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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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geladenes Methylsilikon, und das macht der Liebe ein Ende. Die Moleküle trennen sich. Das gleiche bei der Struktur. Zwei verschieden geformte Moleküle mit derselben Volatilität können in glücklicher Umarmung durch die erste Trennsäule wandern, aber in der zweiten werden sie ganz verschieden auf das gedopte Methylsilikon reagieren, und sie trennen sich.
    Auf diese Weise addiert sich die Leistung der ersten Trennsäule nicht mit der Leistung der zweiten, sondern sie multipliziert sich. Wenn die erste Trennsäule hundert Peaks erzeugt und die zweite dreißig, dann ergeben sich daraus nicht hundertdreißig Peaks, sondern dreitausend.«)
    Das Resultat verhält sich wie eine einfache Kurve zu einer komplexen Grafik. Wie ein Malbuch zu einem Matisse. Oder, wie Dinesh gern sagt, wie die Bierfass-Polka zu einem Solo von Charlie Parker. GC  x  GC liefert ein hübsches farbiges Profil, und wenn man die Probe mehrmals durchlaufen lässt, bleibt sich das Profil immer gleich.
    Das ist wie ein Fingerabdruck in 3- D und Technicolor.
    Nur besser.
    Einen solchen Fingerabdruck sieht Dinesh, als er die erste Probe durch beide Trennsäulen befördert hat. Ein Puzzle aus zweitausend Einzelteilen, die sich alle zu einem Wort fügen.
    Petroleum.
    Sechs Stunden später haben Dinesh und seine Assistenten sämtliche Proben geprüft.
    Das Ergebnis ist eindeutig.
    Dinesh ruft Jack an und gibt es durch.

50
    Die schönste Aussicht der gesamten südkalifornischen Küste bietet vielleicht die Terrassenbar des Las Brisas. Man blickt hinab auf die weißgekalkten Häuser und roten Ziegeldächer von Laguna und fühlt sich wie am Mittelmeer. Besonders bei Sonnenuntergang, wenn der blaue Himmel lavendelfarben wird und die rote Sommersonne im Ozean versinkt.
    »Danke fürs Kommen«, sagt Nicky und prostet Jack mit seinem Wodka Collins zu.
    »Danke für den Drink«, sagt Jack und hebt die Bierflasche.
    »Ich wollte mich eigentlich nur bedanken, dass Sie neulich eingegriffen haben – bei dem hässlichen Vorfall in der Kirche.«
    »Nein«, sagt Jack. »Sie wollen wissen, was ich von Letitia del Rio gehört habe.«
    Nicky lächelt. »Das auch.«
    »Sie hat mir beunruhigende Dinge erzählt.«
    »Das dachte ich mir«, sagt Nicky. »Ich bin sicher, sie hat sich wieder wilde Storys ausgedacht. Und manchmal denke ich fast, sie glaubt selbst an diesen Unsinn. Letty ist leider krank.«
    »Wirklich?«
    »Sie kamen beide aus einer kaputten Familie, oder?«
    »Letty sagt, dass Pam in der Entzugsklinik war.«
    Nicky lacht. »Allerdings. Die Rechnungen sollten Sie mal sehen!«
    »Und?«
    »Vierzehn Tage hat der Entzug vorgehalten«, sagt Nicky. »Ein lausiges Geschäft, wenn Sie so wollen.«
    Sie sitzen und trinken, verfolgen das spektakuläre südkalifornische Farbenspiel des Sonnenuntergangs, mit einem Himmel, der sich von Lavendel in Purpur verwandelt und dann in ein flammendes Rot.
    »So stelle ich mir das Paradies vor«, seufzt Nicky. »Sie müssen wissen, Jack, dass Letty nach mir der nächste testamentarische Nutznießer der Lebensversicherung ist – was das Sorgerecht für die Kinder betrifft. Es liegt also in ihrem Interesse, sich Geschichten auszudenken, oder?«
    »Wollen Sie wissen, was ich denke?«, fragt Jack und nimmt einen tiefen Schluck aus der Bierflasche.
    »Da halt ich mich lieber raus.«
    Locker, entspannt, supercool.
    »Ich denke«, sagt Jack, »dass Sie Ihre Frau ermordet und dann Ihr Haus angezündet haben. Genau das denke ich.«
    Er grinst Nicky an, und Nicky wird bleich.
    Starrt ihn sprachlos an, dann setzt er ein herablassendes Lächeln auf und sieht ihm direkt in die Augen.
    »Beweisen Sie’s«, sagt er.
    »Das werde ich«, erwidert Jack.
    Der Himmel, die Sonne und der Ozean hinter Nicky stehen in Flammen.
    Ein wunderschönes Inferno, denkt Jack.
    Die Hölle von ihrer prächtigsten Seite.

51
    Dies ist die wahre Geschichte von Nicky Vale.
    Dasjatnik Valeshin ist in Leningrad aufgewachsen, sein Vater war ein kleiner Apparatschik, seine Mutter Lehrerin am staatlichen Gymnasium. Das Leben hatte ihr übel mitgespielt – beide Eltern waren Professoren, sie hatte einen glänzenden Uni-Abschluss hingelegt und wäre mit Sicherheit ebenfalls Professorin geworden, hätte es nicht diesen einen nächtlichen Ausrutscher gegeben. So musste sie stattdessen ein Kind großziehen – allein, denn der Vater ließ sich scheiden, als Dasjatnik noch ein Baby war.
    Die Mutter aber blieb ihm.
    In ihrer ganzen, erdrückenden Präsenz.
    Er sollte etwas

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