte in der Hand hielt.
    »Enkelkinder«, sagt Jack.
    »Genau.«
    Nicky macht Karriere, und Mütterchen kriegt langsam Angst, dass ihr Sohn keinen männlichen Erben hinterlässt. Und dann die üblichen Gerüchte. Fünfunddreißig, und noch nicht verheiratet?
    Jedenfalls beordert sie Nicky und Pam in ihr steriles Wohnzimmer und sagt: »Mein Sohn ist verliebt in Sie, aber nur, weil Sie ihn

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