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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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die es sich leisten können, mitten am Nachmittag über ihre Erfahrungen und ihre Hoffnungen zu reden, und auch gute Erfolgsaussichten haben, denn dank glücklicher Umstände und umsichtiger Planung sind es keine fünf Minuten Fußweg bis zum nächsten Holiday Inn, und bei diesen Treffen wird so munter gebaggert und abgeschleppt, dass man schon von den »trockenen Lunch-Ladys und ihren flüssigen Kavalieren« spricht.
    Letty jedenfalls sagt sich: Lass sein, bist ja nur neidisch.
    Die können ja nichts dafür, dass sie reich sind und du nicht.
    Vergiss es.
    Und vergiss Jack Wade. Wie lange habe ich die Kerze am Brennen gehalten? Zwölf Jahre sind einfach zu viel. Man kriegt einen steifen Arm davon. Zwölf Jahre, und kein einziger Anruf. Nie hätte er dich angerufen, und du hättest ihn nie wiedergesehen, wenn du nicht seine Hilfe gebraucht hättest – und nicht so ein Miststück wärst, dass du ihn einfach benutzt.
    Doch die Wahrheit sieht anders aus. Sie hat die Kerze am Brennen gehalten. Zwölf lange Jahre. Es gab den einen oder anderen Typen, aber nichts Ernstes, denn ganz tief drinnen, auf dem Grund ihrer Seele, wartet sie auf einen anderen.
    Auf Jack.
    Jack hat sein Glück verspielt und ihres gleich mit.
    Jetzt gehst du auf die vierzig, hast keinen Mann, keine Kinder und lebst nur für deinen Job, falls man das Einbuchten von Kleinkriminellen als Job bezeichnen kann.
    Und diese Ladys können nichts dafür.
    Du hast es dir selbst zuzuschreiben.
    Also reiß dich zusammen.
    Da sitzt sie nun und hört sich den Vortrag an, es ist immer überall derselbe: ein Trinker ist ein Trinker, egal wie er es sieht, und es endet immer im Dreck. In der Pause wechselt sie ein paar Worte mit ihren Tischnachbarinnen, dann bittet die Vorsitzende um Wortmeldungen. Letty wartet ab, bis ein paar Frauen über ihre Erfahrungen und Hoffnungen gesprochen haben, und hebt die Hand.
    »Ich heiße Letty.«
    Hi, Letty , kommt es von allen Seiten, bla-bla-bla .
    »Ich bin hier, um zu fragen, ob jemand von Ihnen meine Schwester Pam kennt. Sie ist vor drei Tagen gestorben, und es heißt, sie war Trinkerin. Sie war etwa 1 , 76 groß, schwarzes Haar, dunkle Augen. Ich weiß, dass sie öfter hier war, und ich hoffe, dass Sie mir helfen können.«
    Allgemeine Betroffenheit mit Oh mein Gott! und Doch nicht Pam! , hier und da Schluchzen. Doch dann heben sich fünf Hände.

48
    »Pam war an dem Abend nüchtern, Jack«.
    Letty sitzt mit Jack auf der Terrasse neben dem Haupteingang der South Coast Plaza Mall.
    »An dem Abend ging sie zu einem Treffen der Anonymen Alkoholikerinnen.« Letty nippt an ihrem Eistee. Als sie das Glas anhebt, wird der Papieruntersatz vom heißen Santa-Ana-Windweggeblasen. »Da war sie nüchtern. Die Versammlung war abends um halb zehn zu Ende, dann ging sie noch auf einen Kaffee. Mit acht anderen Frauen. Auch da war sie nüchtern.«
    »Das heißt nicht, dass sie auch um vier Uhr morgens noch nüchtern war.«
    Jack trinkt eine Cola. Die guten Leute im Restaurant mussten lange und gründlich suchen, bis sie eine Limo fanden, auf der die Bezeichnung »Diät« fehlt.
    »Sie hat ihren Freundinnen von den Anonymen gesagt, dass sie Angst hatte«, sagt Letty. »Angst, dass Nicky sie umbringen könnte. Sie rieten ihr, die Polizei zu rufen. Flehten sie an, bei ihnen zu bleiben. Aber sie sagte, das wäre keine Lösung.«
    »Also fuhr sie nach Hause, und vor lauter Angst hat sie zur Flasche gegriffen«, sagt Jack.
    »Nachdem Nicky ausgezogen war, hatte sie keinen Alkohol mehr im Haus.«
    »Dann hat sie eben eine Flasche Wodka gekauft –«
    »Ich habe in jedem Getränkeladen gefragt, der auf ihrem Weg lag«, sagt Letty. »Mit allen geredet, die in der Nacht gearbeitet haben. Niemand erinnert sich an sie.«
    »Gute Arbeit.«
    »Ich habe eben ein Anliegen.«
    »Das kannst du vergessen.«
    »Was kann ich vergessen?«
    Doch sie weiß genau, worauf er anspielt.
    »Dass du das Sorgerecht für die Kinder bekommst.«
    »Wenn ich es schaffe, dass er wegen Mordes verurteilt wird ...«
    Jack schüttelt den Kopf. »Davon bist du weit entfernt. Sagen wir, es war Brandstiftung. Aber woran ist Pam gestorben? Ng plädiert auf Alkohol- und Tablettenvergiftung. Machst du den nächsten Schritt und sagst, es war Mord, hast du nichts gegen Nicky in der Hand. Schaffst du – ich weiß nicht, wie – auch diese Hürde, und Nicky wird wegen Mordes an Pam verurteilt, ist da immer noch Mütterchen Russland, der das Sorgerecht zusteht. An der führt kein Weg

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