Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)
Schloss fällt, und schleppt sie kurzerhand in seine Höhle, um dort ein weiteres Mal an der Wiederfreilegung und Befriedigung bereits verloren geglaubter Primärtriebe zu arbeiten. Mit Erfolg, wie es scheint, denn als Carsten eine halbe Stunde später aus seinem libidinösen Koma erwacht, sieht er als erstes Mandys zufrieden grinsendes Gesicht. Scheinbar ist es hoch hergegangen. Die grauen Haare hängen ihm in wirren Büscheln in die Stirn, sein T-Shirt ist bis über die immer noch recht ansehnliche Brustmuskulatur hochgerutscht, unterhalb des Bauchnabels trägt er lediglich ehemals weiße Tennissocken. Mandys Bekleidungsdichte hat ebenfalls stark abgenommen, bei ihr sieht es nur besser aus.
«Mensch, Carsten, und das in deinem Alter. Hut ab.»
«Na – du – warst – aber – auch – nicht – von – schlechten – Eltern.» Carstens Puls- und Atemfrequenz ist noch deutlich erhöht, sodass er die Worte stoßweise heraus keuchen muss.
«Hast du irgendwas genommen? Komm, sei ehrlich.» Mandy zwinkert ihm zu.
«Nichts – gar – nichts – … – nicht – die – Spur.»
«Kleine blaue Zauberbohne? Mir kannst du es ruhig verraten.»
«Keine – pharmazeutischen – Reizauslöser – und – -verstärker – nötig – momentan.»
Mandys Grinsen wird breiter. Sie liegt mit dem Großteil ihres Rückens auf Carstens Couch. Ihr Rock ist durch den verkehrsbedingten Spagat hoch gerutscht, die weiße Bluse steht offen, ihre Wangen sind leicht gerötet, der Lippenstift verschmiert. Wie Carsten ist sie von der Körpermitte abwärts nackt. Carsten beugt sich hinunter und drückt dem zentralen Objekt seiner jüngsten Begierde einen längeren Kuss auf. Mandys Atem beschleunigt sich sofort.
«Carsten! Jetzt ist aber gut!»
Nur widerwillig richtet Carsten sich auf. Mandy ist zweifelsfrei eine echte Granate und für ihre Mitte sechzig ein wahres Prachtstück. Die Figur hat seit der späten Pubertät nur wenig von ihrer ursprünglichen Linienführung verloren, die Haut ist den Umständen entsprechend glatt und am ganzen Körper leicht gebräunt. Ein biologisch-klimatisches Wunder, denn nächste Woche wird der Weihnachtsmarkt eröffnet. Die feinen Linien, die sich um Mund und Augen eingegraben haben, zeugen von Humor, geben dem Gesicht allerdings auch etwas Ätherisches. Der Mund ist immer noch breit und voll.
«Wo ist Helmut eigentlich?»
«Ich habe ihn rausgeschmissen.»
«Du hast Helmut rausgeschmissen? Wie hast du das denn geschafft?»
«Habe ihn mit einer Dönertasche in den Geräteschuppen gelockt.»
«Das hat ihm bestimmt nicht gefallen.»
«Am Anfang schon. Am Anfang war der Döner.»
«Das hat keine fünf Minuten gedauert. Willst du ihn nicht wieder rauslassen?»
«Eigentlich nicht. Ich bin froh, dass ich ihn da reingekriegt habe. Weißt du, die Saison ist zu Ende. Vor Anfang März brauche ich nichts aus dem Schuppen. Vorher muss ich mir also keine Sorgen machen.»
Mandy hat ihren Slip, erstes Opfer der jüngsten Geschlechterkonfrontation, unter der Couch hervorgeangelt und angezogen. Jetzt verpackt sie die deutlich hervorstehenden Teile ihres Oberkörpers in einem farblich zum Slip passenden trägerlosen BH aus feinem blauweißen Leinen mit Karomuster, rückt alles zurecht und knöpft die Bluse wieder zu. Die Strumpfhose verschwindet in einem Täschchen.
«Jetzt könnte ich eine kleine Stärkung vertragen», ruft sie auf dem Weg zum Bad über die Schulter. «Ich finde, die haben wir uns mehr als redlich verdient.»
xvi Bürokratische Engpässe
Erkan Ederim betritt sein Büro und lässt sich schwer in den carbonfaserverstärkten Lederchefsessel fallen. Ein anderes, minderwertigeres Arbeitsgerät wäre den Belastungen kaum gewachsen gewesen und in diesen Tagen schon mal gar nicht. Heike Willmann, die Verwaltungskampfsportsekretärin folgt ihm auf dem Fuß und nimmt gepflegt auf dem Besucherstuhl vor dem aktenüberladenen Schreibtisch Platz. Ihr Oberkörper ist auf eine äußerst ansprechende Art ausladend und legt die Vermutung auf Körbchengröße D oder mehr nahe. Erkan Ederim hat bereits zahllose Offensiven gestartet, um mit seiner Mitarbeiterin in einen mehr als beruflichen Kontakt zu kommen, ist jedoch bisher grandios gescheitert. Immerhin hat sie ihn nicht angezeigt.
«Herr Ederim, ich wollte mit Ihnen noch kurz über meinen Urlaub …»
«Urlaub?», fällt Ederim ihr ins Wort, «ich hör wohl nicht richtig. Sag mal, Heike, hast du jetzt völlig den Verstand verloren? Weißt du nicht, was
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