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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Anteil. Ihr werdet eure Aktivitäten verstärken, der Tag endet nicht mit den Abendnachrichten. Und wenn du nicht spurst, Viktor Tratchev, werde ich dirpersönlich den Kopf absägen und dir ins offene Maul pissen. Danke für den Tee.«
    Sie lassen Tratchev stehen, und Tratchev dreht fast durch.
    »Den bringe ich um«, sagt er.
    »Dani?«, fragt Bär.
    »Den auch«, sagt Tratchev.
    Und macht sich ans Telefonieren.

75
    Goddamn Billy ist nicht allein. Am Bürofenster steht Tom Casey.
    »Um es auf den Punkt zu bringen, Jack«, sagt Casey, »Sie wollen die Zahlung verweigern, weil der Pudel mal pinkeln musste.«
    »Der Yorkshire Terrier«, sagt Jack. »Weil der Yorkshire Terrier mal pinkeln musste.«
    Casey löst sich vom Fenster und grinst bedrohlich. »Wollen Sie mich verarschen, Jack?«
    »Nie würde ich Sie verarschen, Tom.«
    Das kann man ohne Weiteres glauben, denn Jack Wade und Tom Casey sind gute Freunde. Außerdem gilt Tom Casey als der fieseste Kalifornier aller Zeiten.
    Das ist nicht nur Jacks Meinung, sondern ein offizieller Titel, der ihm bei einer Konferenz der kalifornischen Anwaltskammer verliehen wurde. Dazu kam es nach seinem inzwischen berüchtigten Vortrag über die hohe Kunst des Kreuzverhörs.
    Caseys Vortrag war ein Scherz. Und der ging etwa so:
    »Ein Anwalt kommt wegen Veruntreuung ins Gefängnis«, erzählt Casey den Zuhörern. »Als die Zellentür hinter ihm zuknallt, sagt sein Zellenkumpel, ein Riesenkerl und hundsgemein, ›hier im Knast spielen wir immer Mann und Frau. Was willst du lieber sein? Mann oder Frau?‹
    Der Anwalt ist natürlich geschockt und will nichts von beidem sein, aber in Anbetracht der Alternativen sagt er: ›Ich will lieber der Mann sein‹.
    ›Okay‹, sagt sein Zellenkumpel, ›dann komm her und lutsch deiner Frau einen ab.‹«
    Die Zuhörer halten entsetzt die Luft an, dann lachen sie los, und Casey erklärt ihnen: »Dieser Witz sagt Ihnen alles, was Sie über das Kreuzverhör wissen müssen. Fazit: Wenn es zur entscheidenden Frage kommt, sollte es keine Rolle mehr spielen, ob die Antwort ja oder nein ist.«
    Damit hat sich Casey seinen Ehrentitel gewissermaßen verdient.
    »Verdammt noch mal, Jack«, sagt Goddamn Billy, der gereizt ist, weil Casey im klimatisierten Büro bleiben wollte, in dem Rauchen verboten ist.
    »Scheißegal, welche Hunderasse«, sagt Casey.
    Jack studiert Caseys gediegene Garderobe. Heute trägt er einen perlgrauen Zweireiher von Halbert & Halbert mit weißem Hemd und roter Seidenkrawatte. Casey ist berühmt für seine Garderobe, besonders seine Krawatten. Im Büro witzelt man, dass in seinem begehbaren Kleiderschrank der Bus hält und in der Hemdenabteilung Pause macht, bevor er zur Krawattenabteilung weiterfährt.
    Casey macht eine typische Anwaltsgeste und stellt Jack eine typische (rhetorische) Anwaltsfrage: »Könnte es sein, dass mir da etwas entgangen ist?«
    »Ihnen ist eine ganze Menge entgangen«, erwidert Jack.
    »Dann klären Sie mich auf«, sagt Casey, setzt sich hin, kreuzt die Beine und macht ein Unschuldsgesicht. »Bitte schön, legen Sie los.«
    Ja, halten Sie Ihr Plädoyer.
    Überzeugen Sie mich, überzeugen Sie die Geschworenen.
    Überzeugen Sie mich nicht, werde ich Goddamn Billy empfehlen, die Entschädigung auszuzahlen.
    Jack kennt das Spiel, er holt seine Tabelle raus und legt sie auf Billys Schreibtisch.
    »Bentleys Theorie der Alkohol- und Schlafmittelvergiftungstützt sich darauf, dass sie im Bett getrunken und geraucht hat«, sagt Jack. »Ich habe acht Zeugen, die beschwören können, dass sie bis mindestens zehn Uhr abends nüchtern war.«
    »Da bleibt ihr noch die halbe Nacht –«
    »Sie hatte keinen Alkohol im Haus.«
    »Sie konnte welchen kaufen –«
    »In Dana Point gab es nirgends welchen.«
    »Weiter«, sagt Casey.
    »Dieselben Zeugen können beschwören, dass Pam an dem Abend Angst hatte. Sie hat den Zeugen gesagt, dass Nicky sie umbringen wolle.«
    »Hörensagen.«
    »Man kann es vorbringen.«
    »Vielleicht.« Casey lächelt.
    »Sie würden es vorbringen.«
    »Selbst wenn«, sagt Casey. »Was bringt’s? Pamela Vale hatte Angst und war allein. Leider wurde sie rückfällig und suchte Trost bei ihrem alten Freund, der Flasche. Sie trank sich ins Koma, ließ die Zigarette fallen und starb an CO-Vergiftung oder Alkoholvergiftung, bevor das Feuer ausbrach. Ein tragischer Unfall.«
    »Aber bevor sie sich ins Koma trank«, sagt Jack, »verschüttete sie Petroleum von der Garderobe quer durchs Zimmer bis zum

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