Die Sprache des Feuers - Roman
ihr Geld.
Das Nicky nicht hat.
Er hat alles auf Gewinn gesetzt, und der Gewinn bleibt aus.
Wohnkomplexe, Mietshäuser, Bauland.
Alles wie tot.
Und das andere Geschäft? Nun, jedes Geschäft braucht Pflege, und Nicky hat es sträflich vernachlässigt. Die Brigaden machen, was sie wollen, liefern Prozente bei Nicky ab und behalten täglich mehr davon für sich. Schaller, Rubinsky und Tratchev konspirieren miteinander, um genau das zu tun, wozu er sie vor der Rezession ermutigt hat: Aus der Organisation auszusteigen und sich selbständig zu machen.
Und sie fangen an zu murren: Nicky steckt nicht genug ins Geschäft, Nicky ist schlampig, auf Nicky ist kein Verlass mehr.
Nicky ist Amerikaner geworden.
Lev und Dani warnen ihn. Dani drängt ihn, die Zügel zu straffen, bevor es zu spät ist. Seinem Sicherheitstrupp Arbeit zu geben, damit er gefürchtet wird, damit die Waffen nicht stumpf werden. Aber Nicky winkt ab.
Der Markt wird sich drehen, die Wirtschaft wird sich erholen. Glaubt er zumindest. So sehr, dass sie recht haben mit ihrem Vorwurf: Nicky ist schlaff geworden. Hat keine Lust mehr, die Kettensäge sprechen zu lassen
Und wirft dem schlechten Geld gutes Geld hinterher.
Kratzt alles zusammen, um Kredite zu bedienen, aber kriegt nie genug rein. Und der Markt sackt von Monat zu Monat tiefer in den Keller.
Seine Eigenheime, seine Mietshäuser stehen leer. Dazu kommen noch zwei Wohnprojekte, die er nicht fertigstellen kann, weil das Geld fehlt.
Um bei Laune zu bleiben, schnupft er Koks. Kauft Antikmöbel, die er nicht verkaufen und auch nicht behalten kann, aber er braucht das, um bei Laune zu bleiben, um Flagge zu zeigen. Er zahlt für Frauen, die ihn sechs Monate vorher umsonst bedient hätten. Er schenkt ihnen Koks, schenkt ihnen Antiquitäten, sie verschaffen ihm Erektionen und Machtgefühle – und sei es nur für ein paar Minuten.
Währenddessen trinkt seine Frau wie ein Fisch, schluckt Pillen und sorgt auf den Partys für peinliche Szenen. (»Wer von euch hat schon mit meinem Mann geschlafen? Ich bitte ums Handzeichen!«) Es kommt zu Handgreiflichkeiten, er stößt sie herum. Die Kinder starren ihn an, als wäre er ein Monster. Selbst sie, die Kinder, schlägt er ab und zu. (»Wagt es ja nicht, den Mund aufzumachen!«) Immer öfter kommt er abends nicht nach Hause.
Nichts davon entgeht der Aufmerksamkeit von Tratchev, Rubinsky und Schaller.
Wenn man nachts die Ohren spitzt, hört man die Wölfe schleichen.
Pam geht in den Entzug, kommt nüchtern zurück – und scharf wie eine Streitaxt.
Als Nicky ihr wieder zu nahe kommt, geht sie zur Polizei und erwirkt ein vorläufiges Kontaktverbot.
Und er kriegt Ärger mit der Justiz.
Ich habe in diesem Land Millionen Dollar ergaunert, denkt er. Ich habe geraubt, getötet und gestohlen, ohne dass ich Ärger mit der Justiz bekommen habe. Und wer hat mir das eingebrockt?
Meine eigene Frau.
Aber nicht mehr lange.
Denn Pam reicht die Scheidung ein.
»Ich habe dir gesagt, ich bringe dich um, wenn du das machst«, sagt Nicky. »Und es war mein voller Ernst.«
»Ist mir egal«, sagt Pam. »So kann ich nicht weiterleben.«
»Wenn du gehst, dann so, wie du gekommen bist. Mit nichts als ein paar Lumpen auf dem Leib.«
»Da irrst du dich«, sagt Pam. »Ich bekomme die Kinder und das Haus und die Hälfte von allem. Sogar von deinen wertvollen Möbeln.«
Könnte passieren, denkt Nicky. In diesem gottverfluchten Land, wo Männer keine Rechte haben. Sie geben dieser versoffenen Kuh meine Kinder, mein Haus, und sie durchleuchten meine Finanzen, was nicht nur teuer, sondern auch gefährlich wird.
Es bringt den ganzen Plan in Gefahr.
Einen Plan von so schlichter Eleganz, so ausgewogenen Proportionen, so vollendeter Symmetrie, wie nur ein Genie ihn ersinnen kann.
Das Verbrechen als Kunstform.
Der Plan, den Aufstieg vom russischen Banditen zum amerikanischen Millionär in einer Generation zu schaffen.
Und Pamela könnte den Plan gefährden.
Könnte seinen Traum zerstören und seine Existenz gleich mit.
Eines Nachts, bei einem besonders üblen Streit, zischt sie ihn an: »Mein Sohn wird kein Verbrecher!«
Nein, denkt Nicky, das wird er nicht.
In seiner Verzweiflung geht er zu Mutter.
Betritt mitten in der Nacht ihr Zimmer, setzt sich an ihr Bett und sagt: »Mutter, es könnte passieren, dass ich alles verliere – dass wir alles verlieren.«
»Dasjatnik, du musst handeln.«
»Was soll ich denn tun?«
»Das weißt du sehr gut, Dasjatnik«, sagt sie und
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