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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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sich zum Entzug an.
    Ich weiß nicht, was da mit ihr passiert ist, sagt Letty. Pam ging als falsche Prinzessin rein und kam als erwachsene Frau wieder raus. Da muss es richtig zur Sache gegangen sein, denn sie war wie ausgewechselt. Danach wirkte sie echter, wärmer.
    Sie rief wieder an, lud mich ein. Stellte mich sogar als ihre Halbschwester vor. Wir sprachen Spanisch miteinander, was Nicky zur Weißglut trieb. Ich spielte mit den Kindern, fuhr mit ihnen an den Strand, in die Berge –«
    »Kennst du dich dort aus?«, fragt Jack.
    »Ich wohne jetzt dort«, sagt Letty. »Hab mir was Kleines gekauft am Ortega Highway, im Cleveland National Forest. Reden wir jetzt über mich oder über Pam?«
    »Über Pam.«
    Als Pam aus dem Entzug kommt, ist sie eine andere.
    Selbstbewusst und stark.
    Stellt Nicky ein Ultimatum: Entweder, du hörst auf zu koksen, oder die Ehe wird geschieden.
    Sie schleppt ihn zur Eheberatung. Das bringt die Wende. Drei Wochen später ertappt sie ihn mit einer Kokshure von Newport Beach im Ehebett. Sagt ihm, er soll seine Sachen packen und verschwinden.
    Nicky zieht wütend ab und kommt nach einer Stunde zurück. Hat sich mit Kokain zugedröhnt und drischt auf sie ein. Pam, die Prinzessin, hätte sich das noch bieten lassen, aber die neue Pam zieht vor Gericht und erwirkt eine einstweilige Verfügung. Schmeißt ihn aus dem Haus.
    Er rennt zu Mama. Mama ruft Pam an und eröffnet ihr, dass sie die Kinder niemals bekommen werde. Sie sei eine schlechte Mutter. Nickys Anwälte würden sie fertigmachen.
    Die Kinder hergeben? sagt Pam – nur über meine Leiche . Verstehst du, Jack?
    Jack versteht. Sieht sie im Bett brennen, sieht sie noch einmal brennen, im Krematorium, sieht ihre Asche über dem Ozean verwehen.
    »Eine Scheidung konnte er sich nicht leisten«, sagt Letty. »Er war bis über die Ohren verschuldet, und sie würde die Hälfte von allem bekommen, außerdem das Haus und die Kinder ...«
    Daddy sagt, Mama ist ganz und gar verbrannt.
    »Das wäre ein mögliches Motiv«, sagt Jack, »aber –«
    »Er hat ihr gedroht , sie umzubringen«, sagt Letty. »Ist ins Haus, wenn sie nicht da war, und hat Sachen rausgeholt. Ihr Drohbriefe hinterlassen. Hat ihr nachts am Telefon angekündigt, dass er sie umbringt.«
    »Mein Gott!«
    »Am Tag vor ihrem Tod hat sich mich angerufen«, sagt Letty und fängt an zu weinen.
    Er hat die Kinder geholt , hat Pam gesagt. Und mir ins Ohrgeflüstert: Heute nacht komme ich und bringe dich um. Heute nacht bringe ich dich um .
    »Ich habe sie angefleht, loszufahren und bei mir zu übernachten, aber sie wollte nicht«, schluchzt Letty. »Ich hätte sie zwingen müssen. Ich hätte zu ihr fahren müssen. Ich hätte –«
    »Letty –«
    »Er hat die Kinder, Jack«, sagt sie. »Dieser Dreckskerl und seine grässliche Mutter haben die Kinder. Und sie wollen sie großziehen.«
    »Sieht ganz so aus.«
    »Nur über meine Leiche«, sagt Letty.
    Jetzt verliert sie die Fassung, und Jack muss sie in den Arm nehmen. »Kommst du mit zu mir?«, fragt er.
    Sie nickt.
    Als sie in die Straße einbiegen, parkt da ein Auto.
    Daneben zwei Männer.
    Die Wachmänner aus der Kirche.
    Nicky hat sich Bodyguards zugelegt.

40
    Jack wohnt in einer von diesen abgeschirmten südkalifornischen Wohnanlagen. Eine umzäunte Ansammlung von Ein- und Mehrfamilienhäusern, die wie eine Burganlage mit Seeblick auf einer kahlen Bergkuppe thront.
    »Wann bist du aus dem Trailer ausgezogen?«, fragt Letty, als sie aus ihrem Auto steigt.
    »Als sie den Campingplatz geschlossen und Wohnungen draufgesetzt haben, die ich mir nicht leisten konnte«, erklärt Jack. »Also hab ich mir das hier gekauft.«
    »Das hier« ist ein Apartment im Obergeschoss eines dreistöckigen Hauses. Es gibt noch zwei solche Apartments weiter unten, stufenförmig in den Hang gebaut. Das ganze Gebilde siehtaus, als würde es abrutschen, und der Eindruck täuscht nicht, denn es rutscht wirklich den Hang runter, jeden Tag ein winziges Stückchen tiefer.
    »Im Bauboom der achtziger Jahre konnten sie diese Buden gar nicht schnell genug hochziehen«, erklärt Jack. »Alle wurden plötzlich Bauunternehmer, um Dollars zu scheffeln, und haben gepfuscht, was das Zeug hielt. Es dauerte ihnen zu lange, den Untergrund zu befestigen, deshalb rutscht nun die ganze Wohnanlage ab. Die Eigentümergesellschaft wollte die Baufirma verklagen, aber die ist längst pleite, jetzt versucht sie es bei der Versicherung der Baufirma. Und so weiter und so fort ...

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